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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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draußen. Keine Spuren, also reite ich den Pfad in die Schlucht, den Bach entlang, zum See und weiter in Richtung Gebirge, als ich im Wind, der mir entgegenbläst, den Geruch eines Lagerfeuers erahnen kann. Ich binde Ducky am Baum fest, ziehe meine Kanone und schleiche in die Richtung, in der ich das Feuer vermute. Ein paar Minuten später sehe ich eine Gestalt in Schemen, die am Feuer liegt und schläft. Der Anführer? Leise, leise ...
    Je näher ich schleiche, desto stärker wird meine Euphorie.
    »Ich schaffe euch alle«, grinse ich in mich hinein. Als ich vor der vermummten Gestalt stehe, die vor mir am Boden liegt, mit der Melone über dem Gesicht, stecke ich meinen Colt in den Gürtel, hebe einen Stein vom Boden hoch und schlage damit auf den Kopf des vor mir Liegenden, ihn also k.o. Ein dumpfes »Matsch«, ich hebe erschrocken die Melone hoch und starre auf den Kürbis, den ich gerade für einen Kopf gehalten und zerquetscht habe. Wütend schubse ich ihn weg und zerre die Decke vom vermeintlichen Körper, trete die Holzstücke und Steine beiseite und verharre, als mir klar wird, in welche Falle ich soeben getappt bin. Wenn ich jetzt zum Colt taste, werde ich erschossen, das wird mir plötzlich klar, und als ich das amüsierte Lachen schräg hinter mir höre, weiß ich, dass ich verloren habe. Und da steht er – und sogar in dieser für mich ziemlich blöden Situation, gefällt er mir, wie er am Baum lehnt, gefährlich, jeder Muskel angespannt, wie eine Raubkatze kurz vor dem Angriff, aber er hat keine Waffe!
    »Komm her«, befiehlt er mir, aber es hört sich eher an wie eine Bitte. So oder so, was bleibt mir anderes übrig. Ich trete näher zu ihm, und er kommt mir ein Stück entgegen, dass ich ihn spüren kann. Sein Körper ist warm, und mir wird heiß, registriere ich.
    Er grinst, aber kein bisschen überrascht, als er seinen Arm um meine Schultern legt, seine Hand in meinen Nacken, und seine Lippen auf meine. Ich glaube, ich werde bewusstlos ...
    ... und dann wache ich auf und registriere, dass ich in meinem Bett liege. Alleine. In meinem Tran wälze ich mich hin und her, bis ich schließlich quer über den Kissen liege und einschlafe.

37
    Brix
     
    Der nächste Morgen wiederum gehört zu den Morgen, auf die man besser verzichtet. Als ich wach werde, fühle ich mich nämlich, als hätte mein Kopf die Umrisse einer Litfaßsäule. Die beiden Flaschen Orangensaft, die ich gestern gekauft habe, tun ihren Teil, dass zumindest meine Grippe nachlässt und ich mit klarem Kopf und freiem Atem ein paar Dinge erledigen kann. Meine Grübeleien sind recht erfolgreich verdrängt, und ich nutze die Gelegenheit, die ersten beiden Kollegen anzurufen und mal unauffällig meine Chancen in der Branche abzuchecken.
    Micky, mein Kollege von dem Label, die außer uns eher die Newcomer abdecken, beglückwünscht mich zu dem Erfolg mit den »Faceless Frogs«, die Band mit der Zicke als Leader, die sein Label auch sehr gerne unter Vertrag genommen hätte und die dann dank meiner Person doch zu meinem Label gekommen sind ... diese Sache, die ich nur allzu gerne Carlos untergeschoben hätte.
    »Ich hoffe, dass dein Chef dafür ne ordentliche Gratifikation rausgerückt hat – das gibt den Newcomer des Jahres!«, erzählt er mir. Wenn der wüsste! Klar, er hat mich befördert. Zum Content Manager in München, in dieser Scheiß-Firma. Innerlich grinse ich bitter, wird mir doch klar, dass ich bei »diesem« Label keine Chance haben werde.
    Genauso geht es mir bei Hansi, dem zweiten Kollegen, der bei dem Konkurrenten arbeitet, der eher im Independent-Bereich tätig ist und da auch einen recht guten Namen hat. Hansi deutet meinen Anruf richtig und gibt mir den guten Rat, es eher in Hamburg, Köln oder Frankfurt zu versuchen. In Berlin oder München sieht er mittel- bis langfristig keine Chancen für eine vernünftige Weiterentwicklung. Sieht ja nicht gerade toll aus, stelle ich fest. Dann setze ich mich eher widerwillig an den Computer und stöbere im Internet nach branchenfremden Jobs meiner Gehaltsklasse in Berlin, was auch deutlich frustrierend endet. Der eher als Ablenkung gedachte Versuch, IHN anzurufen, scheitert an der bereits bekannten Ansage und frustriert nur noch mehr.
    Als mir klar wird, dass ich mir Sorgen um IHN zu machen beginne, werde ich fast rasend in meinem Wesen. Ich laufe wie ein gefangener Wolf in meinem Loft auf und ab und rede mir ein, dass mit ihm alles in Ordnung ist. Dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche.

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