Polgara die Zauberin
asturischen Angelegenheiten herauszuhalten.
All diese Intrigen und Verschwörungen begannen mich zu ermüden. Ein guter Gaukler kann ein Dutzend farbenprächtige Bälle gleichzeitig in der Luft halten – so lange die Bälle nicht glatt sind. Mein Problem war, daß irgendein Spitzbube all meine Bälle mit Schmierseife eingeschmiert hatte.
Das Jahr 2325 ging ins Land und dem jährlichen Erastide entgegen, das das Ende des einen und den Beginn des nächsten Jahres ankündete. Im herzoglichen Palast zu Vo Wacune wurde, wie stets, eine Gesellschaft gegeben, an deren Höhepunkt der Kronprinz Alleran bekanntgab, seine Gemahlin Mayaserell erwarte einen Erben. Alles in allem war ich damit zufrieden. Wenigstens würde es keinen schmutzigen Streit um die Nachfolge im Herzogtum Wacune geben.
Im folgenden Frühling wurden die Unruhen in Asturien durch einen phänomenalen Bogenschuß von über zweihundert Fuß auf die Spitze getrieben. Da der Pfeil sein Ziel mitten in Olburtons Brust gefunden hatte, erregten sich die Gemüter in Asturien. Olburton hatte die Städte kontrolliert, wohingegen Nerasins Anhängerschaft sich eher aus dem konservativen Land rekrutierte. Kurz gesagt, Olburton hatten die Menschen, Nerasin das Land gehört. Dadurch herrschte eine Art Gleichgewicht, das ich gerne aufrechterhalten hätte, aber mit Olburtons Dahinscheiden war dieses Patt dahin. Nerasin griff Vo Astur nicht sogleich an, er konzentrierte sich statt dessen darauf, die kleineren Städte und Dörfer zu erobern. Im Frühsommer 2326 bildete Vo Astur eine Insel inmitten eines feindlichen Ozeans, und seine Situation war um so prekärer, als Olburtons Verwandte sich kleinlichem Gezänk und Geschacher hingaben. Der Ausgang war vorhersehbar. Im Frühherbst hatte Nerasin den Thron seines trunksüchtigen Onkels in Vo Astur zurückgewonnen.
Und das war der Zeitpunkt, an dem Asrana eingriff. Sie trübte die Wasser nach bestem Vermögen. Ich weiß nicht genau, wo sie den Ausdruck herhatte, aber sie war vollständig von dem Gedanken einer ›Destabilisierung der asturischen Regierung‹ besessen. Sie verfügte über genügend Kontakte in ihrer alten Heimat, die ihr dabei dienlich waren.
Es dauerte mehrere Monate, bis ich in Vo Wacune Nachricht von Asranas Aktivitäten erhielt. Sobald ich davon hörte, schickte ich Killane los, um einen großen Spiegel zu kaufen – »den größten, den du auftreiben kannst«. In Wahrheit plagte mich nicht die Sorge um mein Spiegelbild. Schließlich wußte ich, wie ich aussah. Killanes Einkauf war lediglich eine List, ihn lange genug aus dem Haus zu bekommen, um ihm zu entwischen. Diesmal wünschte ich keinen Begleitschutz. Ich gab ihm ungefähr eine Viertelstunde Zeit, sich in die Läden im Händlerbezirk von Vo Wacune zu stürzen, dann zog ich mich in meinen Rosengarten zurück, verbarg mich hinter einer Hecke vor neugierigen Blicken und wurde zum Falken. Ich wollte Vo Mandor erreichen, bevor Asrana weiteres Unheil anrichten konnte.
Der Abend senkte sich über die Befestigungsmauern von Mandorins Burg, als ich aus dem Nordosten angeflogen kam. Ich landete auf den Zinnen, schickte einen raschen Gedanken aus, um Asranas Aufenthaltsort ausfindig zu machen, und verwandelte mich dann zurück. Ich war verärgert, hatte aber noch nicht jenen Zustand erreicht, den man melodramatisch ›bitteren Groll‹ zu nennen pflegt. Ich nehme an, ›mittelschwerer Groll‹ wäre treffender. Zum Glück war Asrana allein. Verträumt bürstete sie ihr Haar, als ich auf sie herniederfuhr.
»Polly!« rief sie aus und ließ die Haarbürste fallen. »Ihr habt mich erschreckt!«
»In weniger als einer Minute werde ich Euch weit Schlimmeres antun, Asrana. Was um alle Welt glaubt Ihr, was Ihr dort in Asturien treibt?«
Ihre Augen wurden hart. »Ich destabilisiere Nerasin, sonst nichts. Glaubt mir, Polly, ich weiß genau, was ich tue. Nerasin hat bereits Angst, irgend jemand bei Hofe den Rücken zuzuwenden, ich weiß aus erster Quelle, daß er nie zwei Nächte hintereinander im selben Bett schläft. Ich habe imaginäre Verschwörungen in seinem Palast gesponnen wie Spinnweben. Er fürchtet sich davor, die Augen zu schließen.«
»Ich will daß Ihr sofort damit aufhört.«
»Nein, Polly«, widersetzte sie sich mir. »Das glaube ich nicht. Ich bin selbst Asturierin, und als solche kenne ich das asturische Naturell weit besser als Ihr. Nerasin ist nur an seiner eigenen kostbaren Haut interessiert, und deshalb wird er das Bündnis zwischen Wacune und Mimbre
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