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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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schickte ich tastende Gedanken in die finstersten Winkel im Geist des nachgemachten Tolnedrers aus. Es erstaunte mich doch sehr zu entdecken, daß das, was er auf der Welt am meisten fürchtete, mein Vater war! Damit hatte ich nicht gerechnet, aber mir war klar, daß es den Rest meines Vorgehens ein wenig leichter als erwartet gestalten würde.
»Mich dünkt, hier gehet etliches vonstatten, was ich nicht verstehe«, gab Kathandrion zu. Er wirkte verwirrt.
»Es ist eigentlich sehr einfach, Euer Gnaden«, weihte ich ihn ein. »Dieser Herr, der sich Haldon nennt ist in Wahrheit ein Murgo, dessen richtiger Name ziemlich unaussprechlich ist. Hilft das, die Dinge ein wenig zu verdeutlichen?«
»Aber er sieht nicht wie ein Murgo aus, Mylady.«
»Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Wir werden ihn bitten müssen, uns zu erklären, wie er das bewerkstelligt hat.«
»Sie lügt!« zischte der Murgo.
»Das ist höchst unwahrscheinlich«, entgegnete Kathandrion in kühlem Ton. Dann richtete er den Blick auf mich. »Es scheint als wisse er von Euch, Mylady.«
»Ja«, pflichtete ich ihm bei. »Augenscheinlich hat Ctuchik ihn vor mir gewarnt.« Ich musterte unseren Gast mit strengem Blick. »Nun kommen wir, fürchte ich, zum unangenehmeren Teil dieses Abends«, ließ ich ihn mit gespieltem Bedauern wissen. »Ziehst du es vor, uns hier und jetzt alles zu sagen, was du über den Plan deines Meisters weißt? Oder muß ich dich erst überreden? Du wirst mir sagen, was ich wissen will – am Ende. Wir können es so oder so machen – es liegt ganz bei dir.«
Sein Blick wurde zunächst ausdruckslos und war dann plötzlich haßerfüllt »Tu, was du willst, Hexenfrau«, sagte er verächtlich. »Ich bin ein Dagashi, und ich vermag jeder Folter zu widerstehen, die du dir ausdenkst«
»Ich bin ja so glücklich, daß du deine langweilige Maskerade hast fallenlassen«, sagte ich. »Oh, nebenbei bemerkt, laß mich dich von der Bürde jenes Messers befreien, das du unter deinem Umhang verbirgst. Wir wären so enttäuscht wenn du dich entschließen würdest, dich zu entleiben – ganz zu schweigen von der gräßlichen Schweinerei, die das auf dem Teppich anrichten würde.« Ich ließ den dreieckigen Dolch, den er unter seiner Kleidung versteckt hielt in meine Hände gleiten und untersuchte ihn neugierig. »Was für ein eigenartiges Gerät«, merkte ich mit einem leichten Stirnrunzeln an. »Aha, ich verstehe. Es handelt sich um ein Wurfmesser. Sieht sehr wirkungsvoll aus. Machen wir jetzt weiter, ja?« Ich blickte ihm eindringlich in die Augen, während ich meinen Willen sammelte. Ich gebe zu, daß ich in dieser Situation einen gewissen Vorteil auf meiner Seite hatte. Ich würde ihm das Bild von etwas vor Augen führen, das er fürchtete, aber falls es nichts fruchtete, war das Original nicht weit entfernt. Ich vollführte eine winzige Geste mit meiner rechten Hand, als ich meinen Willen freisetzte.

Ja, ich weiß, Vater. Vater rügt mich jetzt schon seit dreißig Jahrhunderten oder mehr wegen dieser kleinen Gesten, und ich ignoriere ihn ebenso lange. Es handelt sich in Wahrheit um eine Frage des Stils, und da ich diejenige bin, die es tut, tue ich es so, wie's mir gefällt. Jetzt wißt ihr es.

Diejenigen unter euch, die meinen Vater kennen, wissen, daß er vor allem ein Schauspieler ist. Das soll nicht heißen, er könnte nicht das Innere von Bergen nach außen stülpen, wenn ihm danach ist. Aber er macht alles mit einer dramatischen Geste, in einem großspurigen und flamboyanten Stil, der sehr beeindruckend ist. Sein Gesicht ist in Wirklichkeit nicht mehr als ein Werkzeug, und seine Mimik spricht Bände. Glaubt mir, ich habe all seine Gesichtsausdrücke im Laufe der Jahrhunderte aus nächster Nähe zu sehen bekommen, so daß die Illusion, die ich zur Unterhaltung unseres Murgos schuf, sehr lebensecht war. Zu Anfang war Vaters Miene streng und anklagend, und der Murgo wich davor zurück, während sein Gesicht aschfahl wurde und ihm die Augen aus den Höhlen traten.
Dann legte Vater die Stirn in Falten, und der Murgo stieß ein jämmerliches kleines Winseln aus und versuchte, seinen Kopf mit den Armen zu schützen.
Dann verzerrte das Illusionsgesicht meines Vaters sich zu einer Grimasse, die ich ihn vor dem Spiegel hatte einstudieren sehen, als er sich unbeobachtet glaubte. Seine Augen verengten sich, indem seine unteren Augenlider sich nach oben schoben, und dann legte er den Kopf kaum merklich in den Nacken, so daß es beinah schien, als

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