Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Henry
Vom Netzwerk:
der Mensch kaum Einfluss auf diese Entwic k lung hat, und selbst wenn es anders wäre … “ Sie hob die Schultern, „ Grönland profitiert in vielerlei Hinsicht von den wärmeren Temp e raturen. Die Fischer müssen sich nicht mehr so abmühen, um ihren Fang zu netzen, sogar erste Bemühungen, Viehzucht zu betreiben, sind erfolgreich und selbst Kartoffeln konnten in den letzten Jahren geerntet werden. Nein, um die E r derwärmung geht es nicht. Das Problem mit den Tiefseebohru n gen liegt wo anders. “
    „ Und zwar? “ Jetzt hatte sie auch die volle Aufmerksamkeit von Marc, der förmlich an ihren Lippen hing.
    „ Es geht um die Kosten-Risiko-Berechnung. Selbst bei optim a len Bedingungen sind Tiefseebohrungen ein riskantes Unterne h men. Das hat der Unfall auf der Deep Water Horizon tragisch bewiesen. Im ewigen Eis wären die Folgen um ein Vielfaches schlimmer. “
    „ Inwiefern? “
    „ Das fängt damit an, dass Gain überhaupt keine Erfahrung mit Bohrungen in arktischen Gewässern hat. Die Bohrsaison ist zu kurz, es bleibt kaum Zeit für Primär- und Entlastungsbohrungen. Schon bei den Probebohrungen musste der Konzern mit Schmelzschiffen arbe i ten und was passieren würde, wenn es zu einem Unfall kommt, ist kaum abzusehen. Unter der dicken Eisschicht könnte Öl austr e ten, das jahrelang unbemerkt bleibt und das zudem noch deutlich länger brauchen würde, von der Umwelt abgebaut zu werden, als in wärmeren Gewässern. Und zu guter Letzt ist die Tierwelt in der Arktis einmalig auf der Welt. Die Baffin Bay ist Heimat für zahlre i che Arten, die es fast ausschließlich dort gibt. Polarb ä ren, Robben, Blauwale, T ausende Zugvögel. Sie alle wären dem Untergang g e weiht, wenn die Arktis unter einem Ölteppich e r trinkt. “
    Sie musste tief durchatmen, als sie geendet hatte. Es war nicht ihr Ziel gewesen, einen derartigen Sermon auszurülpsen. Berufsr i siko. Geologische Eruk t ation nannten sie das unter Ko l legen. Das dumpfe Gefühl, übers Ziel hinausgeschossen zu sein, wurde dadurch ve r stärkt, dass Marc und Silas beide schwiegen. Sie sahen sie nur an. Die Augen groß, die Mienen ernst. Noch vor wenigen Augenblicken hätte sie es kaum für möglich gehalten , a ber jetzt war sie der Bedi e nung tatsächlich dankbar, als sie wieder an ihrem Tisch auftauchte. Sie brachte den Hackbraten und ließ Kaya d a mit von der Angel.
    „ Tust du mir einen Gefallen, Marc? “ Silas ’ Stimme klang jetzt a n ders. Professionell, überlegt. Der Pilot war zurück. Vielleicht weil er auf das, was sie gesagt hatte, keine Antwort mehr wusste.
    „ Kommt drauf an. “
    „ Kannst du den Jungs vom Hangar sagen, sie sollen sich mal Se n sor zwei ansehen? Der die Enteisungsanlage überwacht? “
    Kaya bemühte sich, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie au f horchte.
    „ Probleme? “ , fragte Marc und nahm einen Schluck Bier.
    „ Ungleichmäßige Daten. Sie sollen das mal prüfen. “
    „ Nur die Daten? Die Performance ist okay? “
    „ Keine Besonderheiten. Nur die Daten können nicht stimmen. “
    Marc angelte sein Handy aus der Hosentasche und tippte eine Kombination. „ Ich lass das sofort prüfen. “
    „ Danke. “
     
    *
     
    Kamen die Kartoffeln aus Kanada oder aus Dänemark? Silas stel l te sich diese groteske Frage, während er das Essen auf seinem Teller herumschob.
    Er hatte keinen Appetit. Falsch. Appetit hatte er durchaus , a ber er war viel zu neugierig auf alles, was Kaya zu sagen ha t te, als dass er ans Essen denken konnte. Aus dem Auge n winkel beobachtete er sie. Er mochte Frauen, die sich nicht dafür schämten, Hunger zu haben. Es war schwer zu sagen, ob sie Hunger hatte, und es war noch u n möglicher zu sagen, ob ihr das Essen schmeckte. Bei ihr sah es so aus, als sei Essen eine Notwendigkeit, derer man sich mit gebühre n dem Ernst zu widmen hatte. Frei nach dem Motto, wer weiß, wann es wieder etwas gibt. Als er sich von einem ihrer messerscharfen Blicke getroffen fühlte, senkte er schuldbewusst den Kopf und schnitt einen ordentlichen Bissen von seinem Hackbraten.
    Beim Essen wurde nicht geredet. Selbst der geschwätzige Marc schwieg. Hintergrundgeräusche gewannen die Oberhand, Gespr ä che über Kerosin und Enteisungsanlagen für Militärhubschrauber, da r über, dass in zwei Wochen nochmal ein kleineres Verso r gungsschiff die Basis anla u fen würde, ein letztes Mal vor dem Winter, wenn das Eis des Meeres sich bis hinunter nach Upernavik zog und es unmö g lich wurde , selbst

Weitere Kostenlose Bücher