Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde
eine lange Anlaufstrecke auf dem Wasser. Dabei ist ihr Flug schnell und ausdauernd. Unkonventionell ist auch die Landetechnik: Mit nach hinten gestreckten Füßen benutzen sie Brust und Bauch als breite Landekufe. Ihr eigentliches Element ist das Wasser und dort verbringen sie den größten Teil ihres Lebens.
Variabler Tiefgang
Wie es sich für Kaltwassertauchexperten gehört, verwenden sie viel Zeit auf die Pflege ihrer »Ausrüstung«: Flügelschlagend, immer wieder kurz untertauchend und sich schüttelnd, baden sie gern ausgiebig. Dann putzen, fetten und ordnen sie ihr Bauchgefieder, während sie sich im Wasser auf die Seite rollen und einen Fuß nach oben strecken. Ihr Tiefgang ist höchst variabel: Mit reichlich Luft unter den Deckfedern liegen sie im Wasser wie eine Ente. Bei den Atempausen während der Fischjagd schaut dagegen oft nur noch ihr Kopf über den Wasserspiegel. Lautlos und ohne Startsprung verschwinden sie dann im kalten Nass und jagen dort auf Sicht nach Saiblingen, Forellen und Barschen.
Keine Brut bei Nahrungsmangel
Ihre Speiseröhre ist so dehnbar, dass sie auch Fische schlucken können, die 20 cm lang sind, gut ein Drittel ihrer eigenen Länge. Doch nicht immer können sie mit solch fetter Beute rechnen. Das Wasser in den Tundrenseen ist oft nährstoffarm und kalt, so dass sich Algen und Zooplankton sowie die von ihnen abhängigen Fische nur langsam vermehren. Damit ist auch die Nahrungsgrundlage für die Fischjäger knapp und in manchen Jahren reicht die Beute in den kleineren Seen kaum für die Altvögel. Zur Nahrungssuche wechseln sie dann mehrmals täglich auf fischreichere Gewässer. Wenn die Saison überall mager beginnt, nehmen die Sterntaucher schon mal eine Auszeit und verzichten auf die jährliche Brut. Die gelegentliche Nullrunde wird durch ein hohes Lebensalter ausgeglichen. Außerdem haben Sterntaucher in guten Jahren auch mehr als die üblichen zwei Jungen.
Der Rücken als Wärmequelle für Küken
Knapp vier Wochen dauert die Bebrütung der Eier. Bei vielen Vogelarten entsteht in dieser Phase ein unbefiederter Brutfleck am Bauch, der eine direkte Wärmeleitung von der Haut des Altvogels auf die Eier sicherstellt. Die Sterntaucher und ihre drei Vettern können sich diesen Luxus nicht leisten: Zu groß wäre der Energieverlust für den Altvogel, wenn er vom Nest aufsteht und ins eiskalte Wasser wechselt. Stattdessen besitzen die Vögel in der befiederten Bauchhaut ein dichteres Netz von Blutgefäßen, die beim Brüten erweitert werden, im Wasser aber zusammengezogen bleiben, um Wärmeverluste zu vermeiden.
Da die Brut mit der Ablage des ersten Eis beginnt, schlüpfen die Jungen zeitversetzt. Obwohl sie von Anfang an geschickt schwimmen und tauchen können, sind sie mehr als sechs Wochen lang auf ihre Eltern angewiesen. Die Alten müssen nicht nur reichlich Insektenlarven und Fisch heranschaffen, sondern die Küken auch immer wieder huckepack in ihrem warmen Rückengefieder herumtragen. Im nur wenige Grad kalten Wasser verlieren die Kleinen, deren Körpertemperatur ohnehin 3 °C unter der der Erwachsenen liegt, sonst zu viel Energie. Die lebende »Isomatte« bietet dem Nachwuchs zugleich Schutz vor Attacken von Raubmöwen und Greifvögeln.
Sterntaucher
Gavia stellata
Klasse Vögel
Ordnung Stelz- und Schreitvögel
Familie Seetaucher
Verbreitung circumpolar von der Antarktis bis zu gemäßigten Zonen
Maße Länge: 53–70 cm; Spannweite: 110 cm
Gewicht 1,5–1,7 kg
Nahrung Fische, auch Kopffüßer, Muscheln, Schnecken
Zahl der Eier 1–3
Brutdauer 27 Tage
Höchstalter 25 Jahre
Im Winter aufs Meer
Während der Fortpflanzungszeit sind Sterntaucher recht unduldsam gegenüber Artgenossen, der eigene Partner und der Nachwuchs natürlich ausgenommen. In der übrigen Zeit des Jahres können sie sich aber zu großen Gesellschaften zusammenschließen, vorausgesetzt, es gibt genug Fisch. Bereits im Spätsommer haben sie ihre Schwungfedern gemausert. Ihre Flugfähigkeit erlangen sie gerade dann wieder, wenn auch ihre Jungen flügge werden. Noch bevor die Seen im Herbst zufrieren, wechseln die Sterntaucher aufs Meer. Entlang der Nordmeerküsten fliegen sie dann in die gemäßigten Zonen. Als Winterquartiere dienen die eisfreien Gewässer Nordwesteuropas, Nordamerikas und der asiatischen Pazifikküste. Überwinterer erscheinen auch am Kaspischen Meer, am Schwarzen Meer und sogar am Mittelmeer. Wahrscheinlich sind es in Nordsibirien brütende Vögel, die den Direktflug nach
Weitere Kostenlose Bücher