Polaris
stehlen?«
»Nein.« Alex Stimme klang besänftigend. »Ich denke nicht, dass etwas in der Art geschehen wird. Aber falls doch, sollten Sie nicht versuchen, ihn aufzuhalten.«
»Ist er gefährlich?«, fragte Ida.
»Ich bin überzeugt, er ist harmlos, Ida. Chase wird bei Ihnen sein, also sollten Sie vollkommen sicher sein.« (Ja, und wie!) »Und ich werde gleich hinter dem Vorhang warten. Sie sollten sich dennoch der Tatsache bewusst sein, dass er nicht der ist, der er vorgibt zu sein.«
»Sind Sie sicher?«
»Nun, lassen Sie es mich so sagen: Falls er die Person ist, für die wir ihn halten, dann benutzt er jedes Mal, wenn wir von ihm hören, einen anderen Namen.« Er schlug vor, dass sie ihre KI anweisen sollte, eine audiovisuelle Aufzeichnung der Begegnung anzufertigen.
Wir hatten beschlossen, dass Alex außer Sicht bleiben sollte, weil die Möglichkeit bestand, dass unser Besucher ihn kannte. Er war eine Figur des öffentlichen Lebens und leicht wieder zu erkennen. Also blieb nur ich übrig, was vermutlich auch keinen Unterschied machte.
Ida wirkte verunsichert. »Was denken Sie, wird er tun?«, fragte sie.
»Ich denke, er wird sich den Overall ansehen, Ihnen erzählen, wie sehr er ihn bewundere und Ihnen vielleicht ein Angebot machen.«
»Wie soll ich reagieren, falls er das tut?« Ihre Stimme verriet, dass sie dem Geist des Geschehens allmählich doch noch erlag.
Alex dachte über die Frage nach. »Mir wäre es am liebsten, Sie würden ihm danken und sagen, Sie könnten das Angebot nicht annehmen. Der Overall sei nicht zu verkaufen.«
»Okay.« Wir gingen in den Salon und öffneten die Vitrine, in der Ida Maddys Overall verwahrte. Wie bei uns war Maddys Name klar und deutlich zu erkennen. Ida entfernte den Overall und ersetzte ihn durch die Fälschung, die sie ebenso sorgfältig arrangierte wie zuvor das Original. »Das ist aufregend«, sagte sie.
Vorsichtig faltete sie das Original zusammen und legte es in eine Truhe, die mit einer Flickendecke abgedeckt war. »Eigentlich bin ich beinahe enttäuscht, nachdem Sie gesagt haben, er würde nicht einfach versuchen, den Overall zu stehlen und davonzulaufen.«
»Tut mir Leid«, erwiderte Alex. »Vielleicht können wir ihn ja überreden…«
»Falls er doch etwas versucht«, fuhr sie fort, »bin ich mit einem Sonosound ausgerüstet.«
»Ist das nicht illegal?«, fragte Alex. Idas KI konnte einen Eindringling mit gerichtetem Schall niederstrecken. Diese Technik galt als tödlich, und einige Anwender waren wegen fahrlässiger Tötung angeklagt worden.
»Falls es ein Problem gibt«, sagte sie, »ist es mir lieber, ich bin die Person, die am Ende vor dem Richter stehen wird.«
Marcus Kiernan landete in seinem einfachen grauen Thunderbolt um exakt sieben Uhr auf der Landeplattform. Das Modell war schon drei Jahre alt. Die Kinder, die gesehen hatten, wie unsere Sachen in den Fluss geworfen wurden, hatten den Gleiter nicht erkennen können, weil es dunkel war. Aber sie hatten gesagt, er wäre grau gewesen.
Ich sah zu, wie sich die Kabinentür öffnete und unser Knabe buchstäblich hinaushüpfte. Er sah sich auf dem manikürten Grundstück um, musterte den See und machte sich über den gepflasterten Gehsteig auf den Weg zum Haus.
Ida und ich waren ins Wohnzimmer zurückgekehrt und saßen unter dem Werk eines Malers, von dem ich noch nie gehört hatte. Alex hatte sich hinter den Vorhang verzogen. Die KI, die auf den Namen Henry hörte, verkündete, dass Dr. Kiernan eingetroffen sei. Ida instruierte Henry, ihn hereinzulassen. Die Vordertür öffnete sich, und wir hörten ihn eintreten. Er sprach kurz mit der KI und betrat gleich darauf das Wohnzimmer.
Er war nicht einmal so groß wie ich. Zwar bin ich tatsächlich größer als viele Männer, aber Kiernan reichte mir nicht einmal bis zu den Ohren. Er sah gepflegt aus und machte den Eindruck eines gesetzestreuen Mannes, dem man instinktiv vertrauen wollte. Mein erster Gedanke war, dass wir uns in Bezug auf ihn geirrt haben mussten, dass dies nicht der Mann war, den wir suchten. Aber dann dachte ich daran, wie ich auf den Mazha reagiert hatte.
Kiernan erinnerte mich an jemanden, aber ich wusste einfach nicht an wen. Er besaß ein offenes Lächeln und freundliche grüne Augen, die ein bisschen zu weit auseinander standen. »Ms. Patrick«, sagte er. »Guten Abend. Ein schönes Haus haben Sie.«
Ida streckte die Hand aus. »Danke, Doktor. Chase, das ist Dr. Kiernan. Doktor, Chase Kolpath, mein Hausgast.«
Er
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