Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Sebastian Vettel als Sieger ins Ziel fährt, sagt er: »Es sieht gut aus.« Dann beginnt er die Fahrer aufzuzählen, die über die Linie kommen: »Hamilton.« »Button.« »Rosberg.« »Kubica.« Sebastian Vettel weiß, irgendwann muss auch »Alonso« kommen. Aber »Alonso« kommt nicht. Stattdessen kommt ein Satz auf Deutsch: »Du bist Weltmeister!« Die Botschaft ist überwältigend. Mit schriller Stimme schluchzt Sebastian Vettel zurück: »Uuuuiaa … danke, Jungs … iuuuu … aaaa … unglaublich … danke …ich liebe euch.«
Kleiner Mann, big business
Die Formel 1 ist nicht nur ein Sport. Sie ist auch ein riesiges Geschäft. Zum Blühen gebracht hat es ein kleiner Mann: Charles Bernhard – genannt Bernie – Ecclestone, der im Oktober 1930 in Suffolk in einem Elternhaus geboren wurde, in dem es keine Toilette und kein fließendes Wasser gab, aber strikte Regeln für Sauberkeit. In dem nie Geburtstagspartys geschmissen wurden und seine Mutter Bertha ein rigides Regime führte. Vater Sidney fuhr als Fischer zur See. »Mach das Beste aus dem, was du hast«, war einer der Grundsätze, die bei den Ecclestones galten. Ein anderer lautete: »Verschwende nichts, aber kaufe immer das Beste, das du dir leisten kannst!« Aber zu kaufen gab es ohnehin wenig. Als Ecclestone zur Schule ging, herrschte Krieg, und die Not, die er brachte, zwang zum Tauschhandel. Für manche war der ein Gräuel. Für Ecclestone nicht. Für ihn war er ein Sport, der ihm Lust bereitete. Als Erstes tauschte er die Milch und die Kekse, die in der Schule ausgegeben wurden. Dann tauschte er seine Spielzeuge. Schließlich seine Geburtstagsgeschenke. Solange der Deal lukrativ erschien, kannte er keine Hemmungen. Etwas zu bekommen, immer mehr zu bekommen – das brannte sich ein. Als Elfjähriger absolvierte Ecclestone jeden Tag vor der Schule zwei Runden, auf denen er Zeitungen austrug. Mit dem Geld kaufte er auf dem Schulweg Süßigkeiten, die er in der Schule weiterverkaufte – mit einer Gewinnmarge von 25 Prozent. Das Geld, das ihm das brachte, erlaubte es dem schmächtigen Jungen wiederum, sich etliche kräftige Freunde anzulachen, die ihm Ärger vom Hals hielten. In der Schule interessierte Ecclestone außer Mathematik wenig. Dass er nach dem Abschluss mit sechzehn bei den örtlichen Gaswerken anfing, war eine reine Verlegenheitslösung. Es dauerte nicht lange, und er wusste den Telefonanschluss, den ihm die Anstellung garantierte, ebenfalls lukrativ einzusetzen: zum Handel mit gebrauchten Motorrädern. Aus den Motorrädern wurden Autos. Und Immobilien. Mit dem Wert der Güter stieg auch der Profit. Ecclestone war früh ein gemachter Mann, einer, der es sich leisten konnte, seiner zweiten großen Leidenschaft zu frönen: dem Glücksspiel. Ecclestone ist kein Dagobert Duck. Keiner, der jeden Taler zweimal umdreht und Angst hat, auch mal zu verlieren. Es ist auch der Kitzel, der ihn lockt. Und wo wäre der größer als beim Motorsport? Es gab eine Zeit, in der träumte Ecclestone selbst von einer Karriere als Rennfahrer. Er nahm an Wettfahrten teil, auf zwei und auf vier Rädern. An Mut mangelte es ihm nicht. Aber an der Sehschärfe. Auf einem Auge ist er so gut wie blind. Das Milieu aber faszinierte ihn und als er es sich 1972 leisten konnte, das Formel-1-Team Brabham zu übernehmen, nahm sein Leben eine neue Richtung. Die Formel 1 war damals schon die Königsklasse des Automobilrennsports. Aber in ihrem Inneren glänzte wenig. Die Autos wurden in verschmierten Garagen gewartet. Jedes Team handelte sein Startgeld selbst mit den Rennstreckenbetreibern aus. Mit den Fernsehrechten wurde kaum etwas erlöst, Marketing war unbekannt. Instinktiv erkannte Ecclestone das Potenzial. Wenn ihr mich für alle verhandeln lasst, kommt am Ende für alle mehr heraus: So brachte er die Teams hinter sich. So legte er den Grundstein für die Struktur, die einen allgemeinen Aufschwung brachte und ihm selbst einen märchenhaften Reichtum, dessen Dimension erst jüngst wirklich bekannt wurde: Als die Formel 1 an die Börse strebte. Mehr als 1,4 Milliarden Dollar nahm die Serie 2009 und 2010 ein. Antrittsgeld, TV - und Sponsoren-Einnahmen – die Quellen sprudeln üppig, und im von Ecclestone geknüpften Firmennetz bleibt einiges hängen. Rund 500 Millionen Dollar jährlich, das zumindest behauptet ein Prospekt, mit dem eine asiatische Großbank bei Investoren für die Formel 1 wirbt. Motorsport – das ist big business. Und wer in dem Geschäft bestehen will,
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