Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
viel, offerieren im Gegenzug langfristige Verpflichtungen – und sind am Ende doch auf eines aus: den eigenen Schnitt. Mit Noack haben die Vettels Glück. Es wird ein Miteinander auf Augenhöhe. Noack verpachtet seinen Karthandel und legt los. Nicht, dass sich über Nacht alles ändert. Es sind Kleinigkeiten, an denen der Wandel zu erkennen ist: Die angesagtesten Flitzer kommen von der Firma Tony Kart. Noack schenkt Sebastian Vettel ein T-Shirt der Marke. Der platzt fast vor Stolz. Jetzt, fühlt er, gehört er dazu. Die Außenseiter sind angekommen. Anfang 1998 findet Sebastian Vettel eines Tages eine Notiz am Tisch in seinem Kinderzimmer. Noack ist fündig geworden. Die Firma Red Bull hat Unterstützung versprochen, 5000 Mark. Es ist der zarte Beginn einer Beziehung, die noch sehr wichtig werden sollte. Außerdem, er fährt immer noch bei den »Bambini«, rückt Sebastian Vettel in das Kartteam auf, an dem Noack beteiligt ist. Die Rennen, zu denen er antritt, organisiert der Deutsche Motorsport Verband ( DMV ). Es gibt Landesmeisterschaften und eine Bundesmeisterschaft. In den Ergebnislisten stehen vor dem Namen Sebastian Vettel nur wenige unterschiedliche Ziffern:
1995
1. DMV Landesmeisterschaft Süd,
2. DMV Bundesmeisterschaft
1996
1. DMV Landesmeisterschaft Süd,
1. DMV Bundesmeisterschaft
1997
1. DMV Landesmeisterschaft Süd,
1. DMV Bundesmeisterschaft
1998
1. Landesmeisterschaft Süd, 1. Einladungsrennen
um den Goldpokal, 1. NRW -Cup,
1. Meister des Kart-Club Kerpen-Manheim
Eine besondere Begegnung
Ungefähr zu dieser Zeit wird noch jemand auf das Talent aufmerksam: Michael Schumacher. Er ist damals bereits zweimal Weltmeister, mit Benetton. Mit Ferrari jagt er den Erfolg noch, aber gelegentlich zieht es ihn zurück zu den Wurzeln, nach Kerpen, an den Erftlandring. Es ist ein trüber Tag, als er sich dort zusammen mit seinem einstigen Förderer Gerhard Noack ein Bambini-Rennen anschaut. Pokerwetter. Alle Starter stehen vor der Frage: Auf Nummer sicher gehen und Regenreifen aufziehen? Oder sich mit Slicks loswagen? Sebastian und Norbert Vettel setzen auf Risiko und ziehen profillose Reifen auf. Im Trockenen bieten die mehr Haftung. Aber wehe, es regnet. Dann wird das Kart zur Seifenkiste, es schlingert und rutscht und ist so schwer zu bändigen wie ein junger Mustang. Plötzlich setzt tatsächlich Regen ein. Und für Sebastian Vettel wird aus dem Spaß ein Kampf. Er ist einer von wenigen, die auf Slicks unterwegs sind. Und er ist der Einzige, der trotz des Nachteils mithalten kann. Michael Schumacher winkt ihn als Zweiten ab. Bei der Siegerehrung begegnet Sebastian Vettel seinem Idol voller Ehrfurcht. Aber etwas fällt ihm auf: Obwohl rund hundert Kinder am Start sind und jedes einen Pokal bekommt, bleibt Schumacher bis zum Schluss. Der wiederum merkt sich den Namen des Talents. In den kommenden Jahren werden sich die Wege der beiden noch häufiger kreuzen, was auch daran liegt, dass Sebastian Vettel jetzt oft dort übt, wo Schumacher herkam: in Kerpen. Gut zweieinhalb Stunden dauert die Anreise. Aber die Vettels kommen häufig. Und Sebastian Vettel fährt viel. Schon frühmorgens, auch wenn das Wetter schlecht ist. Und auch noch spät am Abend, wenn die Sonne untergegangen ist und manch anderer schon meint, es sei zu dunkel. Die Szene ist überschaubar. Sebastian Vettel wächst hinein. So entsteht eine Bindung zu Michael Schumacher, die keine Freundschaft ist. Aber etwas Ähnliches.
Kleines Auto, große Wirkung
Urloffen, Niedergörsdorf, Oppenrod, Ampfing, Lohsa, Liedolsheim: Kart-Rennen finden selten in Metropolen statt. Sebastian Vettels Laufbahn beginnt in der Provinz. Einmal nimmt ihn sein Vater mit zum Formel-1-Rennen an den Hockenheimring, von Heppenheim aus ist es ja nicht weit. Es wird ein ernüchterndes Erlebnis. Es regnet. Die Naturtribüne, auf der die beiden stehen, ist matschig. Gelegentlich taucht ein Auto aus der Gischt auf, schießt blitzschnell vorbei und verschwindet wieder mit heulendem Motor. Es ist bloß Training. Und es hat wenig von Glanz oder Glamour. Es einmal so weit bringen zu können, in diesem Kreis mitzumischen, ist damals noch kein Thema. Sebastian Vettel startet seine Reise ohne Ziel.
Bei Michael Schumacher war das ähnlich. Die Formel 1 war für ihn unendlich weit weg. Er hatte ja noch nicht einmal Autoquartett gespielt. Teure Autos kamen in der Welt, in der er aufwuchs, schlicht nicht vor. Gelegentlich fuhr sein Kart auf Reifen, die andere auf den Müll geworfen
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