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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Mal ließ ich ihn in meiner Bibliothek, und bei meiner Rückkehr fand ich ihn schlaff in einem Sessel hängen und tieftraurig aus dem Fenster schauen. »Ich dachte, du liest«, sagte ich.
»Ich kann nicht lesen, Tante Pol«, gab er zu.
Jetzt hatten wir etwas zu tun, wenn wir es satt hatten, das Haus zu putzen. Geran verfügte über eine rasche Auffassungsgabe, und in erstaunlich kurzer Zeit konnte er lesen.
Wir gewöhnten uns an einen regelmäßigen Tagesablauf: morgens putzen und nachmittags Unterricht. Es war eine recht angenehme Lebensweise, und wir waren beide zufrieden damit.
Die Zwillinge hielten mich über die Fortschritte von Vaters Strafexpedition nach Nyissa auf dem laufenden, und ich leitete die Neuigkeiten an Geran weiter. Die zügellose Zerstörung, die sein Großvater über das Land des Schlangenvolks brachte, schien ihm eine gewisse Befriedigung zu bereiten.
Der Frühling kam, und mein junger Schützling erwärmte sich für die Gärtnerei. Ich hätte vermutlich auch weiterhin Nahrungsmittel auf den umliegenden Gehöften kaufen können, aber ich ließ Geran nicht gerne allein, und falls mein Gesicht in der Gegend zu bekannt würde, könnte ein zufällig fallengelassenes Wort in irgendeiner Schenke einen durchreisenden Murgo auf unsere Spur bringen.
Ich glaube, es war Frühsommer, als Vater und Onkel Beldin uns einen Besuch abstatteten. Ich erinnere mich noch daran, wie Geran mit einem Schwert in der Hand die Treppe herunterkam. Er war sehr jung, aber er wußte schon, daß es die Pflicht eines Mannes ist, die Frauen seiner Familie zu beschützen. Natürlich hatte ich Schutz nicht unbedingt nötig, aber die kleine Geste rührte mich dennoch. Er begrüßte meinen Vater begeistert und wollte sofort wissen, ob der alte Wolf sein Versprechen, die Schlangenkönigin zu töten, eingelöst hätte.
»Als ich sie das letzte Mal sah, war sie tot«, antwortete Vater. Meiner Meinung nach wirkte er ein bißchen ausweichend.
»Hast du sie geschlagen, wie ich dich gebeten habe?« bohrte Geran nach.
»Das hat er, Jungchen«, versicherte Onkel Beldin. »Das hat er.«
Onkel Beldins verwachsene Gestalt schien Geran ein wenig zu ängstigen, so daß ich ihn lieber schnell vorstellte.
»Du bist nicht sehr groß, nicht wahr?« platzte Geran heraus.
»Das hat manchmal seine Vorteile, Jungchen«, entgegnete Onkel Beldin. »'ch tu mir fast nie den Kopf an 'nem niedrigen Zweig stoß'n tun, will ich mal sagen.« »Ich mag ihn, Tante Pol«, erklärte Geran lachend.
Dann ging Vater auf die Einzelheiten des kleinen Zusammentreffens ein, das er geplant hatte. Er wies uns darauf hin, daß die Ermordung Goreks ein wichtiges EREIGNIS gewesen sei und wir uns alle im Tal versammeln sollten, um unsere unterschiedlichen Möglichkeiten zu erörtern. Er teilte uns mit, er werde sich zur Insel der Winde begeben, um Brand zu holen, während Beldin Geran und mich ins Tal begleiten solle.
Noch bevor wir die sendarischen Berge durchquert hatten, waren Onkel Beldin und Geran die besten Freunde. Ich habe nie ganz begriffen, warum alte Männer und kleine Jungen nahezu zwangsläufig Zuneigung füreinander empfinden. Es verletzt mich immer ein wenig, wenn der weißhaarige Teil dieses seltsamen Paars mit einem Achselzucken sagt: »Das ist Männersache, Pol. Das verstehst du nicht.« Sie können sich über ›Männersachen‹ unterhalten, bis sie schwarz im Gesicht sind. Meine eigenen Theorien zu dem Thema gehen allerdings mehr in die Richtung bevorstehender Vergreisung und der damit verbundenen Rückkehr zur Kindheit, um nicht zu sagen Infantilisierung eines Teils von ihnen. Es war jene Reise, die mich davon überzeugte, daß keine Frau, die ihren Verstand noch beisammen hat, einem alten Mann und einem kleinen Jungen erlauben darf, sich einem wie auch immer gearteten Gewässer auf mehr als fünf Meilen zu nähern. Ansonsten werden zwangsläufig Angeln aus ihren Händen wachsen, und für den Rest des Tages wird man überhaupt nichts mehr zur Wege bringen.
Als wir drei endlich das Tal erreichten, lernte Geran auch die Zwillinge kennen, und sie machten genausoviel Aufhebens um ihn wie Onkel Beldin. Ich fühlte mich allmählich richtig ausgeschlossen.
Das Kochen überließen sie mir allerdings – und den Abwasch hinterher auch. War das nicht nett von ihnen?
Vater und Brand trafen einige Wochen später ein, und wir setzten uns alle an die Arbeit. Geran hockte still auf einem Stuhl in der Ecke, während wir die augenblickliche Weltlage und unsere

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