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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Zähne hatte, besaß ich doch gewisse wölfische Wesenszüge. Wölfe sind Rudeltiere und sie teilen sich die Fürsorge für die Welpen des Rudels, ganz gleich, welche Wölfin den Wurf zur Welt gebracht hat. Daß ich diesen trauernden, sandhaarigen kleinen Jungen tröstete, war eine Sache des Instinkts, geboren aus der Notwendigkeit, das Rudel zu beschützen.
Nachdem ich der Tatsache einmal ins Auge gesehen hatte, ergaben sich gewisse Entscheidungen fast zwangsläufig. Zuerst brauchte ich eine sichere, gut versteckte Höhle. Mutters Hütte würde diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Ihre Lage war zu exponiert, und zu viele Leute kannten sie. Dann brauchte ich eine ergiebige Nahrungsquelle. Die Antwort lag natürlich auf der Hand. Mein von Rosen zugewucherter Landsitz am Eratsee war schon seit Äonen in Vergessenheit geraten und zudem praktisch unsichtbar. Darüber hinaus war das Land drumherum fruchtbar, so daß ich ganz leicht Gemüse zwischen den Rosenstöcken ziehen und hin und wieder des Nachts auf leisen Schwingen ausfliegen konnte, um uns Kaninchen und das eine oder andere Schaf zu jagen. Der Landsitz würde uns Schutz und Nahrung bieten. Prinz Geran wuchs dort vielleicht ein bißchen wild und unzivilisiert heran, aber wenigstens würde er heranwachsen.
Außerdem wurde mir klar, was für ungeahnte Einblicke in Mutters Charakter mir das Denken auf Wolfsart verschaffte. Alles, was sie getan hatte – einschließlich des scheinbaren Imstichlassens meiner Schwester und mir –, war von dem Wunsch bestimmt gewesen, das Rudel zu schützen.
»Natürlich, Pol«, erreichte mich ihre Stimme aus dem Nirgendwo. »Begreifst du das erst jetzt? Du solltest wirklich aufmerksamer sein, weißt du.«
Geran war so von Kummer überwältigt daß wir während jener beiden Tage, die wir auf dem Weg zur sendarischen Küste auf dem Wasser verbrachten, nicht sehr viel sprachen. Doch als wir eine kleine, geschützte Bucht ungefähr fünf Meilen nördlich von Camaar erreichten und an Land gingen, riß er sich soweit zusammen, daß er vernünftig mit Brand reden konnte. Er bat den rivanischen Wächter, für sein Volk zu sorgen und den Orb zu bewachen. Gerans Familie hat diese beiden Pflichten immer sehr ernst genommen, und obwohl der Junge vor der Ermordung seiner gesamten Familie in der Erbfolge ziemlich weit unten gestanden hatte, hatte man ihn doch in den wirklich wichtigen Dingen unterwiesen.
Nachdem Brand nach Camaar aufgebrochen war, um eine Mannschaft für seine Rückreise zur Insel der Winde anzuheuern, führte ich ein kurzes Gespräch mit Vater, in dem ich ihm von meiner Absicht unterrichtete, meinen neuen Schützling in meinem Landsitz am Eratsee zu verstecken. Er erhob natürlich Einwände. Vater erhebt immer Einwände, wenn ich ihm mitteile, was ich zu tun gedenke. Er hätte sich seine Worte jedoch sparen können, denn wie gewöhnlich ignorierte ich seine Bedenken. Man sollte meinen, nach zweitausend Jahren hätte er gelernt, wie sinnlos es ist, mir Vorschriften zu machen, aber manche Menschen lernen es eben nie.
Geran bat seinen Ururgroßvater mit ernster Miene, die Schlangenkönigin für den Mord an seine Familie zu bestrafen.
Dann brach Vater nach Val Alorn auf, wo er die Streitkräfte für seine geplante Invasion ins Land des Schlangenvolks zusammenziehen wollte.
»Wohin gehen wir, Tante Pol?« erkundigte sich Geran bei mir.
»Ich habe ein Haus hier in Sendarien, Geran«, ließ ich ihn wissen. »Dort dürften wir in Sicherheit sein.«
»Hast du viele Soldaten da?«
»Nein, Geran. In diesem Fall brauche ich keine Soldaten.«
»Ist das denn nicht gefährlich? Die Schlangenherrin will mich vermutlich doch noch immer töten, und sie hat diese Männer mit den vergifteten Dolchen, die für sie arbeiten. Ich bin noch nicht sehr stark, und deshalb kann ich dich wahrscheinlich nicht richtig beschützen.«
Er war so ein lieber, ernsthafter Junge! Ich nahm ihn in die Arme und hielt ihn eine Weile ganz fest, und ich glaube, das gefiel uns beiden recht gut. »Alles wird gut werden, Geran«, versprach ich ihm. »Niemand kennt das Haus und man kann sich dort nur schwer Zugang verschaffen.«
»Hast du es mit einem Zauberbann belegt?« fragte er eifrig. Dann errötete er leicht. »Das war nicht sehr höflich, nicht wahr, Tante Pol? Ich habe jede Menge Geschichten gehört, daß du magische Sachen machen kannst – so wie Zauber sprechen und Leute in Frösche und ähnliches verwandeln –, aber du hast mir nicht erlaubt, über diese Dinge zu

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