Poirots erste Fälle
ein wenig.
»Sprechen Sie nur frei heraus«, sagte Poirot freun d lich. »Ich werde Mrs Todd nichts davon sagen.«
»Na, sie ist natürlich ‘ne komische Alte, die Frau. Aber das E s sen ist gut. Reichlich – nicht geknausert. Etwas Warmes zum Abendessen, viel Ausgang und so viel Fett, wie man will. Und überhaupt, wenn Eliza sich hätte ve r ändern wollen, wäre sie niemals einfach so davongela u fen. Sie würde regelrecht gekündigt haben. Mein Gott, die Herrin könnte ihr hierfür einen ganzen Monatslohn a b ziehen!«
»Und die Arbeit? Nicht zu schwer?«
»Mrs Todd ist ja ein bisschen eigen – stöbert immer in den Ecken herum, um noch ein Staubkorn zu finden. Dann ist da noch der Mieter oder zahlende Gast, wie er immer genannt wird. Aber der hat nur Frühstück und Abendessen, genau wie der gnädige Herr. Sie sind be i de den ganzen Tag in der Stadt.«
»Gefällt Ihnen Ihr Herr?«
»Oh, der ist in Ordnung – sehr ruhig, allerdings ein bisschen knick e rig.«
»Sie können sich wohl nicht mehr daran erinnern, was Eliza kurz vor ihrem Weggehen sagte?«
»O ja. Sie sagte: ›Wenn vom Pfirsichkompott noch e t was übrig bleibt, essen wir das zu Abend mit Speck und Bratkartoffeln.‹ Ganz verrückt auf Pfirsichkompott war sie. Sollte mich nicht wundern, wenn sie sie damit wegg e lockt hätten.«
»War Mittwoch ihr regelmäßiger Ausgangstag?«
»Ja, sie hatte Mittwoch frei und ich Donnerstag.«
Poirot stellte nur noch wenige Fragen und gab sich dann zufri e den. Annie marschierte ab, und Mrs Todd kam eilends herein, vor Ne u gierde platzend. Sie hatte – das spürte ich – ihre Verbannung aus dem Zimmer wä h rend unserer Unterhaltung mit Annie bitterlich übel g e nommen. Poirot bemühte sich jedoch, ihre aufgebrac h ten Gefühle taktvoll zu besänftigen.
»Es ist schwierig«, erklärte er, »für eine Frau von so u n gewöhnlicher Intelligenz wie Sie, Madame, sich g e duldig mit den umständlichen Methoden, die uns armen Dete k tiven aufgezwungen werden, abzufinden. Mit Dummheit Geduld zu haben, ist immer schwer für die Scharfsinn i gen.«
Nachdem er auf diese Weise mit seinem Charme die letzte Spur von Groll bei Mrs Todd weggehext hatte, brachte er das Gespräch auf ihren Gatten, und es stel l te sich heraus, dass er bei einer Fi r ma in der Stadt arbeitete und erst nach sechs Uhr zuhause sein würde.
»Zweifellos ist er sehr aufgebracht und beunruhigt über diese une r klärliche Angelegenheit. Stimmt’s?«
»Er machte sich nie Sorgen«, erklärte Mrs Todd. »›Nimm dir eine andere, meine Liebe‹, war alles, was er sagte. Er ist so ruhig, dass es mich manchmal zur Ve r zweiflung treibt. ›Eine undankb a re Person‹, sagte er, ›gut, dass wir sie los sind.‹«
»Und die anderen Mitbewohner, Madame?«
»Sie meinen Mr Simpson, unseren zahlenden Gast? S o lange der sein Frühstück und sein Abendessen ric h tig bekommt, macht er sich keine Sorgen.«
»Was ist er von Beruf, Madame?«
»Er arbeitet in einer Bank.« Sie erwähnte den N a men, und ich stut z te etwas, denn die Notiz im Tages-Echo fiel mir ein.
»Noch jung?«
»Achtundzwanzig, glaube ich; netter, ruhiger junger Mann.«
»Ich möchte kurz mit ihm sprechen, auch mit Ihrem Gatten, wenn Sie erlauben. Zu dem Zweck werde ich heute Abend noch einmal vo r sprechen. Darf ich Ihnen vorschlagen, Madame, sich ein wenig ausz u ruhen? Sie sehen angegriffen aus.«
»Na, ist das etwa ein Wunder? Zuerst die Aufregung wegen El i za, dann gestern praktisch den ganzen Tag im Ausverkauf, und was das heißt, Monsieur Poirot, wissen Sie ja wohl! Dann dies und jenes, und viel zu tun im Haushalt, denn Annie kann natürlich nicht alles allein schaffen – und wahrscheinlich wird sie sowieso kündigen, weil sie aus ihrer Ordnung gekommen ist – wie gesagt, ich bin einfach erledigt.«
Poirot murmelte ein paar verständnisvolle Worte, und dann vera b schiedeten wir uns.
»Merkwürdiger Zufall«, sagte ich, »aber der flüchtige Bankbeamte Davis war bei derselben Bank wie Sim p son. Glauben Sie, es besteht da ein Zusammenhang?«
»Ein entflohener Bankbeamter – eine entschwund e ne Köchin. Es ist nicht so einfach, eine Beziehung zw i schen beiden zu entdecken, es sei denn, Davis besuchte Sim p son, verliebte sich in die Köchin und übe r redete sie, ihn auf seiner Flucht zu begleiten.«
Ich musste lachen, aber Poirot blieb ernst.
»Das wäre nicht die schlechteste Idee gewesen«, sagte er mit leichtem Tadel. »Denken Sie daran, Ha s tings,
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