Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde
300 Algen gebildet. Ganze zwei Blütenpflanzen, nämlich die Antarktische Schmiele (
Deschampsia antarctica
) und das Quito-Mastkraut (
Colobanthus quitensis
), kommen von Natur aus hier vor. Die Antarktische Schmiele, ein Süßgras, wächst in zusammenhängenden Rasen von mehreren Metern Durchmesser. Beim Quito-Mastkraut, einem unscheinbaren Nelkengewächs, ist der größte Teil des Sprosssystems im Boden verborgen. Nur die kurzen, dicht beblätterten Kurztriebe kommen an die Oberfläche und bilden flache, meist handtellergroße Polster. Die fünfzähligen Blüten sind grün und klein. In normalen Sommern kommen beide Arten zur Blüte und bilden reife Samen. Insektenbesuch brauchen sie dafür nicht. Der Fruchtansatz erfolgt nach Wind- und Selbstbestäubung. Günstige Bedingungen finden die beiden Arten an den »wärmeren« Hängen mit von Schmelzwasser durchfeuchtetem und durch Vogelkot nährstoffreichen Boden. An geschützten Stellen wagen sie sich polwärts bis über den 68. Breitengrad nach Süden vor. Gelegentlich werden von Besuchern der Antarktis weitere Arten eingeschleppt. Von diesen hätten das Einjährige und das Gewöhnliche Rispengras (
Poa annua
und
Poa trivialis
) die Fähigkeit zur dauerhaften Ansiedlung, doch Forscher und Naturschützer betrachten dies mit Sorge, denn wenn sich fremde Organismen in den extrem empfindlichen Ökosystemen breitmachen, hat das negative Folgen.
Pflanzen mit Lichtschutzfaktor
Auf Felsen in milden, feuchten Gegenden in Küstennähe mischen sich hier und da noch austrocknungsresistente Moose in die lückigen Rasen von Strauch- und Krustenflechten. Moose solcher Standorte haben dicht gepackte Stämmchen und verlieren so nur wenig Wasser. Die Rasen sind nicht selten auffällig orange bis rotbraun gefärbt – als Schutz vor schädlicher Strahlung.
Je kälter und trockener es wird, desto artenärmer werden die Gesellschaften der niederen Pflanzen, bis schließlich nur unscheinbare Krustenflechten übrig bleiben. Da sie nur in schwach gequollenem Zustand Photosynthese betreiben können, beträgt ihre »aktive Zeit« pro Jahr stellenweise nur wenige Tage. Teilweise wachsen sie so langsam, dass Exemplare von Zentimetergröße manchmal bereits viele hundert Jahre alt sind.
Auch einige Flechten sind in der Lage, sich vor der schädlichen Wirkung von UV-B-Strahlung zu schützen, indem sie höhere Konzentrationen von Usninsäure bilden. Interessanterweise findet man in Flechtenproben aus der Zeit vor dem sog. Ozonloch deutlich geringere Mengen dieses natürlichen Lichtschutzfaktors als in Proben, die in den letzten Jahren gesammelt wurden. Die Flechten produzieren offenbar mehr Usninsäure, seit die schützende Ozonschicht der Atmosphäre Lücken hat.
An Felsen in den Trockentälern des McMurdo-Gebiets fanden Biologen eine Lebensgemeinschaft, die die von Kälte und Trockenheit gesetzten Grenzen nicht zu akzeptieren scheint: Grünalgen, Pilze und Bakterien leben dort in mikroskopisch kleinen Hohlräumen der Felsoberfläche. Unter halbdurchsichtigen Quarzkörnern nutzen sie Licht, Spuren von Feuchtigkeit und Mineralsalze aus Gestein.
Leoparden, Elefanten und Bären
Verglichen mit dem sterilen, allenfalls von mikroskopischen Schneealgen besiedelten Inlandeis herrscht an den antarktischen Küsten eine überraschend hohe biologische Produktivität. Der große Reichtum der Region gründet sich auf das kalte, nährstoffreiche Wasser der südlichen Ozeane. Es begünstigt die Entwicklung von Phytoplankton, das die Nahrungsgrundlage für alle Tiere bildet, auch für jene Krebstiere, die als »Krill« zusammengefasst werden. In unvorstellbaren Mengen steht Krill vielen Fischen, den Bartenwalen und Vögeln zur Verfügung. Sogar eine Robbe, die Krabbenfresserrobbe (
Lobodon carcinophagus
), ernährt sich fast ausschließlich von den kleinen Garnelen. Angesichts der Dichte ihrer Nahrung wundert es nicht, dass sie die häufigste Robbe auf der ganzen Welt ist. Auf 12 Mio. Exemplare wird ihr Bestand geschätzt. Fünf weitere Robbenarten pflanzen sich an den antarktischen Küsten fort, die Ross- und die Weddell-Robbe (
Ommatophoca rossii, Leptonychotes weddellii
), der Seeleopard (
Hydrurga leptonyx
), der Südliche See-Elefant (
Mirounga leonina
) und der Antarktische Seebär (
Arctocephalus gazella
). Sie suchen entweder das Packeis oder die eisfreien Strände auf, um ihre Jungen zu gebären.
Pinguine
Mit den Robben haben die Pinguine nicht nur den Lebensraum gemeinsam, sondern auch etliche
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