Poirot Rechnet ab
gefunden worden waren. Natürlich wäre es, wie immer, besser gewesen, die Wahrheit zu sagen.«
»Und der vierte Punkt?«
»Den bewillige ich Ihnen. Wenn Kelletts Geschichte wahr ist, ist Lowen ohne Zweifel belastet. Das ist ja gerade der Punkt, der die Sache so sehr interessant macht.«
»Dann habe ich also doch einen wichtigen Punkt gefunden?«
»Vielleicht – dafür haben Sie die zwei wichtigsten Punkte völlig übersehen, diejenigen Punkte, die zweifellos die Schlüssel zu der ganzen Sache enthalten.«
»Und welche Punkte sind das, bitte sehr?«
»Erstens: die immer stärker werdende Leidenschaft Mr Davenheims, Juwelen zu kaufen.
Zweitens: seine Reise nach Buenos Aires im letzten Herbst.«
»Poirot, Sie scherzen!«
»Nein, ich bin völlig ernst. O heiliger Himmel, hoffentlich vergisst Japp meinen kleinen Auftrag nicht!«
Aber der Inspektor hatte ihn nicht vergessen, und Poirot erhielt am nächsten Morgen gegen elf Uhr ein Telegramm. Auf seine Bitte hin öffnete ich es und las es vor:
Mann und Frau haben seit letzten Winter getrennte Schlafzi m mer.
»Aha!«, rief Poirot aus. »Und jetzt haben wir Mitte Juni. Alles ist sonnenklar!«
Ich starrte ihn an.
»Sie haben kein Geld auf der Bank von Davenheim Salmon?«
»Nein«, sagte ich verwundert. »Warum?«
»Weil ich Ihnen raten würde, es sofort abzuheben, ehe es zu spät ist.«
»Warum? Was erwarten Sie?«
»Ich erwarte in wenigen Tagen einen großen Skandal – vielleicht auch schon eher. Da fällt mir ein, wir wollen die Liebenswürdigkeit unseres Freundes Japp erwidern. Wir wollen ihm auch einen Gefallen tun. Einen Bleistift, bitte schön, und ein Formular. Voilà!
Rate Ihnen, alles Geld, das bei der infrage kommenden Bank liegt, a b zuheben.
Das wird ihn beschäftigen, den Guten! Seine Augen werden ihm auf-, ja übergehen. Er wird zwar nicht das Geringste begreifen – jedenfalls nicht vor morgen oder übermorgen!«
Ich blieb skeptisch, aber der nächste Tag zwang mich dazu, den bemerkenswerten Fähigkeiten meines Freundes Achtung zu zollen. Keine Zeitung erschien ohne eine Schlagzeile über den Aufsehen erregenden Zusammenbruch der Davenheim-Bank. Das Verschwinden des berühmten Bankiers präsentierte sich auf einmal in ganz anderem Licht.
Ehe wir halbwegs zu Ende gefrühstückt hatten, flog die Tür auf, und Japp stürzte herein. In seiner linken Hand hielt er eine Zeitung, in der rechten schwang er das Telegramm von Poirot und knallte es dann auf den Tisch. »Woher wussten Sie das? Woher, zum Kuckuck, Poirot, konnten Sie das wissen?«
Poirot lächelte ihn freundlich an. »Oh, mon ami, nach Ihrem Telegramm gab es überhaupt keinen Zweifel mehr! Von Anfang an berührte es mich sonderbar, dass der Safe erbrochen worden war. Juwelen, bares Geld, Staatsanleihen – alles so bequem zurechtgelegt –, für wen? Nun, der gute Monsieur Davenheim ist einer von denen, die ›auf Nummer Sicher‹ gehen, wie man so sagt.« Poirot lächelte gewinnend. »Es drängte sich so auf, dass es für ihn selbst so bequem zurechtgelegt worden war! Dann seine Leidenschaft für Juwelenkäufe in den letzten Jahren! Wie einfach! Die Summen, die er ergaunerte, legte er in Juwelen an, auf diese Weise konnte er ein beträchtliches Vermögen beiseite schaffen und unter einem anderen Namen anlegen. Später, wenn Gras über die Sache gewachsen war, gedachte er, die Früchte seiner Gaunereien zu genießen.
Nachdem er sorgfältig alle Vorbereitungen getroffen hatte, ging er die Verabredung mit Mr Lowen ein ›der unvorsichtig genug gewesen war, in der Vergangenheit die Pläne des großen Mannes ein- oder zweimal zu durchkreuzen‹, bohrte ein Loch in den Kassenschrank, hinterließ den Befehl, den Gast in sein Arbeitszimmer zu führen, und ging aus dem Haus! Aber wohin?«
Poirot hielt inne und streckte seine Hand nach dem zweiten gekochten Ei aus. Er runzelte die Stirn. »Es ist doch wirklich unerträglich«, murmelte er, »dass jede Henne ein Ei von verschiedener Größe legt! Wie soll denn da auf dem Frühstückstisch Symmetrie herrschen?«
»Kümmern Sie sich jetzt nicht um die Eier«, sagte Japp ungeduldig. »Von mir aus können sie viereckig sein! Sagen Sie uns lieber, wohin unser Kunde ging, als er das Haus verließ – das heißt, falls Sie es selber wissen!«
»Eh bien, er ging in sein Versteck! Oh, dieser Mister Davenheim, in seinen kleinen grauen Gehirnzellen muss irgendwo eine Missbildung sein, aber sonst sind sie von allerbester
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