Ploetzlich Vater
in die Küche, wo er Papier und Stifte gesehen hatte, als er das letzte Mal hier gewesen war. Während Sandy und Jill sich draußen um Ryan kümmerten, öffnete er ein paar Schubladen, bis er das Papier fand. Dort lag auch ein Bild von Jill. Sie trug ein langes Abendkleid und sah fantastisch aus. Ihr Haar war hochgesteckt, und an ihren Ohrläppchen und ihrem Hals funkelten Juwelen. Der Typ neben ihr sah wie ein Wiesel aus, groß und spindeldürr, mit zurückgegelten Haaren und Segelohren.
Lexi tauchte wie aus dem Nichts neben ihm auf. „Das ist Tommy. Er ist ein böser Terl, denn er bringt Jill tanz arg zum Weinen.“
„Kerl“, wiederholte Derrick und sprach das K besonders sorgfältig aus, während er sich herunterbeugte, bis er auf Augenhöhe mit dem Kind war. „Hör mal genau hin, wenn ich ein Wort sage, das mit K anfängt.“
Lexi versuchte, so zu sprechen, wie Derrick es ihr gezeigt hatte. „Terl. Terl. Terl.“ Sie lächelte.
„Na, das müssen wir noch ein bisschen üben.“ Lexi war für eine Vierjährige ganz schön scharfsinnig. Er wedelte mit dem Bild und sagte: „Jill muss ihn ganz schön mögen, wenn sie ein Foto von ihm hat.“
Lexi schüttelte den Kopf.
Wenn irgendjemand wusste, was hier vor sich ging, dann war es Lexi, da war er sich sicher. Dass sie den Kopf schüttelte, hieß, dass Jill über den guten alten Tommy hinweg war. Er konnte es nicht erklären, aber er freute sich über diese Tatsache.
„Sie mag ihn nicht“, erklärte Lexi. „Sie liebt ihn!“
Derrick ließ das Foto wieder in die Schublade fallen und suchte weiter nach einem Stift. „Das ist schade“, sagte er und meinte es auch so. „Jill verdient jemand viel Besseren als dieses Wiesel.“
„Machst du, dass Jill weinen muss?“, fragte Lexi.
„Nie.“
Lexis Augen wurden groß. „Vielleicht willst du Jill lieben, dann tann sie Tommy vergessen.“
Er schaute sie einen Moment lang ernst an, bevor er auflachte. Er wuschelte ihr durch die Haare. „Du bist lustig, ein richtiger kleiner Racker.“
Fünfundvierzig Minuten später fand Derrick Lexi überhaupt nicht mehr lustig. Wenn er noch einmal „Old MacDonald hat ’ne Farm“ anhören musste, würde an der nächsten Ausfahrt rausfahren und ihr und ihrer Mutter ein Taxi rufen. Er hatte gehofft, sich auf dem Weg zum Ponyhof seiner Eltern mit Jill und Sandy unterhalten zu können. Er wollte Jills Freundin ein bisschen besser kennenlernen, ehe sie den Tag bei seiner Familie verbrachten. Er konnte nur hoffen, dass sich seine Brüder von ihrer besten Seite zeigten, auch wenn die Chancen da vermutlich schlecht standen. Wenn man vom Teufel spricht, dachte er, als die Musik sich ausschaltete und sein an die Mittelkonsole angeschlossenes Handy klingelte. Er drückte auf den Annehmen-Knopf an seiner Freisprechanlage, und wie von Geisterhand ersetzte die Stimme seiner Mutter das „ mit ’nem Muh-Muh hier und ’nem Muh-Muh da. “ Er war noch nie so erleichtert gewesen, ihre Stimme zu hören – zumindest bis sie ihren ersten Satz beendet hatte.
„Hallo Sohnemann. Ich wollte dir nur sagen, dass wir im Laden waren und diese gute, antibakterielle Seife gekauft haben. Ich hab dafür gesorgt, dass sie sich alle ordentlich waschen. Deine Schwestern haben uns sogar eine Maniküre verpasst, und es riecht nirgends mehr nach Pferdemist. Glaubst du, Jill erlaubt uns, den Kleinen auf den Arm zu nehmen, wenn du ihr sagst, dass wir alle blitzblank geschrubbt sind?“
Er schaute zu Jill hinüber und sah, wie ihre Wangen sich röteten. „Das muss ich ihr nicht sagen, Mom. Ich habe den Lautsprecher an.“
„Oh, hallo Jill.“
„Hallo, Mrs Baylor.“
„Bitte sag Helen zu mir. Ich hoffe, ich bin dir nicht zu nahe getreten. Ich wollte nur …“
„Mom“, unterbrach Derrick sie. „Wir sind in fünf Minuten da.“ Er legte auf, genau rechtzeitig, um ein Schaf hier und da und überall mähen zu hören. Er wollte gerade mitsingen, als Jill sich herüberbeugte und den CD-Player ausschaltete. Im Rückspiegel sah er, wie Sandy die Arme verschränkte und vorsichtshalber auch noch die Augenbrauen hochzog.
Jill schnaubte wütend. „Du hast deiner Mutter gesagt, deine Familie dürfte Ryan nicht halten, weil ihre Hände nicht sauber genug sind?“
„Na ja, genau so habe ich es nicht ausgedrückt. Aber vergiss nicht, sie leben und arbeiten auf einem Ponyhof.“
„Ponys!“, schrie Lexi laut genug, dass es ihm in den Ohren gellte.
Jill stieß einen langen Seufzer aus.
„Ich habe
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