Ploetzlich verliebt
wie Henri jeweils geguckt hatte. Mein Plan war, hinterher jeden noch so unwichtigen Gesichtsausdruck gemeinsam mit ihr zu analysieren.
Aber daraus wurde leider nichts.
»Ehh jee?«, sagte Luna stattdessen mit vollem Mund und hervorquellenden Augen.
»Schluck erst mal runter«, antwortete ich.
»Echt jetzt?«, wiederholte sie, nachdem sie folgsam geschluckt hatte. »Soll das ein Witz sein?«
»Siehst du mich lachen?«
Daraufhin fand sie gleich drei Gründe, auf mich sauer zu sein. Sie warf mir vor,
1. unsere Freundschaft auszunutzen,
2. ohne Skrupel gelogen zu haben,
3. einfach über ihre Karriere zu bestimmen.
Ich sah sie zerknirscht an. »Ja, ich weiÃ. Das tut mir alles auch sehr leid, aber ⦠bitte! Bittebittebitte!« Ich umklammerte ihre Hand.
»Du weiÃt genau, dass ich nicht in Henris Band singen will « , rief Luna entrüstet und stellte den leeren Teller neben sich auf den Boden. »Oder mit irgendeiner anderen Band, was das betrifft! Ich und meine Stimme und meine Songs, das ist alles!«
»Das musst du ja auch gar nicht für immer und alle Zeiten. Henri soll einfach erkennen, dass ich viel reifer bin als dreizehn und mich wieder so angucken wie beim ersten Mal im Buchladen und ⦠auÃerdem hast du das doch eh gesehen, dass du in Henris Band singen wirst, das steht also sowieso schon fest â ich habe es nur ein bisschen beschleunigt!« Ich deutete auf unser Freundschaftsbändchen mit dem Türkis. »Vergiss nicht, Freundinnen für immer und ewig, Fast-Blutsschwestern. Du willst doch auch, dass ich glücklich bin, oder?« Dann fielen mir unwillkürlich ein paar Worte aus Elsa LeMarrs Brief ein. »Wir sollen unsere Kräfte durch alle Zeiten und Räume hindurch bündeln! Und jetzt brauche ich mal deine Kraft â die von deiner Stimme. Bitte, Luna«, flehte ich ein letztes Mal.
»Und da wären wir gleich beim vierten Grund, warum ich auf dich sauer bin«, sagte Luna.
»Echt, noch einer?«, fragte ich geknickt.
»Emotionale Erpressung.«
»Ich weià und ich kann nur immer wieder sagen, dass es mir leidtut. Luna«, säuselte ich. »Cousinchen! Verzeih mir!«
»Hör auf mit dem Theater, du bist so leicht zu durchschauen wie âne Fensterscheibe«, schimpfte Luna, aber von ihrem Gesicht konnte ich ablesen, dass ich sie auf meiner Seite hatte. »Schon mal daran gedacht, dass das in der Zukunft nur wahr wird, weil du es mal eben so eingefädelt hast?!« Sie wand sich noch eine Weile, aber dann versprach sie mir, einem eventuellen Probesingen zuzustimmen. »Und dass eines klar ist: Das tue ich nur, weil ich deiner Zukunft mit Henri nicht im Weg stehen will. Und nicht etwa, weil ich mich wirklich für den Job interessiere. Alles klar?«
Bevor ich noch etwas erwidern konnte, kletterte sie die Strickleiter hinunter und lieà mich allein mit meinen Gedanken. Ich schob mir einen Kaugummi in den Mund, legte mich auf die Matratze und zog die Wolldecke über mich. Es war ganz schön kühl geworden. Durch das Fenster in der Decke blickte ich in den wolkenverhangenen Himmel. Es tat gut, ein paar Minuten allein hier zu liegen, Zimtkaugummi zu kauen und in aller Ruhe noch einmal und noch einmal darüber nachzudenken, was heute alles passiert war.
SUSES TOP SECRET BLOG
Klicks (0)
Kommentare (0)
Follower (0)
Montag, 14 Uhr 37
NEUIGKEITEN:
Elsa LeMarr ist nun vielleicht doch nicht Marlis UrurgroÃmutter. Marli forscht das weiter bei ihrem Vater nach.
HENRI ⤠HAT MEINE HANDYNUMMER.
ZU KLÃRENDE FRAGEN:
Warum hat Elsa LeMarr Marli dann einen der Ringe vererbt?
WIRD HENRI ⤠MICH BALD ANRUFEN?
SPEKULATION:
Es gibt noch irgendein Familienmitglied der LeMarrs, von dem niemand etwas weiÃ.
RUFT HENRI ⤠EVENTUELL ÃBERHAUPT NICHT AN?
Nomophobie.
Die Angst, telefonisch nicht erreichbar zu sein. Wirklich, dafür gibt es extra einen Ausdruck, und das beruhigte mich ein wenig, weil es anderen Menschen genauso ging wie mir und ich nicht etwa verrückt geworden war. Andererseits machte es mich auch nervös: Wenn es einen Namen dafür gab, war das dann etwas von Dauer? Wie eine Krankheit, wegen der man zum Arzt muss? Oder zur Selbsthilfegruppe? Ich schluckte.
Und trotzdem konnte ich nichts anderes tun, als alle vier Sekunden auf mein Handy zu starren, um sicherzustellen, dass der Akku noch voll war und ich Empfang hatte.
Das groÃe Warten
Weitere Kostenlose Bücher