erfolgreich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Irgendwann hatte sie entnervt aufgegeben und etwas von: "Dann versauere in deinem Bett" gemurmelt.
Ich war daraufhin tatsächlich fast die letzten beiden Tage im Bett geblieben, hatte mir diverse DVDs angesehen und gelesen. Aufgestanden war ich nur, um ins Bad zu gehen, oder um die Krümel von meinem Laken zu entfernen, die sich während meiner Fressattacken angesammelt hatten.
Im Großen und Ganzen war es ein ruhiges und sehr entspanntes Wochenende gewesen. Und was viel wichtiger war: Es hatte mir richtig gut getan!
Als ich mit meiner Tasse Kaffee zurück in unser Büro kam, war Anabel mittlerweile eingetroffen. Ich konnte gerade noch ein enttäuschtes Aufstöhnen unterdrücken, als ich sie in ihrem lachsfarbenen Business-Kostüm hinter ihrem Schreibtisch sitzen sah.
»Sieh an, sieh an. Es geschehen anscheinend noch Zeichen und Wunder. Ich sollte mir diesen Tag im Kalender rot markieren. Wie lange ist es her, dass du pünktlich zur Arbeit erschienen bist?«, höhnte sie.
»Leck mich doch«, murmelte ich leise.
»Was hast du gesagt?«
»Ich sagte, ich weiß es nicht mehr«, log ich und schenkte meine ganze Aufmerksamkeit dem Startbildschirm von Windows.
Ich öffnete mein E-Mail-Programm und wartete geduldig, bis dieses alle Nachrichten vom Server geladen hatte. Während ich von meinem Kaffee trank, überflog ich die eingegangenen Mails. Unzählige Anfragen von Niederlassungen, Anmeldungen für Seminare oder Teilnahmebestätigungen waren eingegangen. Ich würde mit Sicherheit den ganzen Vormittag benötigen, um alle ausführlich zu beantworten.
Plötzlich fiel mein Blick auf eine E-Mail. Der Absender lautete:
[email protected]. Mein Gehirn war noch bei normaler Drehzahl angelangt und so benötigte ich ein paar Sekunden, bis ich endlich begriff, dass es sich um die Adresse handelte, der ich meine peinliche Scherzbewerbung geschickt hatte.
Ich war so geschockt, dass ich mich an meinem Kaffee verschluckte, der mir raketenartig aus der Nase schoss. Anabel sah auf und schüttelte missbilligend den Kopf. Meine Güte, die Woche fing ja super an. Ich kramte ein Taschentuch aus meiner Hose und wischte mir unbeholfen die Kaffeeflecke von der Bluse. Dabei huschte mein Blick immer wieder hektisch auf die Betreffzeile der E-Mail.
"Ihre Bewerbung für unser Austauschprogramm" stand da. Unentschlossen bewegte ich die Maus langsam auf die E-Mail zu, um sie zu öffnen, zog sie jedoch im letzten Moment wieder weg.
Ich rieb mir verzweifelt über die Stirn und mir wurde heiß. Bestimmt war mein Schreiben bei jemandem gelandet, der keinen Spaß verstand und der mir genau das in dieser Antwort mitteilte. Vielleicht hatte sich diese Person auch schon an unseren Geschäftsleiter gewandt und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis ich die Kündigung auf dem Schreibtisch liegen hatte.
»Himmel ist das heiß«, stöhnte ich und wedelte mir mit der Hand Luft zu.
»Ich finde es angenehm«, gab Anabel ihren Senf dazu und widmete sich wieder ihren Unterlagen.
»Du kommst ja auch geradewegs aus der Hölle«, grummelte ich ganz leise vor mich hin und starrte dabei so gebannt auf den Bildschirm, als könnte ich die E-Mail mittels Willenskraft dazu bringen, zu verschwinden.
Vielleicht wäre es besser, sie gar nicht zu lesen und gleich zu löschen? Doch da war noch meine angeborene, weibliche Neugierde, die laut schreiend forderte, die Nachricht sofort zu öffnen. Mindestens fünf Minuten rutschte ich unbehaglich auf meinen Stuhl herum und überlegte, ob ich sie lesen oder löschen sollte. Schließlich atmete ich tief durch und machte den entscheidenden Doppelklick.
Sehr geehrte Ms. Bakerville,
ich freue mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie für unser Austauschprogramm ausgewählt wurden. Auch konnten wir Ihrem Wunsch entsprechen und Sie für unsere Niederlassung in London einteilen.
Ihre sechsmonatige Tätigkeit in unserer Londoner Filiale beginnt am 01.Juni. In den nächsten Tagen übersenden wir Ihnen alle nötigen Unterlagen. Zudem werden wir uns telefonisch mit Ihnen in Verbindung setzen, um die Einzelheiten abzuklären.
Mit freundlichen Grüßen
Emma Beastley
BCRES Inc. Human Resources Department
Wie bitte? Mit weit aufstehendem Mund saß ich an meinem Bildschirm und las die Nachricht noch drei weitere Male. Das konnte doch nicht ernst gemeint sein, oder? Vielleicht hatte diese Emma Beastley ja doch mehr Humor, als ich dachte?