Poirots erste Fälle
hatte – es w a ren Rechtsanwälte, und alles war in schönster Ordnung. Ein nettes kleines Haus und ein Einko m men von dreihundert Pfund pro Jahr. Die Rechtsanwälte wussten nicht viel von der Sache. Sie ha t ten gerade einen Brief von einem Herrn in London bekommen mit Instruktionen, mir das Haus zu überg e ben und hundertfünfzig Pfund für die ersten sechs M o nate auszuzahlen. Mr Crotchet schickte mir die Sachen nach. Aber kein Wort von meiner Herrin. Ich nahm an, dass sie zornig war und mir mein bisschen Glück missgönnte. Auch meinen Koffer behielt sie z u rück und schickte die Sachen in Postpaketen an Mr Cro t chet. Aber natürlich, wenn sie meinen Brief nicht b e kommen hat, musste sie mein Benehmen etwas unve r schämt finden.«
Poirot hatte dieser langen Erzählung aufmerksam g e lauscht. Dann nickte er, als sei er völlig zufrieden.
»Ich danke Ihnen, Mademoiselle. Wie Sie bereits sagten, i r gendwo stimmt da etwas nicht. Gestatten Sie mir, Sie für Ihre Mühe zu entschädigen.« Damit übe r reichte er ihr einen Umschlag. »Sie kehren wohl sofort nach Cumbe r land zurück. Ein Wörtchen im Vertrauen: Vergessen Sie Ihre Kochkunst nicht! Es ist immer nüt z lich, etwas in petto zu haben, falls eine Sache mal schief geht.« Er nic k te bedächtig.
»Leichtgläubig«, murmelte er, als unser Besuch for t ging, »aber vie l leicht nicht mehr als die meisten ihres Standes.« Sein Gesicht wurde ernst. »Kommen Sie, Hastings, wir haben keine Zeit zu verlieren. B e sorgen Sie ein Taxi, während ich ein paar Zeilen an Inspektor Japp schreibe.«
Poirot wartete bereits auf den Eingangsstufen, als ich mit dem Taxi zurückkam.
»Wohin geht’s?«, fragte ich neugierig.
»Zunächst werden wir mal den Brief durch einen B o ten beste l len lassen.«
Dies wurde erledigt, und als wir wieder ins Taxi sti e gen, gab er dem Fahrer die Adresse:
»Prince Albert Road, Clapham.«
»Dahin fahren wir also!«, rief ich.
»Aber selbstverständlich! Obschon ich befürchte, dass wir zu spät kommen. Unser Vogel wird davong e flogen sein, Hastings.«
»Wer ist unser Vogel?«
Poirot lächelte.
»Der unauffällige Simpson.«
»Was?«, rief ich erstaunt.
»Na, na, Hastings, Sie wollen mir doch wohl nicht e r zählen, dass I h nen jetzt nicht alles klar ist?«
»Die Köchin hatte man aus dem Weg geräumt, das ist mir schon klar«, sagte ich, ein wenig gekränkt. »Aber w a rum? Warum sollte Simpson sie aus dem Hause haben wollen? Wusste sie etwas über ihn?«
»Überhaupt nichts.«
»Na, dann – «
»Aber er wollte etwas, das sie besaß.«
»Geld? Die australische Erbschaft?«
»Nein, mein Freund etwas ganz anderes.« Nach e i ner kurzen Pause fuhr er ernsthaft fort: »Einen verbeu l ten Blechkoffer…«
Ich sah ihn von der Seite an. Seine Äußerung schien so fanta s tisch, dass ich den Verdacht hegte, er wolle sich über mich lustig machen. Er war jedoch völlig ernst und gemessen.
»Spaß beiseite«, sagte ich, »er hätte sich doch einen Koffer ka u fen können, wenn er einen brauchte.«
»Einen neuen Koffer wollte er nicht. Er wollte einen Koffer mit Stammbaum. Einen Koffer von unzweifelha f ter Achtbarkeit.«
»Nun aber langsam, Poirot! Sie wollen mich wohl zum Narren ha l ten!«
Er sah mich an.
»Sie haben nicht das Gehirn und die Fantasie von Simpson, Ha s tings. Sehen Sie mal: Mittwochabend lockt Simpson die Köchin weg. Eine bedruckte Karte und ein bedruckter Briefbogen sind leicht zu bescha f fen, und er ist willens, hundertfünfzig Pfund und eine Jahre s miete für das Haus zu bezahlen, um den Erfolg seines Planes zu s i chern. Miss Dunn erkennt ihn nicht – der Bart, der Hut, der leichte Kolonialakzent tä u schen sie vollständig. So endet der Mittwoch, abges e hen von der Lappalie, dass Simpson Effekten im Werte von fünfzi g tausend Pfund in der Tasche hat.«
»Simpson – aber es war doch Davis – «
»Wenn Sie mich ausreden lassen wollten, Hastings. Simpson weiß, dass der Diebstahl Donnerstagnachmi t tag entdeckt wird. Er geht am Donnerstag nicht zur Bank, lauert aber Davis auf, als dieser zum Essen geht. Vie l leicht gibt er den Diebstahl zu und sagt Davis, er wolle ihm die Wertpapiere zurückgeben – auf jeden Fall gelingt es ihm, D a vis mit nach Clapham zu locken. Das Mädchen hat Ausgang, und Mrs Todd ist beim Ausverkauf, also niemand im Hause. Wenn der Die b stahl entdeckt wird und Davis fehlt, kann nur der Schluss gezogen werden: Davis ist der Dieb! Mr Sim p son ist völlig
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