Polaris
wie die Wellen ausrollten und im Sand versickerten. »Hat es auf der Polaris eine leere Kabine gegeben?«
»Sie wollen wissen, warum nur sechs Passagiere an Bord waren, nicht sieben?«
»Das ist dieselbe Frage. Aber, ja, das will ich wissen.«
»Das ist leicht erklärt. Die achte Kabine war für mich reserviert. Ich hatte die Absicht mitzufliegen.«
»Für Sie?«
Er nickte.
»Dann haben Sie Glück gehabt. Aber warum haben Sie sich anders entschlossen?«
»Im Büro ist irgendetwas vorgefallen, ich weiß nur nicht, was das war. Ich wurde nie darüber informiert. Ich, der Avatar. Was auch immer los war, ich sah mich jedenfalls gezwungen, den Flug abzusagen.«
»In letzter Minute.«
»Ja. Wir waren im Begriff, an Bord zu gehen.«
Ich bedrängte ihn, mir eine Erklärung zu liefern, aber er erwiderte beharrlich, er hätte keine. Was auch immer geschehen war, Taliaferro hatte es für sich behalten. Und ich erinnere mich, gesehen zu haben, dass der Direktor den Abfertigungsbereich von Skydeck überstürzt verlassen hatte. »Dr. Taliaferro, wie steht es mit Ihrem Verschwinden? Warum hätten Sie einfach so davongehen sollen, wie Sie es getan haben?« Ich sollte vielleicht erwähnen, dass dies natürlich eine rhetorische Frage war, auf die ich sicher keine Antwort erhalten würde. Dieser Taliaferro war ein Produkt dessen, was über den echten Mann bekannt war. Er war folglich nur das Abbild der Rolle, die der echte Taliaferro in der Öffentlichkeit gespielt hatte. Ich war nicht enttäuscht.
»Das ist sonderbar, nicht wahr?«
»Ja. Was halten Sie davon?« Was machte es schon, noch ein wenig auf diesem Punkt herumzureiten. Ich hatte gehört, wie ihm diese Frage bereits bei der Tagung gestellt worden war, aber die Atmosphäre an diesem Strand war angenehmer. Wir waren allein und befanden uns in einer erfreulichen Umgebung, ein krasser Gegensatz zu den Bedingungen in dem Tagungsraum.
»Ich muss davon ausgehen, dass ich in irgendeine üble Sache verstrickt worden bin. Es hat Leute gegeben, die mich tot sehen wollten.«
»Zum Beispiel?«
»Barcroft. Tulami. Yin-Kao. Charlie Middleton, um Gottes willen. Es sind zu viele, um sie alle namentlich aufzuzählen. Aber das findet sich alles in den Akten. Sie werden es leicht finden können, falls es Sie wirklich interessiert. Ich bin zu meiner Zeit vielen Leuten auf die Zehen getreten.«
»Und war darunter jemand, der bereit gewesen wäre, Sie umzubringen?«
Er dachte über die Frage nach. »Nein«, antwortete er schließlich. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber es scheint, als hätte mich jemand kalt gemacht.«
»Als sie bei der Tagung waren, haben Sie erwähnt, dass Sie Ihren Schreibtisch aufgeräumt hätten an diesem letzten Tag. Sie haben gesagt, das wäre außergewöhnlich.«
»Habe ich das gesagt?«
»Ja, das haben Sie.«
»Vielleicht habe ich ein bisschen übertrieben. Um Eindruck zu machen. Ich meine, wenn man bei einer Tagung auftritt, hat das immer auch ein bisschen mit Showbusiness zu tun, nicht wahr?«
»Und Sie haben all Ihre Bankkonten abgeräumt.«
»Ja. Tja, das hört sich an, als hätte ich geplant zu verschwinden.«
»Ist es möglich, dass Sie Selbstmord begangen haben?«
»Ich hatte alles, was ich zum Leben brauchte. Ich hatte einen guten Job, war noch relativ jung, gerade in den Sechzigern, und bei guter Gesundheit. Ich war in einer Position, in der ich viele Projekte und dergleichen unterstützen konnte, die auf Hilfe angewiesen waren.«
»Welche Projekte?«
» Damals habe ich mich für die Bemühungen engagiert, die öffentliche Bildung zu verbessern. Und ich habe der Kern-Gruppe geholfen, Spenden zu sammeln.« Die Kern-Gruppe war eine gemeinnützige Organisation, die freiwillige Helfer und Material an Orte wie Talios schickte, Orte, an denen Hungersnot herrschte (Talios lag natürlich nicht auf Rimway. Auf Rimway gibt es nicht viele Menschen, die auch nur eine Mahlzeit auslassen mussten.) »Und ich hatte gerade erst eine Frau kennen gelernt.«
Ivy Cumming. Nach Taliaferros Verschwinden hatte Ivy ein paar Jahre gewartet, ehe sie aufgegeben und einen Akademiker geheiratet hatte. Später gebar sie zwei Kinder, und sie lebte noch immer.
»Nein«, sagte er. »Man hat mich in einen Hinterhalt gelockt. Mir ist klar, wie diese Sache mit den Konten aussehen muss; aber ich glaube trotzdem nicht, dass ich freiwillig aus dem Leben geschieden bin.«
Kurz nach dem Bombenanschlag hatte ich Windy in ihrem Appartement besucht, um zu sehen, wie es
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