Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde
Gefieder sind dominant und setzen sich bei Mischpaarungen durch. Wieso sind weiße Schneegänse dann auch in der kleineren Unterart noch deutlich in der Überzahl? Ist weißes Gefieder ein Selektionsvorteil oder ist die Gefiederfarbe mit anderen wichtigen Eigenschaften wie der Gelegegröße gekoppelt? Einige Forscher vertraten tatsächlich die Ansicht, dass weiße Schneegänse mehr Eier legen. Die Zunahme der grauen Exemplare in den letzten Jahrzehnten wurde auf die Erwärmung der Arktis zurückgeführt, die den Vorteil eines weißen Tarngefieders mindere. Offenbar sind beide Annahmen falsch. Heute geht man aufgrund genetischer Untersuchungen und Rekonstruktionen der früheren Mengenverhältnisse davon aus, dass die Farbschläge bis vor wenigen Jahrzehnten getrennte Unterarten waren: Im Osten Nordamerikas brüteten die grauen Schneegänse, im Westen die weißen. Erst vor knapp 100 Jahren kamen die Unterarten in ihren Winterrevieren oder an Zwischenstationen miteinander in Kontakt, als sich ihre Zugrouten wegen des Anbaus von Reis und anderem Getreide, der Einrichtung von Schutzgebieten und der Vertreibung aus ihren traditionellen Ruheplätzen im Marschland änderten. Da die monogamen Schneegänse im Winter auf Partnersuche gehen, fließen seither Gene zwischen den Populationen hin und her. Die Vermischung geht aber nur langsam vonstatten, da die Jungvögel im Nest auf die Farbe ihrer Eltern und Geschwister geprägt werden und daher z. B. die Kinder überwiegend grauer Familien eine Vorliebe für graue Partner haben.
Extrem kurze Brutzeit
Wenn die Schneegänse im Frühjahr die grasige Tundra an der Küste Alaskas und Kanadas, in Grönland und in der ostsibirischen Arktis erreichen, fressen sie zunächst sehr viel, um die Reifung der bereits befruchteten Eier voranzutreiben. Dabei wählen die Weibchen gezielt eiweißreiche Pflanzenteile aus. Diesen Luxus können sie sich leisten, da Gänse zu den »capital breeders« gehören. Das sind Zugvögel, die noch im Brutgebiet von den Fettvorräten zehren, die sie sich im Winter angefressen haben. Je früher eine Gans die Arktis erreicht, desto mehr Eier legt sie. Trifft sie jedoch zu früh ein und wird von einem Kälteeinbruch überrascht, resorbiert sie ihre bereits angelegten Eier und muss dieses Jahr ganz auf Nachwuchs verzichten.
Nach nur 22 Bruttagen schlüpfen aus den vier bis acht Eiern die Jungen, die das Nest rasch verlassen.
Im Winter riesige Schwärme
Im Herbst ziehen die Jungen gemeinsam mit ihren Eltern und tausenden von Artgenossen in die Winterquartiere. Am Pazifik sind Kalifornien und die Küste von Washington die beliebten Reiseziele, am Atlantik die Chesapeake Bay und der Golf von Mexiko. Auch die meisten Tiere von der Wrangelinsel und aus der sibirischen Kolyma-Tiefebene überwintern in Nordamerika.
Der weite Zug erzwingt bei Vögeln einen leichten, ineffizienten Verdauungstrakt. Daher müssen die Gänse viel fressen und die am leichtesten verdaulichen Teile auswählen. Man sieht ihnen sogar an, welche Kost sie in ihrem Winterrevier vorfinden: Tiere, die im Marschland überwintern, sind im Mittel größer als ihre Artgenossen, die sich auf Äckern und Wiesen mästen.
Der Trompeterschwan: Rettung im letzten Augenblick
Drei Arten von Schwänen leben im nördlichen Nordamerika: die aus Europa eingeführten Höckerschwäne, die ihre neuweltlichen Verwandten manchenorts zu verdrängen drohen, die in der arktischen Tundra brütenden Zwergschwäne und die Trompeterschwäne (
Cygnus buccinator
). Sie unterscheiden sich von der einen Art durch ihren höckerlosen, schwarzen statt gelben Schnabel und von der anderen durch ihre Größe und die flache Stirn. Der Schnabel geht im Profil fast nahtlos in den Kopf über. Ihren Namen verdanken die nahen Verwandten der eurasischen Singschwäne dem tiefen, lauten, trompetenartigen »Ku-hu«-Ruf. Nachdem sie durch Bejagung schon fast ausgerottet waren, haben sich ihre Bestände inzwischen erholt.
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Der Trompeterschwan ist der größte Wasservogel in Alaska
Trompeterschwan
Cygnus buccinator
Klasse Vögel
Ordnung Gänsevögel
Familie Entenvögel
Verbreitung Nordamerika
Maße Länge: 1,4–1,7 m; Spannweite: 2,1–3 m
Gewicht bis 13,5 kg
Nahrung Wasserpflanzen, Insekten, Muscheln, Schnecken, Krebse
Geschlechtsreife mit 4 bis 6 Jahren
Zahl der Eier 3–9
Brutdauer 35 Tage
Höchstalter 30 Jahre
Erfolgreiche Schutzmaßnahmen
Die systematische Verfolgung durch weiße Siedler im
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