Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde
Tundra erobert haben, gehören neben der Ohrenlerche, dem Steinschmätzer und den Ammern auch zwei der mit den Bachstelzen verwandten Pieper. Es sind Bodenbrüter, die sich von Fliegen, Spinnen und anderen Gliedertieren ernähren. Beide leben in Nordsibirien und sind Bewohner der sumpfigen Strauch- und Waldtundra. Den Rotkehlpieper (
Anthus cervinus
) kann man mit etwas Glück auch in Deutschland beobachten, denn die westlichsten Brutvögel, die in Nordskandinavien leben, überqueren auf dem Zug regelmäßig Mittel- und Westeuropa. Allerdings ist die Art so selten und unscheinbar, dass sie leicht übersehen oder mit anderen Arten verwechselt wird.
Übrigens hat es der Rotkehlpieper doch schon nach Amerika geschafft: Auf der Seward-Halbinsel im Westen Alaskas, quasi auf der »Bordsteinkante« der Beringstraße, hält er einen winzigen Brückenkopf auf amerikanischem Boden besetzt.
Wie eine Maus im Dickicht
Die zweite Art, der Petschora-Pieper (
Anthus gustavi
), ist mit ihrem beigebraunen, unregelmäßig dunkel gefleckten Gefieder ebenfalls die Unauffälligkeit in Person. In der Bodenvegetation ist der Vogel perfekt getarnt. Auch sonst tut der Petschora-Pieper alles, um für mögliche Feinde unsichtbar zu bleiben. Wie eine Maus bewegt er sich zwischen den Grasbüscheln, schlüpft durch das kniehohe Gewirr der Zwergsträucher und verharrt regungslos, wenn er beunruhigt ist. Nur während der kurzen Brautwerbungsphase im Frühsommer teilt er seiner Umgebung lautstark mit, wo er ein Revier beansprucht und ein Weibchen sucht. Seinen trillerndzwitschernden Gesang trägt er in einem kurzen Singflug vor. Im Gegensatz zu vielen nordischen Zugvögeln schlägt der Petschora-Pieper eine südöstliche Zugroute ein und überwintert in Indonesien.
Der Singschwan: Jumbo der Arktis
Mit 8–12 kg gehört der Singschwan (
Cygnus cygnus
) zu den Schwergewichten unter den flugfähigen Vögeln der nördlichen Hemisphäre. Große Männchen messen 1,6 m von der Schnabel- bis zur Schwanzspitze. Wenn sie den Hals in die Höhe recken und drohend die Flügel ausbreiten, schüchtern sie fast jeden Räuber ein. Während der Balz werden auffällige Werberituale durchgespielt.
Urheber des Schwanengesangs?
Viel häufiger als die uns vertrauten Höckerschwäne sind Singschwäne an Land zu beobachten. Sie laufen geschickter als der unbeholfen watschelnde Höckerschwan. Während dieser meist nur in Nestnähe sein Fauchen hören lässt, machen die arktischen Schwäne häufig Gebrauch von ihrer Stimme. Das Repertoire reicht von kurzen, gänseähnlichen Kontaktlauten bis zu trompetenden Fernrufen. Das Brutgebiet des Singschwans ist auf Nordskandinavien und Sibirien beschränkt. Der westlichste Vorposten ist Island. Im Norden reicht das Brutgebiet zwar bis in die Tundra, es liegt aber zum größeren Teil in der borealen Zone, wo die imposanten Vögel mit dem gelben Schnabelgrund Seen und Sümpfe bewohnen. Noch deutlich weiter in die Arktis als der Singschwan geht der Zwergschwan (
Cygnus bewickii
), dessen Verbreitungsgebiet praktisch vollständig nördlich der Waldgrenze liegt. In Nordamerika wird der Singschwan vom ähnlichen Trompeterschwan (
Cygnus buccinator)
vertreten. Und auch zum Zwergschwan gibt es ein amerikanisches Pendant: den Pfeifschwan (
Cygnus columbianus
).
Nesthügel am Ufer
Zum Brüten suchen die Singschwäne größere und kleinere Seen mit reicher Verlandungsvegetation auf. Bewaldete Ufer werden gemieden. Sowohl Sing- als auch Zwergschwäne besetzen große Reviere und dulden keine anderen Paare in ihrer Nähe. Auch gegenüber Räubern sind die Tiere stets abwehrbereit. Ihre Nester in unmittelbarer Nähe des Wassers ähneln denen des Höckerschwans. Beide Arten isolieren die Nestmulde mit Daunen. Die vier bis sieben Singschwaneier – beim Zwergschwan sind es oft nur zwei bis drei – werden vom Weibchen einen Monat lang bebrütet, bevor die Jungen schlüpfen. Junge Singschwäne werden nach acht Wochen flügge, Zwergschwäne bereits mit sechs Wochen.
Singschwan
Cygnus cygnus
Klasse Vögel
Ordnung Gänsevögel
Familie Entenvögel
Verbreitung Seen, Flussmündungen und Sümpfe der eurasischen Taiga und Tundra und auf Island
Maße Länge: 1,6 m; Spannweite: bis 2 m
Gewicht 8–12 kg
Nahrung Wasserpflanzen, im Winter zarte Gräser und Wurzeln
Geschlechtsreife mit 4 Jahren
Zahl der Eier 4–7
Brutdauer 4 Wochen
Höchstalter 8 Jahre
Nächtliche Mahlzeiten unter Wasser
In den ersten zwei Lebenswochen nehmen die Jungen
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