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Ploetzlich verliebt

Ploetzlich verliebt

Titel: Ploetzlich verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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begann.
    Ich wartete beim Duschen. Ich wartete beim Freerunning. Ich wartete, wenn ich mit Luna und Marli diskutierte oder mit Greg stritt, ich wartete und wartete und wartete. Alles andere erschien mir vollkommen unwichtig. Ich wartete selbst beim Blood-Diary -Gucken (wir hatten beschlossen, wieder mit der ersten Staffel zu beginnen) und fand die Serie todlangweilig. Nicht, weil ich sie schon kannte, sondern, weil ich mich urplötzlich fragte, warum in aller Welt ich mir Gedanken über Vampire und Hexen und Werwölfe machen sollte, wo es doch viel Wichtigeres zu tun gab.
    Hoffen, dass Henri endlich anrief, zum Beispiel.
    Und je mehr Tage vergingen, desto schlimmer wurde es. Es kam mir so vor, als würde ich gar nicht mehr schlafen. Meine ganze Haut kribbelte, wenn ich an ihn dachte – und die Haut ist immerhin das größte Organ des Körpers, habe ich erst kürzlich in Bio gelernt.
    Ich stellte mir vor, wie Henri und ich uns wiedersehen würden, wie wir miteinander lachen würden … wie wir … Oh Mann, verliebt sein fegt einem wirklich das Hirn leer. Und das auch noch ausgerechnet mir, wer hätte das gedacht. Kein Wunder, dass Luna immer so an Toms Lippen hing – im übertragenen Sinne und wörtlich! –, ich war ja selbst völlig durch den Wind, obwohl ich bloß ein paar Mal mit Henri gesprochen hatte.
    Die Sache mit Henri fühlte sich so ganz anders an als der ganze Quatsch zuvor mit Heiko und Jannick und Fabian und Mirko und dem Busfahrer und dem Hausmeistersohn. Vollkommen anders.
    In der Schule sah ich ihn höchstens mal aus der Ferne, meistens aber gar nicht. Immer wenn mein Handy klingelte, starb ich einmal kurz. Adieu, schöne Welt, dachte ich jedes Mal, Herzaussetzer, das war’s dann wohl. Von einem langen und erfüllten Leben konnte man nach dreizehn Jahren und noch dazu von Henri ungeküsst, ja nun wirklich nicht sprechen.
    Doch dann, nach kurzem Zögern, begann mein Herz überraschenderweise weiterzuschlagen – allerdings eher dumpf, sobald ich auf dem Display Fritzis oder Glorias oder Leas Namen entdeckte.
    Â»Ich mache mir nur was vor, oder?«, fragte ich Luna eines Nachts, um genau zu sein, Freitagnacht, also exakt vier Tage, nachdem Henri nicht angerufen hatte. Es war schon sehr spät, wir hatten bereits vor Stunden das Licht ausgemacht, doch ich warf mich von einer Seite auf die andere, boxte wütend in mein Kopfkissen und seufzte leise vor mich hin.
    Â»Bist du mal auf den Gedanken gekommen, dass ich gern schlafen würde?«, hörte ich Lunas Stimme aus der tiefschwarzen anderen Ecke des Zimmers.
    Ohne darauf einzugehen, sagte ich: »Er wird nicht anrufen. Niemals. Er ist auch nicht mehr ins Fantasia gekommen. Er findet mich einfach zu jung.«
    Â»Kann sein«, murmelte Luna verschlafen.
    Â»Meinst du?« Ich stöhnte leise.
    Â»Pffft.« Ihr Bettzeug raschelte, wahrscheinlich setzte sie sich auf. »Keine Ahnung, Suse. Du hast mich das jetzt schon mindestens vierhundert Mal gefragt.«
    Â»Wenn er vorgehabt hätte anzurufen, dann hätte er das längst getan. Worauf sollte er warten?«
    Darauf sagte Luna nichts. Aber ich hörte das Tappen von nackten Füßen auf dem Boden, dann das Summen eines Laptops. Eine halbe Sekunde später wurde meine Bettdecke angehoben und das blaue Licht des Laptops leuchtete auf.
    Â»Rutsch mal«, sagte sie. »Wir schauen uns jetzt Stirb langsam an. Wenn es sein muss alle fünf Teile. Garantiert gut gegen Liebeskummer. Und ab sechzehn.« Sie rieb sich die Hände.
    Passte sowieso gut, ich hatte ja auch das Gefühl, langsam zu sterben. Es wurden dann aber nur eineinhalb Teile, denn mitten im zweiten schliefen wir aneinandergeschmiegt ein. Und wachten erst auf, als Tante Anna uns zum späten Frühstück rief.
    Psycho-Haus hin oder her, bei uns darf am Wochenende jeder so lange im Bett bleiben, wie er will. Und das machen wir auch alle. An einem Samstag oder Sonntag rührt sich im Hause LeMarr-Mai-Abendschön vor elf Uhr normalerweise kein Lüftchen.
    Und in der Nacht zuvor, als Bruce Willis irgendwelche Terroristen zur Strecke brachte, hatte ich eine Entscheidung getroffen. Von der Liebe würde ich mir das Leben nicht vermiesen lassen, auf keinen Fall. Entweder das mit Henri und mir haute hin oder eben … was?
    Als Luna gegen halb elf ziemlich schlaftrunken aus meinem Bett kroch und eine Weile ziellos durch unser Zimmer torkelte,

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