Poison (German Edition)
passiert. Ich werde ihn mir kaufen, um endlich wieder Frieden zu finden – und wenn ich dann wirklich noch nicht genug von ihm habe, wird mir schon was einfallen, ich bin mir ganz sicher.
39
Brix
Im Halbschlaf erwache ich, es ist mitten in der Nacht. Ich horche auf, gerade ist meine Kühlschranktür zugeklappt. Aber ich liege doch im Bett? Ja, liege ich. Also, wer zum Henker, ist in meiner Küche? Ich stehe leise auf, taste mich zu den Scheiben, die mein Schlafzimmer vom Rest des Lofts trennen, und die halb offen sind, sodass ich durch die Spalte in Richtung Küche blicken kann. Mein Loft ist dunkel, nur am Kühlschrank ist eine schemenhafte Gestalt, die sich im Halbdunkel zu schaffen macht. Da ich keine Waffe besitze, habe ich jetzt ein Problem. Das Handy liegt auf dem Schreibtisch im Wohnraum, also von meinem Schlafzimmer aus gesehen hinter der Küche, das normale Telefon auch, und ich habe nur die inzwischen leere Flasche Jack Daniels neben meinem Bett als Waffe zur Verfügung.
»Ich packe euch alle«, plustere ich mich gedanklich auf und schleiche zur Treppe, die mein Schlafzimmer mit dem Rest des Lofts verbindet, taste mich vorsichtig und leise die Treppe herab und um meine Couch herum, bis ich zum Lichtschalter komme und das Licht einschalte. Am Kühlschrank zuckt eine Gestalt zusammen und dreht sich um – ER.
»Was machst du denn hier?«, frage ich ihn verblüfft. Auf der Anrichte liegt der Mantel, den ich bei der Oma vergessen habe, sauber zusammengefaltet. Er zuckt schuldbewusst mit den Schultern. »Ich musste dich einfach sehen«, gesteht er, sucht mit seinen großen Augen meinen Blick.
»Aha.« Mehr bringe ich nicht heraus. »Setz dich«, biete ich ihm an und deute auf meine Couch. Während er, gar nicht mehr so selbstsicher wie sonst immer, zu meiner Couch geht und sich setzt, mustere ich ihn mit unverhohlenem Blick. Sein Körper ist schöner und anziehender als je zuvor, seine offensichtliche Schwäche macht ihn noch interessanter für mich. Er scheint verwirrt und innerlich zerrissen, kauert sich in die Ecke meiner Couch, zieht die Beine an und mustert mich verängstigt. Als ich mich neben ihn setze, zuckt er zusammen, ich sehe, dass er sich fürchtet, aber er flüchtet nicht, er bleibt neben mir sitzen, schaut mich immer noch unverwandt an.
Ich beschließe, dass es Zeit ist, ein paar Dinge zu regeln, und lege vorsichtig und sanft den Arm auf seine Schulter.
»Hab keine Angst«, flüstere ich ihm zu, und er schaut mich wieder an, verunsichert, aber auch voller unerfüllter Sehnsucht.
»Komm her«, bitte ich, und er nimmt die Beine von der Couch, langsam und vorsichtig. Und genauso langsam und vorsichtig rücke ich näher und schließe meine Arme um ihn, halte und schütze ihn, und lasse zu, dass er seinen Kopf an meine Schulter legt, sich entspannt, sich halten lässt, genießt. Es dauert eine Weile, aber auch er legt seine Arme um mich, hält mich, umarmt mich. Wir sitzen ein bisschen so, als er gähnt, müde wird.
»Lass uns zu Bett gehen«, sage ich. Ein Blick in unsere Augen, und wir gehen ins Schlafzimmer, Arm in Arm, Hand in Hand, ziehen uns aus, legen uns ins Bett, umarmen uns, kuscheln aneinander und schlafen ein.
Als ich erwache, taste ich im Tran erst einmal nach links, wo ich Shahin vermute. Meine Hand stoppt an der Erhebung, die meine zweite, zu einer Wurst zusammengerollte Decke, bildet. Von Shahin keine Spur. Ich springe auf, laufe durchs Loft, sehe meine Couch, auf der meine Kissen ordentlich drapiert sind, der Mantel ist auch nicht da, und mir wird klar, dass ich wieder nur geträumt habe. Verdammter Mist, es war doch so real! Und ich bin plötzlich so wütend auf mich, dass ich mein Handy nehme und ihn anrufe, ihn spontan zum Frühstück einladen will, um endlich ein paar Sachen zu klären. Und herauszufinden, ob er nur wegen des Geldes scharf war auf mich. Doch sein Handy ist – wie sollte es auch anders sein – immer noch aus.
Der Frust meldet sich auch wieder ... Oh Mann, kann denn nicht mal ein Tag ohne Stress, Ärger und Frust vergehen??? Meine Vernunft sagt mir, dass da eigentlich etwas nicht sein kann. Selbst wenn die ganzen Bareinzahlungen das Ergebnis eines Hustler-Jobs sind, so müsste er eigentlich doch genügend Kohle haben, um nicht auf jeden Euro angewiesen zu sein – also warum hat er mich angemacht? Vielleicht, weil es ihm wirklich so geht wie mir. Der Traum von letzter Nacht scheint dafür zu sprechen. Wie dem auch sei, ich muss trotzdem erst
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