Polgara die Zauberin
gesagt sein, Jungchen, meine Armee wird schon mit dem Hakenschlag'n aufhör'n tun, wenn's soweit ist.«
Nein, mit dem Gebrauch ihres Dialekts wollte ich mich nicht über sie lustig machen. Ich riß nur ganz bewußt bestimmte Mauern ein, die zwischen den gesellschaftlichen Schichten existierten. Ich wollte, daß der wacitische Widerstand eine geeinte Streitmacht war, und das erforderte die Aufgabe bestimmter schlechter Angewohnheiten aus alten Zeiten.
Beln sah sich mit einem breiten Feixen auf dem zottigen, bärtigen Gesicht zu seinen Freunden um. »Is das nich 'nen nettes Mädel, häh?« sagte er zu ihnen.
»Das tut mich aber mächtig froh mach'n tun, Beln«, versetzte ich. »Also, nach der Schlacht auf der Ebene vor Muros – die ich übrigens gewinnen werde – werden die Asturier völlig demoralisiert sein und in heilloser Auflösung über den Camaar zurück fliehen. Dann kommt Euer Einsatz, meine Herren. Laßt sie in Ruhe, wenn sie nach Norden über den Fluß ziehen, aber wenn sie zurückzukommen versuchen – bitte sehr, dann seid so frei, alte Rechnungen zu begleichen. Um es kurz und bündig zu sagen, es wird an jenem Tag zwei Schlachten geben. Ich schlage die Asturier auf der Ebene, und ihr schlagt sie dann noch einmal hier in den Wäldern, wenn sie vor mir wegzulaufen versuchen.«
Dafür gab es anhaltenden Jubel.
»Oh, eins noch«, fügte ich hinzu. »Nach ihrer doppelten Tracht Prügel werden die Asturier so mutlos sein, daß sie Gruppen gewöhnlicher Leute, die durch die Gegend hier ziehen, keine große Aufmerksamkeit schenken werden. Ich bin sicher, ihr habt alle noch irgendwelche Lieben, die ihr gern in Sicherheit bringen möchtet, und es gibt ja auch noch andere, die sich dem asturischen Joch nicht beugen wollen. Verbreitet überall, daß sie alle in Muros willkommen sind. Ich werde dafür sorgen, daß sie Unterkunft und Nahrung bekommen.«
»Wird das nicht Eure Rücklagen aufzehren, Euer Gnaden?« fragte mich der junge blonde Baron Athan, dem ich in Vo Wacune mehrmals begegnet war.
»Das regle ich schon, Mylord«, versicherte ich ihm.
»Ich habe seit dem Fall von Vo Wacune Vorkehrungen für die Versorgung wacitischer Flüchtlinge getroffen.« Ich wandte mich erneut an sie alle. »Ich weiß, daß die meisten von euch lieber hierbleiben und kämpfen würden, aber bringt eure Frauen, Kinder und alten Leute in Sicherheit. Laßt keine Unschuldigen zurück, die die Asturier als Geiseln nehmen könnten.«
»Eure Argumente sind wohlbegründet, Euer Gnaden«, stimmte Athan mir zu. Dann sagte er: »Im übrigen, Mylady, es drängt mich danach, am Ende dieser Zusammenkunft ein Wort unter vier Augen mit Euch zu wechseln.«
»Natürlich, Baron.« Dann sah ich reihum den anderen Patrioten ins Gesicht. »Ich würde vorschlagen, die Flüchtlinge in kleinen Gruppen flußaufwärts zu führen, meine Herren. Schafft sichere Wege durch den Wald und schickt immer nur ein Dutzend Leute auf einmal auf diesen Schleichpfaden nach Erat. Ich sorge dafür, daß Boote auf sie warten, um sie sicher über den Fluß zu setzen.«
Wir erörterten die einzelnen Aspekte der von mir vorgeschlagenen Massenflucht noch etwa eine halbe Stunde, und dann verschwanden die meisten Patrioten wieder in den Wäldern. Baron Athan blieb zurück. »Mir obliegt noch eine höchst betrübliche Pflicht, Euer Gnaden«, eröffnete er mir. »Mit größtem Bedauern muß ich Euch mitteilen, daß Graf Ontrose, Euer Kämpe, bei der Belagerung Vo Wacunes starb.«
Das Herz in meiner Brust wurde zu Eis. Trotz allem hatte ich mich an ein paar letzte Hoffnungsschimmer geklammert, mein Geliebter möchte dennoch überlebt haben.
»Ich war bei ihm, als er starb«, fuhr Athan fort. »Meine Absicht war es gewesen, den Makel zu tilgen, mit dem Baron Lathans Verrat unsere Familie besudelt hat, indem ich mein eigenes Leben bei der Verteidigung von Vo Wacune hingab, denn fürwahr, dieser ehrlose Schurke war ein entfernter Vetter von mir. Graf Ontrose indes hieß mich fliehen. Er befahl meine Flucht, auf daß ich Euch die Nachricht seines Todes überbringen konnte, denn er fürchtete, Zweifel und Ungewißheit möchten Euch an der Erfüllung Eurer Eidespflicht hindern. Nichts liegt mir ferner, als Euch Kummer zu bereiten, werteste Dame, doch mit seinem letzten Atemzug hauchte er Euren Namen.«
Ich errichtete eine kalte Mauer aus Stahl um mein Herz. »Eurer traurigen Pflicht habet Ihr Euch fürtrefflich entledigt, Mylord«, dankte ich ihm. »Doch nun müssen wir Lebewohl sagen.
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