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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Einsatz verlangte, als ich gedacht hatte. Nicht alle meine Verehrer waren frisch entwöhnte Welpen. Manche von ihnen verfügten über Grips. Das war ziemlich erfrischend. Was wollt ihr, wenn man einen wild wedelnden Schwanz gesehen hat, kennt man sie alle. Ich verspürte sogar einen leisen Stich der Enttäuschung, als der Schwarm meiner Verehrer Kamion hinwegfegte.
Danach prasselten die Platitüden nur so auf mich ein, aber aus mir unerfindlichen Gründen wollte niemand mehr über das Wetter reden.
Die rivanischen Mädchen schmollten immer heftiger, und nur um sie noch ein bißchen mehr zu quälen, verteilte ich huldvoll eine Reihe strahlender Lächeln. Meine Verehrer fanden dieses Lächeln absolut bezückend, die Mädchen nicht.
Der Nachmittag nahm auch weiterhin einen äußerst zufriedenstellenden Verlauf, und die Musikanten – hauptsächlich Lautenspieler – spielten eine andere Weise. Ein dünner, ungelenker junger Mann ganz in Schwarz, der eine gewollt melancholische Miene an den Tag legte, schob sich in den Vordergrund. »Möchtet Ihr gerne tanzen, Lady Polgara?« fragte er mich in einem Tonfall, als sei sein Herz schon vor langer Zeit gebrochen. Er verbeugte sich. »Erlaubt mir, mich vorzustellen. Ich bin Merot der Dichter, und ich könnte gewiß ein Sonett verfassen, während wir miteinander tanzen.«
»Ich bin untröstlich, Mylord Merot«, entgegnete ich, »aber ich habe bislang in völliger Abgeschiedenheit gelebt und kann wirklich nicht tanzen.« Das stimmte natürlich nicht. Beldaran und ich hatten uns von Kindestagen an Tänze ausgedacht, aber ich war mir ziemlich sicher, daß der Rhythmus eines Wiesenlerchenlieds für diesen selbsternannten Dichter wohl ein wenig zu schwierig sein würde.
Merot war offensichtlich Schauspieler wie die meisten der anderen auch. Er schien zu glauben, sein sorgfältig gestutzter schwarzer Bart und sein tragischer Gesichtsausdruck machten ihn unwiderstehlich für alle Mädchen. Mir fiel es indes nicht sehr schwer, ihm zu widerstehen. Vielleicht war es auch sein schlechter Atem, der mich Abstand von ihm nehmen ließ.
»Aha«, erwiderte er auf mein Bekenntnis tänzerischer Unbedarftheit, »wie schade.« Dann leuchteten seine trüben Augen auf. »Ich könnte Euch Privatstunden erteilen, wenn Ihr wollt.«
»Darüber können wir uns vielleicht später unterhalten«, parierte ich, immer sorgsam darauf bedacht, mich außerhalb der Wolke seines sauren Atems zu halten.
»Dürfte ich Euch dann ein Gedicht rezitieren?« versuchte er es erneut.
»Das wäre reizend.«
Das erwies sich als Fehler. Merot nahm eine Rednerpose ein und begann in aufreizend langsamer Weise mit dieser ihm eigenen düsteren Stimme zu rezitieren. Er sprach, als hänge an jedem seiner Worte das Schicksal des Universums. Mir fiel jedoch nicht auf, daß die Sonne sich verdunkelt oder ein Erdbeben seine Gewalt entfesselt hätte.
Er rezitierte und rezitierte und rezitierte, und seine Dichterpose war wesentlich besser als seine Verse. Natürlich war ich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht mit der Dichtkunst vertraut, aber mir wollte scheinen, als sei ein verliebt an jeder einzelnen Silbe hängender Vortrag nicht aufs Glücklichste geeignet, seine Zuhörerschaft zu fesseln. Zuerst fand ich ihn langweilig. Das veränderte sich schon recht bald in sterbenslangweilig, und sterbenslangweilig wurde schließlich von purer Verzweiflung abgelöst. Ziemlich theatralisch verdrehte ich die Augen. Mehrere meiner Verehrer verstanden den Wink und eilten zu meiner Rettung.
Merot stand noch an demselben Platz und rezitierte, als die Menge sich von ihm entfernte. Vielleicht hat er mich geliebt, aber sich selbst liebte er offenbar noch mehr.
Ich bemerkte, daß die anderen Damen in der Halle mit zunehmender Unzufriedenheit zu kämpfen hatten. Trotz ihrer ziemlich deutlichen Aufforderungen blieb die Tanzfläche nahezu leer. Meine Verehrerschar wollte sich offenkundig durch nichts ablenken lassen. Nicht wenige der Damen schützten einen plötzlichen Kopfschmerz vor und verließen unauffällig den Ort ihrer Niederlage. Vermutlich habe ich es mir nur eingebildet, aber nachdem sie gegangen waren, meinte ich so etwas wie ein nagendes Geräusch zu hören – so ähnlich mußte es sich anhören, wenn der Neid an enttäuschten Herzen frißt. Musik für meine Ohren!
Dann, als der Abend über die Insel der Winde hereinbrach, gesellte sich Taygon zu mir. Taygon mußte sich nicht mit den Ellbogen einen Weg durch die Menge bahnen. Jeder machte ihm

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