Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
sollte wenig Skrupel haben. Für Bernie Ecclestone ist das offenbar kein Problem. 44 Millionen Dollar ließ er dem Deutschen Gerhard Gribkowsky zukommen, als dieser noch Risikovorstand der Bayerischen Landesbank war und diese Formel-1-Anteile hielt, die sie loswerden wollte. »Bestechungsgeld« sei das gewesen, gestand Gribkowsky 2012 in einem Verfahren vor dem Landgericht München, das ihn zu achteinhalb Jahren Haft verurteilte. Ecclestone weist diese Darstellung zurück. Er habe Gribkowsky mit dem vielen Geld bloß ruhigstellen und so Ärger mit den Steuerbehörden vermeiden wollen. Eine Causa, die tief blicken lässt in so manche Gewohnheit, die bei Geschäften an der Rennstrecke offenbar üblich ist.
Geschäftig
Dabei ist der Motorsport inzwischen ein richtiger Industriezweig. Allein in Großbritannien gibt es rund 4500 Unternehmen, die ihr Geld als Zulieferer verdienen. Etwa 40000 Jobs hängen direkt an dieser Industrie. Die Formel-1-Teams, die im Land ihren Sitz haben, müssen im Companies House in London ihre Budgets offenlegen. Dort ist zu lesen, wie viel Geld Red Bull 2010 für seinen Rennstall bewegt: mehr als 330 Millionen Euro. Wer Erfolg hat, verdient aber auch viel. Die Beteiligung an den Einnahmen, die Bernie Ecclestone mit der Vermarktung der kommerziellen Rechte erlöst, ist gestaffelt. Der Sieg in der Teamwertung bringt 2010 gut sieben Millionen Euro. Große Sponsoren sind bereit, pro Jahr mehr als 50 Millionen Euro zu überweisen, damit ihr Logo auf dem Auto prangt und ihre Firma in den Namen des Teams aufgenommen wird. Die Aufmerksamkeit, die Formel-1-Erfolge erregen, rechtfertigt solche Summen. Mercedes hat ermittelt, welchen Werbegegenwert der Marke die Verpflichtung von Michael Schumacher brachte. In den ersten vier Wochen nach der Ankündigung des Comebacks im Dezember 2009 betrug er in Deutschland und vier anderen Kernmärkten zusammen rund 20 Millionen Euro. Populäre Rennen wie das in Melbourne locken an einem Wochenende mehr als 250000 Zuschauer. Weil so viele Menschen eine ganze Stadt und manchmal sogar ein ganzes Land beleben können, sind Grand-Prix-Veranstalter wie in Singapur bereit, schätzungsweise mehr als 30 Millionen Euro Startgeld zu bezahlen, damit die Formel 1 vorbeischaut. Auch die Zuschauerzahlen am Fernsehen sind gewaltig. Seit 1995 verfolgten die Formel-1-Übertragungen beim deutschen Sender RTL im Jahresschnitt nie weniger als fünf Millionen Menschen. Von 2009, als Sebastian Vettel den Titel knapp verpasste, auf 2010, als er ihn knapp gewinnt, steigt der Wert um rund 20 Prozent. Für das Jahr darauf hebt der Sender den Preis für Werbespots während der Rennen gleich deutlich an – um zum Teil 30 Prozent. Der Weltmeister steht mitten drin in diesen Turbulenzen. Der Schnellste und der Beste ist auch immer der Gefragteste. Sebastian Vettel bekommt das schnell zu spüren. Bis 4.30 Uhr bleibt er in Abu Dhabi auf der WM -Party in einer Disco mit Blick auf die Rennstrecke, um sechs Uhr geht es mit dem Auto zum Flughafen. Über München reist er nach Salzburg, wo ihn die nächste Party erwartet. Und ein Auftritt in einer Talksendung bei Servus TV , dem Sender, der ebenfalls zum Red-Bull-Imperium gehört. Am nächsten Tag geht es weiter: morgens Pressekonferenz, mittags Flug nach Milton Keynes und Feier mit den Mitarbeitern in der Rennwagenfabrik. Abends: zurück nach Abu Dhabi. Am Freitag und am Samstag nach dem Titelgewinn stehen dort schon wieder Testfahrten an. 2011 gibt es neue Reifen. Und Sebastian Vettel will es sich nicht nehmen lassen, die bei erster Gelegenheit gleich selbst auszuprobieren. Direkt von den Übungsrunden fliegt er zum Empfang in seine Heimatstadt Heppenheim. Und in diesem Stil geht es weiter: Für seinen Wegbegleiter BMW schaut er bei einer Talentsichtung in Cartagena in Spanien vorbei, bei einer Demonstrationsrunde am Brandenburger Tor lässt er sich in Berlin von 85000 Menschen feiern, beim Race of Champions jubeln ihm in Düsseldorf 50000 zu, in Baden-Baden wird er als Sportler des Jahres ausgezeichnet, als vierter Formel-1-Fahrer nach Karl Kling 1952, Wolfgang Graf Berghe von Trips 1961 und Michael Schumacher 1995 und 2004. Es sind aufregende Tage, so aufregende, dass Sebastian Vettel gelegentlich die Orientierung verliert. Manchmal wacht er im Flugzeug auf und weiß nicht mehr so recht, wo er gerade ist. Er genießt den Rummel. Aber er trifft auch eine Entscheidung: Sollte es ein nächstes Mal geben, will er weniger davon.
Bestwerte
Die
Weitere Kostenlose Bücher