Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
herabsinken sehen.
    »Das war eine furchtbare Zeit«, erzählte Georg mir, als die Unterhaltung allmählich zur Polaris umschwenkte. »Die Leute wussten nicht, was sie denken sollten.«
    »Was haben Sie gedacht?«, fragte ich ihn.
    »Die Landefähre war das, was mich wirklich umgehauen hat. Ich meine, man hätte sich so leicht vorstellen können, dass sie sich entschlossen hätten, einen Ausflug zu unternehmen, und sich verirrt hätten oder von einem Asteroiden getroffen worden wären. Oder irgendwas. Zumindest wäre das eine theoretische Möglichkeit gewesen. Aber die Landefähre lag immer noch im Hangar. Und diese letzte Nachricht…«
    »… Abflug steht unmittelbar bevor…«
    » Unmittelbar. Das jagt mir heute noch Schauder über den Rücken. Was auch immer passiert ist, es muss sehr schnell geschehen sein. Es muss in den wenigen Sekunden passiert sein, die zwischen der Nachricht und dem Moment gelegen haben, in dem sie den Sprung eingeleitet hätte. Es ist, als hätte etwas sie überfallen, hätte sie abgeschaltet, hätte ihre Kommunikationssysteme blockiert und die Leute einfach mitgenommen.«
    Die Sandwiches wurden serviert. Ich versuchte meines, kaute eine Minute darauf herum und fragte Georg, ob er irgendeine Vorstellung davon hätte, wie es passiert sein könnte, abgesehen von überragenden technologischen Mitteln.
    »Sehen Sie, Chase«, sagte er, »da draußen muss etwas sein, das uns weit überlegen ist. Ich meine, aus eigener Kraft wären sie physisch nicht einmal imstande gewesen, das Schiff zu verlassen. Nicht ohne die Landefähre. Maddy hatte vier Druckanzüge an Bord. Sie waren immer noch da, als die Peronovski am Ort des Geschehens eingetroffen ist.«
    Draußen auf dem Gehweg zeichnete ein reisender Künstler eine junge Frau. Sie trug einen Strohhut mit breiter Krempe und posierte brav mit einem hübschen Lächeln auf den Lippen. »Georg«, fragte ich, »wäre es möglich, dass eine Art Virus oder Krankheit sie alle in den Wahnsinn getrieben hat?«
    Zweijunge Frauen in durchsichtigen Kleidern schlenderten vorüber, gefolgt von einer Horde Männer. »Schockierend, wie sich die Leute heutzutage kleiden«, kommentierte Georg lächelnd, und seine Augen folgten den Frauen ununterbrochen, bis diese am Fenster vorbeigegangen waren. »Alles ist möglich, nehme ich an. Aber selbst wenn etwas in dieser Art geschehen wäre, selbst wenn sie durch irgendeinen Bazillus oder desgleichen den Verstand verloren hätten, der für die Säuberungsmannschaft später nicht mehr erkennbar war, was dann? Das erklärt immer noch nicht, wie sie das Schiff verlassen konnten.«
    Der Tee war gut. Ich lauschte dem Donnern der Brandung, ein solides, reales und beruhigendes Geräusch.
    »Nein«, fuhr er fort. »Die Anzüge waren immer noch dort. Wären sie durch eine der Luftschleusen hinausgegangen, wären sie schon tot gewesen oder binnen weniger Sekunden gestorben. Waren Sie je auf einem Schiff, Chase?«
    »Gelegentlich.«
    »Die Außenluke rührt sich nicht, bis der Luftdruck in der Schleuse auf null abgesunken ist. Wer auch immer versuchen würde, das Schiff ohne einen Druckanzug zu verlassen, wäre schon in sehr schlechter Verfassung, noch bevor die Außenluke sich überhaupt öffnen würde. Aber nehmen wir einmal an, er hält den Atem an und kümmert sich nicht darum, dass es um ihn herum ein bisschen ungemütlich wird. Er springt raus. Stößt sich kräftig ab. Sagen wir, ein Meter pro Sekunde. Die Peronovski ist sechs Tage später dort eingetroffen. Wie weit ist unser Springer dann entfernt?«
    »Nicht sehr weit«, räumte ich ein.
    Georg zog sich eine Serviette heran, nahm einen Stift aus der Tasche und fing an zu schreiben. Als er fertig war, blickte er auf. »Ich komme auf maximal fünfhundertachtzehn Kilometer. Runden wir es einfach auf sechshundert auf.« Er ließ den Stift fallen und sah mich an. »Das liegt auf jeden Fall innerhalb der Reichweite der Sensoren der Peronovski.«
    »Haben Sie eine Suche durchgeführt?«
    »Sicher. Aber ergebnislos.« Er seufzte, und ich fragte mich, wie oft er in den letzten sechzig Jahren wohl darüber nachgedacht hatte und ob er sich wohl je für einen ganzen Tag davon hatte freimachen können. »Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, ich hätte behauptet, was mit der Polaris geschehen ist, wäre gar nicht möglich.« Er bestellte einen Limonensaft und starrte schweigend zum Fenster raus, bis er serviert wurde.
    »Als sie das Schiff zurückgebracht haben, haben Sie da

Weitere Kostenlose Bücher