Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Rennen auch immer ein Spektakel, einheimische Fahrer-Größen aber fehlten lange. Beim Großen Preis von Deutschland 1989 auf dem Hockenheimring wirkten vier Deutsche mit: Christian Danner, Bernd Schneider, Volker Weidler, Joachim Winkelhock. Keiner kam ins Klassement. Als zwei Jahre später Ähnliches geschah, handelte der Allgemeine Deutsche Automobilclub ( ADAC ): Er startete eine Nachwuchsformel. Der Aufwand war überschaubar. Die einfache Karosserie, die von einem Motorradmotor angetrieben wurde, gab es für 29000 Mark.
1997 stieg BMW in die Serie ein. Die Firma baute das Auto und lieh der Serie ihren Namen: Formel BMW . Mercedes hatte sich schon Jahre zuvor dem Rennfahrer-Nachwuchs zugewandt. Die Marke mit dem Stern drängte es zurück in die Königsklasse des Motorsports. Dafür suchte sie deutschsprachige Talente. Ausgewählt wurden Michael Schumacher und Fritz Kreutzpointner sowie der Österreicher Karl Wendlinger. Sie durften die 900 PS starken Wagen der Firma in der Sportwagen- WM pilotieren. Ihr Fahrlehrer: Jochen Mass, der von 1973 bis 1982 in der Formel 1 angetreten war. Die Aktion wurde von einer Anzeigenkampagne begleitet. Auf einem Foto waren Schumacher, Kreutzpointner und Wendlinger mit jugendlich-glatten Gesichtern zu sehen, darunter stand die Frage: »Würden Sie diesen Männern Ihren Mercedes anvertrauen?« Das Projekt glückte. Wendlinger und Schumacher schafften den Sprung in die Formel 1. Als sich dem Kerpener 1991 die Chance bot, eines der begehrten Cockpits zu ergattern, aber Geld fehlte, schoss Mercedes eine ordentliche Summe zu. Bei seinem Debüt in Spa-Francorchamps war Michael Schumacher der einzige Deutsche in der Startaufstellung, eine Ausnahmeerscheinung. In den folgenden Jahren änderte sich das grundlegend. Heinz-Harald Frentzen und Ralf Schumacher folgten. Seit 1997 wirkten immer mindestens drei Deutsche mit, 2010 waren es sogar sechs. Dem Briten Max Mosley, der dem Automobilweltverband FIA lange vorstand, ist dazu der Spruch eingefallen: »Mit den Deutschen in der Formel 1 ist es wie mit den Bussen in London: Du wartest ewig auf einen. Und plötzlich kommen vier.« Schumachers erster WM -Titel 1994 beschleunigte den Boom. Plötzlich war es in, mit seinem Kind auf die Kartbahn zu gehen. Und viele Firmen legten ihre Scheu vor dem Rennsport ab. Selbst die Deutsche Post gründete eine Rennfahrerakademie. Auch die Formel BMW reüssierte. In Asien und Amerika wurden Ableger der Nachwuchsserie gegründet, in Europa trat sie schließlich als Rahmenrennen bei der Formel 1 an. Mit den Jahren stieg allerdings auch der Aufwand. Am Ende kostete es etwa 350000 Euro pro Saison, um ganz nach vorne zu kommen. Als die Vettels 2002 vor der Hürde stehen, ist sie noch nicht ganz so hoch: 48500 Euro. So viel kostet ein Formel- BMW -Auto des Baujahres 2003. Gerhard Noack hilft.
Ausscheidungsfahren
Für das Geld gibt es ein Auto, das vorne und hinten Flügel trägt, die aus der Ferne aussehen wie die an einem Formel-1-Wagen, nur schlanker. Im Heck ein Motorradmotor, der 140 PS entfesselt. Das reicht, um die 455-Kilogramm-Autos auf Geschwindigkeiten zu bringen, die wirklich schon der Rede wert sind: 230 km/h. Ein sequenzielles Längsgetriebe mit sechs Gängen. Einzelradaufhängung über Doppelquerlenker mit Schubstrebe. Außerdem ein Lenkrad, an dem sich der optimale Schaltzeitpunkt ablesen lässt, die Drehzahl, die Wassertemperatur, der Öldruck und die letzte Rundenzeit. Anders als im Kart heißt es deshalb: Nicht nur auf die Straße schauen. Außerdem gibt es eine Datenaufzeichnung. Kurz: ein Sportgerät, das schon einiges an Erfahrung benötigt, an dem sich aber auch noch viel lernen lässt. 2003 soll es für Sebastian Vettel damit losgehen, aber schon im August des Jahres zuvor steht eine wichtige Weichenstellung an. BMW hat 46 Fahrer zu einer Sichtung eingeladen. Es geht nach Valencia in Spanien. Zu einem Ausscheidungsfahren. Die besten 23 kommen weiter und dürfen im September noch einmal kommen. Wieder nach Valencia. Zu einem zweitägigen Seminar mit einem theoretischen und einem praktischen Teil. In der Theorie geht es darum, die Ideallinie zu finden. In der Praxis um Start-und Bremsübungen. Und um Rundenzeiten. Am Ende sollen acht Kandidaten ausgewählt werden, denen ein spezielles Programm zuteil wird. Chef der Motorsportabteilung ist Mario Theissen, Jahrgang 1952. Er kennt Sebastian Vettel schon. Der Kartfahrer hat sich ihm bei einem Rennen vorgestellt: »Hallo, ich heiße Sebastian
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