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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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schnellte an die Oberfläche zurück. Ich kam nur wenige Fuß entfernt von dem verzweifelt strampelnden kleinen Jungen wieder an die Luft. Seine Augen waren vor Schreck geweitet, und seine wild um sich schlagenden Arme hielten ihn kaum über Wasser.
Wenige Schwimmzüge brachten mich zu ihm, und dann hatte ich ihn. »Ganz locker!« befahl ich ihm scharf. »Ich hab dich jetzt.«
»Ich ertrinke!« sprudelte er mit schriller Stimme hervor.
»Nein, du bist in Sicherheit. Halt die Arme still. Leg dich einfach zurück und überlasse mir das Schwimmen.«
Es bedurfte noch einiger Überredung, bis er die tödliche Umklammerung um meinen Hals löste, aber am Ende hatte ich ihn soweit, daß er sich ruhig auf den Rücken legte, während ich ihn zum Ende einer Mole schleppte, die in die Bucht hinausragte. »Siehst du jetzt, wieviel einfacher es ist, wenn du nicht gegen das Wasser anzukämpfen versuchst!« fragte ich ihn.
»Ich hatte es schon fast geschafft«, versicherte er mir. »Das war das erstemal, daß ich zu schwimmen versucht habe. Es ist nicht allzu schwer, nicht wahr?«
»Du hättest vermutlich erst einmal in flachem Wasser üben sollen«, meinte ich.
»Das konnte ich nicht, Ma'am. Da war dieser Mann mit seinem Messer, und er war hinter mir her.«
»Polgara!« erreichte mich Vaters Stimme. »Geht es dem Jungen gut?«
»Ja, Vater«, antwortete ich laut, ohne mir bewußt zu sein, daß der kleine Junge meine Stimme hören konnte. »Ich habe ihn.«
    »Bleib außer Sicht! Laß dich von niemandem sehen!« »In Ordnung.«
»Mit wem redest du?« fragte der Junge.
»Das ist nicht wichtig.«
»Wohin gehen wir?«
»Zum Ende dieser Mole. Dort verstecken wir uns und
    verhalten uns ganz ruhig, bis die Männer mit den Messern vertrieben worden sind.«
»In Ordnung. Ist das Wasser immer so kalt?«
»Als ich das letzte Mal hier war, war es so kalt, ja.«
»Ich glaube nicht, daß ich dich schon einmal gesehen habe, Ma'am.«
»Nein. Wir sind uns gerade das erste Mal begegnet.«
»Das ist eine gute Erklärung.« Er war so ein nüchterner kleiner Bursche. Ich mochte ihn sofort.
»Sprich nicht soviel«, teilte ich ihm mit. »Es wäre nicht gut für dich, wenn du jetzt viel Wasser schlucken würdest.«
»Wenn du es sagst.«
Wir erreichten das Ende der steinernen Mole und hielten uns beide an einem der rostigen Eisenringe fest, an dem sonst die Schiffe vertäut wurden.
»Was ist vorhin passiert?« erkundigte ich mich.
»Mein Großvater hat uns alle zu den Läden am Strand mitgenommen«, begann der kleine Junge zu erzählen. »Irgend jemand da wollte uns Geschenke machen. Aber als wir in ihren Laden kamen, zogen sie alle ihre Messer. Ich schätze, es tut ihnen mittlerweile leid. Mein Großvater ist nämlich der König hier, und er wird deswegen sehr böse mit ihnen sein. Mir ist wirklich kalt, Ma'am. Können wir nicht aus dem Wasser raus?«
»Noch nicht, fürchte ich. Wir wollen ganz sicher gehen, daß keine Gefahr mehr droht, bevor wir das tun.«
»Kommst du oft hier auf die Insel der Winde?« Seine gelassene Art zu reden beruhigte mich ein klein wenig. Offensichtlich war der Mordversuch fehlgeschlagen.
»Was geschah da drüben am Strand?« fragte ich ihn weiter.
»Das weiß ich nicht genau, Ma'am«, antwortete er. »Mutter rief mir zu, ich sollte weglaufen, als dieser Kerl mit dem kahlrasierten Kopf sein Messer zog. Er war zwischen mir und dem Stadttor. Deshalb konnte ich nur zum Meer. Schwimmen ist ein bißchen schwerer, als es aussieht, nicht wahr?«
»Es erfordert ein wenig Übung, nichts weiter.«
»Ich hatte nicht viel Zeit zum Üben. Wäre es sehr unhöflich, wenn ich dich nach deinem Namen fragen würde?«
»Man kennt mich als Polgara«, eröffnete ich ihm.
»Ich hab von dir gehört. Bist du nicht mit mir verwandt?«
»Entfernt ja. Man könnte sagen, daß ich deine Tante bin. Und wie heißt du?«
»Ich bin Geran. Sie nennen mich immer ›Prinz Geran‹, aber ich glaube nicht daß das viel zu bedeuten hat. Mein älterer Bruder wird die Krone tragen, wenn er groß ist. Ich werde vielleicht Pirat, wenn ich groß bin. Das könnte ziemlich aufregend sein, nicht wahr, Tante Pol?«
Da war es wieder. Manchmal denke ich, jeder kleine Junge auf der Welt nennt mich automatisch ›Tante Pol‹. Ich lächelte ihn an. »Du solltest zunächst mit deinen Eltern – und mit deinem Großvater – reden, ehe du es mit der Piraterie versuchst Geran«, riet ich ihm. »Möglicherweise haben sie etwas dagegen.«
Er seufzte. »Ich nehme an, du hast recht,

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