Polarsturm
Kopf des Mannes auftauchte. Als sich sein Widersacher nicht von der Stelle rührte, beschloss er, die Bremskraft der Bordwand auf die Probe zu stellen, senkte den Lauf ein Stück und drückte ab.
Die Kugel durchschlug die alten Planken und bohrte sich in den Wadenmuskel des Mannes, der dahinter kauerte. Doch dieser hatte auf den Schuss bereits reagiert und richtete sich mit angelegter Maschinenpistole auf. Der zweite Schütze, der sich drei Meter neben ihm befand, tat es ihm gleich.
Pitt entdeckte die beiden Männer im Pulverdampf und duckte sich sofort. Doch als er sich zurückzog, ergriff er die Pistole, die auf der Sprosse lag, hob den Arm, richtete den Lauf auf den zweiten Söldner und drückte ab.
Im gleichen Moment wurde das Deck rundum von Kugeln aufgerissen, und ein Splitterhagel prasselte auf ihn ein. Aber er hörte auch, dass nur noch eine Maschinenpistole feuerte. Leicht benommen stieg er nach unten und wandte sich an Giordino, der gerade mit zwei Pistolen und einer Purdey-Schrotflinte auf dem Weg nach oben war.
»Ich glaube, ich habe einen von ihnen erwischt«, sagte er.
Giordino hielt inne, als er eine Blutlache bemerkte, die sich neben Pitts Füßen ausbreitete.
»Du bist getroffen.«
Pitt blickte nach unten, dann hob er den rechten Arm. Ein V-förmiges Loch befand sich im Ärmel seines linken Unterarms, aus dem ein steter Blutstrom sickerte. Pitt drückte auf seine Hand, in der er noch immer die Pistole hielt.
»Der Knochen ist heil geblieben«, sagte er.
Er streifte die Wolljacke ab, worauf Giordino neben ihn trat und den Ärmel seines Pullovers aufriss. Die Haut seines linken Unterarms wies zwei hässliche Löcher auf, aber allem Anschein nach hatten die Kugeln weder Knochen noch Nerven getroffen. Giordino riss in aller Eile ein paar Streifen von Pitts Pullover und schlang sie um die Wunde, dann half er Pitt wieder in seine Jacke.
»Ich lade nach«, sagte Pitt, dessen Gesicht allmählich wieder etwas Farbe annahm. Er biss die Zähne zusammen und schaute Giordino mit wild entschlossenem Blick an.
»Mach sie fertig.«
82
Zak war hinter der Bordwand in Deckung geblieben, als sich seine beiden Männer aufrichteten und schossen. Er nutzte den Feuerschutz, den sie ihm gaben, stand auf, rollte sich über die Bordwand und stürmte quer über das Deck zum vereisten Fockmast hinüber. Dann schaute er nach hinten, stellte aber fest, dass er keinen Schuss auf den Niedergang abgeben konnte, da ihm ein mittschiffs aufragender Hügel aus Eis die Sicht versperrte.
Das ist doch absurd, dachte er, dass wir von Männern aufgehalten werden, die mit hundertfünfzig Jahre alten Knarren bewaffnet sind. Aber er musste ihre Raffinesse bewundern, die seinen Sicherheitsleuten allem Anschein nach fehlte. Er hielt nach einer günstigen Position Ausschau, von der aus er schießen konnte. Als er aber keine fand, suchte er einen Wag nach unten. Er bemerkte die vordere Luke, stellte jedoch fest, dass deren Deckel unter einer fünfzig Zentimeter dicken Eisschicht lag, und einen anderen Niedergang gab es auf dem Vorschiff nicht. Dann blickte er nach oben und sah, dass der Fockmast schräg aufragte. Eine Rah hatte sich am Hang verkeilt und den Mast nach Steuerbord gezogen, wobei das Deck aufgerissen und ein Spalt entstanden war, etwa einen halben Meter breit.
Hätte Zak in diesem Moment nach hinten geblickt, hätte er vielleicht gesehen, dass sein zweiter Begleiter tödlich getroffen wurde, und sich seine nächste Aktion noch einmal überlegt. Aber er war in Gedanken bereits drei Schritte weiter, als er seine Glock in die Tasche steckte, sich durch den Spalt im Deck schob und fallen ließ.
Giordino kletterte vorsichtig die Leiter hinauf und warf einen kurzen Blick über den Rand. An Deck war alles ruhig, und er sah keinerlei Bewegung. Dann hörte er einen Schrei, der irgendwo in der Nähe ausgestoßen wurde, aber nicht an Bord des Schiffes. Mit gespannter und schussbereiter Schrotflinte kroch er aus dem Niedergang und trat vorsichtig an die Bordwand.
Er sah zwei Leichen, die rücklings neben dem Rumpf auf dem Eis lagen, der eine mit offenen Augen inmitten einer Blutlache, der andere mit einem Loch in der Stirn, wo ihn Pitts Pistolenkugel getroffen hatte. Giordino entdeckte einen dritten Mann unten am Strand, der um Hilfe rief. Er hielt sich das Bein, hinkte und hinterließ eine dünne Blutspur.
Giordino hörte ein Geräusch hinter sich, drehte sich um und sah, wie Pitt unsicher aus dem Niedergang stieg, eine Pistole in
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