Polaris
ihrer Mission gewesen. Sie hatten einfach nur in Erfahrung bringen wollen, was da draußen war. Die bewohnbaren Welten waren zu weit entfernt, um dort Siedlungen zu erbauen, selbst wenn die Kang geneigt gewesen wären, die Mühe auf sich zu nehmen. Aber der Punkt, den White vor allem anderen betonte, war, dass in all jenen Jahren im Zuge all dieser Missionen keine lebendige Zivilisation entdeckt worden war.
»Es wird immer behauptet, es sei ein Akt überwältigender Arroganz, wenn wir uns selbst zum Zentrum der Schöpfung erklären« , sagte sie im Kontrollraum von Chai Pong. »Aber in einer sehr realen Betrachtungsweise ist es nichtsdestotrotz wahr, dass Menschen das Zentrum im Weltenplan sind. Kosmologen sagen uns, wir dürften nicht fragen, warum das Universum existiert. Wir dürften nicht nach seiner Bedeutung fragen. Das alles seien Fragen, die nur in die Irre führten, behaupten sie. Es existiert, und das ist alles, was wir darüber wissen.« An dieser Stelle bricht sie ab und führt eine Tasse an ihre Lippen. »Vielleicht haben sie, in einer sehr begrenzten Hinsicht, sogar Recht. Aber in einem breiteren Kontext können wir argumentieren, dass alles im Kosmos dazu angetan scheint, intelligentes Leben hervorzubringen. Etwas zu schaffen, das sich selbst vom Rest des Universums abgrenzen kann, das sich zurücklehnen und das Sternengewölbe bewundern kann. Vögel und Reptilien lassen sich von einem majestätischen Anblick nicht beeindrucken. Wären wir nicht hier, wäre das großartige Gebilde des Himmels ohne jeden Zweck.«
Am Ende hatten die Kang, moralisch und finanziell erschöpft, ihre Außenstationen verlassen, ihr Vorhaben aufgegeben und waren nach Hause gegangen.
Chai Pong kreiste um eine felsige Welt im Karalomasystem. Die Plattform, die Welt und das System waren beinahe vergessen. »Wenn nur genug Zeit vergeht« , sagte White, »wird es uns allen so ergehen.«
Alex verfügte im hinteren Teil des Hauses über eine Mischung aus Wohnhöhle und Arbeitszimmer. Alle Wände waren mit Bildern der Polaris-Passagiere bedeckt, festgehalten in allen möglichen Situationen, die ihren humanitären Einsatz betonten.
Warren Mendoza, der im Zuge eines der unzähligen Guerillakriege von einer chirurgischen Notfallstation in einer Hütte auf Komar auf eine Reihe verwundeter Patienten hinausblickt. Chek Boland, wie er im St. Aubreys in einem Armenviertel einer terrestrischen Stadt hilft, Kaffee und Sandwiches zu verteilen. Garth Urquhart, der mit einer Einheit Einsatzkräfte in einem hungergeplagten Dorf in Süd-Khitai landet. Nancy White, als sie Rettungskräften in dem von einer Flut heimgesuchten und von Krankheiten gepeinigten Bakul hilft, ebenfalls in Süd-Khitai. Ein Martin Klassner in mittleren Jahren, der hinter dem Schlagzeug der Differentials sitzt,einer Gruppe von Wissenschaftlern, die, vielleicht, über eine musikalische Begabung verfügt, um bei einer der vielen Spendensammlungen für die Überlebenden eines Bürgerkriegs auf Domino aufzuspielen. Und natürlich war da auch das berühmte Bild von Tom Dunninger, der bei Sonnenuntergang über den West Chibong Cemetery hinausblickt.
Dies hätte eigentlich mein freier Tag sein sollen. Ich war nur hergekommen, weil ich noch eine winzige Kleinigkeit hatte erledigen wollen. Alex, der sah, dass ich die Wände anstarrte, hörte auf mit was auch immer er gerade tat. »Das ist ihnen allen gemeinsam, nicht wahr?«
»Meinst du, dass sie alle Philanthropen waren?«
»Sie waren alle echte Gläubige.«
»Ich denke, so kann man es auch ausdrücken. Aber ich glaube, dass Leute, die sich darum bemühen, einen echten Beitrag zu leisten, immer auch echte Gläubige sind.«
»Mag sein«, entgegnete er. »Aber irgendwo in der Mischung besteht auch ein Bedarf an Pragmatismus.« Ich fragte ihn, worauf er hinauswolle, doch er zuckte nur mit den Schultern und leugnete jede tiefere Bedeutung. »Ich habe noch eine Überraschung für dich«, sagte er.
Nach allem, was wir durchgemacht hatten, dachte ich, ich würde vielleicht einen Bonus, eine Gehaltserhöhung oder eine Gefahrenzulage bekommen; folglich war ich ein bisschen enttäuscht, als er mir ein Stirnband reichte. »Jacob«, sagte er. »Zeig es ihr.«
Ich war in einem Speiseraum, sitzend, mit Blick auf den Querstrich einer T-Tafel. Der Raum war groß, und ich sah das Logo eines Al-Bakur-Hotels.
»Nie davon gehört«, sagte ich zu Alex.
»Es wurde abgerissen«, erklärte er. »Vor vierzig Jahren.«
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