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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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mit dem Schwanz auf die Wasseroberfläche und verschwand.
Und dann sprang er wieder und wieder.
Er spielte!
Und plötzlich war er nicht mehr allein. Andere Wale tauchten ebenfalls aus dem Meer auf, um zu springen und zu spielen wie eine Gruppe übergroßer Kinder, die übermütig herumtollten.
Und sie lachten! Ihre Stimmen waren hoch, aber nicht piepsend. In ihnen schwang gewaltige Tiefe und eine seltsame Sehnsucht.
Einer von ihnen – ich glaube, es war der erste – legte sich auf die Seite, um mich mit einem seiner riesengroßen Augen anzusehen. Um dieses Auge herum waren Runzeln, als sei er sehr, sehr alt, und eine tiefe Weisheit lag in seinem Blick.
Und dann blinzelte er mir zu und versank wieder in der Tiefe.
So lange ich auch lebe, diese denkwürdige Begegnung werde ich nie vergessen. Auf irgendeine unerklärliche Weise formte sie meinen Blick für die Welt und für alles, was unterhalb der Oberfläche der Alltagsrealität verborgen liegt. Diese Begegnung allein war die mühevolle Reise vom Tal hierher und diese Seefahrt wert – und mehr als das.
Es dauerte noch zwei Tage, ehe wir Riva erreichten, und ich verbrachte jene Tage erfüllt von den Wundern der See und jener Lebewesen, die sie nährt wie eine Mutter ihre Kinder.
Die Insel der Winde ist ein kahler, unwirtlicher Ort, der sich aus der fast immer sturmgepeitschten See erhebt, und von der Seeseite her wirkt die Stadt so abweisend wie der Felsen, auf dem sie erbaut wurde. In einer Reihe schmaler Terrassen steigt sie steil vom Hafen an empor, und jede Häuserzeile steht am äußersten Rand derjenigen Terrasse, auf der sie errichtet wurde. Die zum Meer gewandten Mauern dieser Häuser sind dick und fensterlos, von Wehrgängen und Zinnen überragt. Das läßt die Stadt wie eine Aufeinanderfolge unbezwingbarer Wälle aussehen, die sich immer höher schrauben bis an den Fuß der Zitadelle, die düster über der ganzen Ansiedlung zu thronen scheint. Ganze Völkerscharen könnten Riva berennen, und sie hätten doch nicht mehr Erfolg als die Wellen, die gegen die Klippen der Insel selbst anbranden. Wie der Meister sagte: »Alle Heerstürme Angaraks können nicht bestehen gegen sie.« Wenn ihr dann noch die cherekische Flotte dazunehmt, die auf den Gewässern vor der Küste patrouilliert, dann habt ihr das Vernichtungspotential für jedes Volk beisammen, das so vermessen oder töricht wäre, auch nur daran zu denken, die Rivaner mit Krieg zu überziehen. Torak ist wahnsinnig, aber so wahnsinnig denn doch nicht.
Beldaran und ich hatten uns an diesem Morgen besondere Mühe gegeben, vorzeigbar auszusehen. Beldaran war die Königin von Riva, und ihr lag verständlicherweise daran, einen guten Eindruck auf ihre Untertanen zu machen. Ich würde nicht Königin werden, aber mein erklärtes Ziel war ein gewisser Teil der Bevölkerung. Ich nahm alle jungen Männer aufs Korn, und ich glaube, ich habe die meisten getroffen. Was für eine phantastische Sache es doch ist, allgemein bewundert zu werden! Der leicht besorgte Gesichtsausdruck meines Vaters rundete den Morgen für mich ab.
»Laß es dir nicht zu Kopf steigen, Polgara«, mahnte Mutters Stimme mich zur Mäßigung. »Das, was du auf all diesen hingerissenen Gesichtern siehst ist nicht Liebe. Die Jungmännchen von allen Gattungen haben drängende Bedürfnisse, die sie nicht richtig kontrollieren können. In ihren Augen bist du nicht eine bestimmte Persönlichkeit; du bist ein Objekt. Aber du möchtest doch mehr als nur ein Ding sein, oder?«
Die Aussicht auf eine bevorstehende Verdinglichung versetzte meiner Hochstimmung in diesem Moment einen leichten Dämpfer.
Traditionsgemäß tragen Rivaner Grau, so daß die anderen Völker des Westens sie ›Graumäntel‹ nennen. Junge Leute hingegen neigen dazu, die Gepflogenheiten der Älteren in den Wind zu schlagen. Jugendrebellionen sind für die absonderlichsten Kleidermoden verantwortlich. Je lächerlicher eine gewisse Mode ist, desto begeisterter nimmt die Jugend sie auf. Die jungen Männer, die sich mit schmachtenden Blicken am Rande des Kais drängten, riefen mir das Bild eines Blumengartens in den Sinn, den jemand gänzlich ohne Geschmack angelegt hatte. Dort unten gab es Wämser in Farbschattierungen, für die ich noch nicht einmal Namen habe, und einige der kurzen Jacken waren sogar mehrfarbig, und zwar so, daß die einzelnen Farben sich bissen. Jeder meiner Verehrer indes war der festen Überzeugung, seine Kleidung sei so prachtvoll, daß kein Mädchen, das seinen

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