Polgara die Zauberin
Abendessen, oder nicht?«
»Das können wir nicht, bis Frau Nala aufwacht, Frau Pol«, ließ ein dünnes, blasses Mädchen mit laufender Nase mich schniefend wissen. »Sonst ist sie beleidigt.«
»Wir treffen ja nur ein paar Vorbereitungen«, log ich, »Ihr wißt schon, Möhren schrappen, Gemüse putzen, Wasser aufsetzen – solche Sachen.«
»Oh«, sagte sie und wischte sich die Nase am Ärmel ab. »Das kann nichts schaden, vermute ich.« Ich erkannte auf der Stelle, daß hier eine Aufgabe vor mir lag. Nalas halbkomatöser Zustand hatte der Betriebsamkeit in der Küche das Wasser abgegraben.
Ich entschied, daß für diesen Abend ein Eintopf genügen müßte. Für etwas Aufwendigeres blieb wahrlich keine Zeit mehr. Die anderen Küchenhilfen ging ich indirekt an. Nachdem ich Garion in einem leeren Gemüsekorb verstaut hatte, begann ich ›Vorschläge‹ zu machen, die für gewöhnlich mit einem ›würdet Ihr vielleicht‹, einem ›hättet Ihr etwas dagegen, wenn‹ oder einem ›wir sollten vermutlich‹ eingeleitet wurden. Dann, als ich sie alle beschäftigt hatte, ging ich in die Speisekammer und inspizierte unseren Gewürzvorrat. Noch bevor ich damit fertig war, murrte ich schon finster vor mich hin. Die Gewürzkrüge waren alle vorhanden, aber die Hälfte von ihnen war leer. Verstohlen sah ich mich um, um sicherzustellen, daß mich niemand beobachtete, und dann mogelte ich ein wenig.
Nala wachte auf, als wir das Fleisch für den Eintopf anbrieten. »Was geht hier vor sich?« verlangte sie zu wissen.
»Wir treffen nur ein paar Vorbereitungen, damit wir mit dem Abendessen beginnen können, Nala«, berichtete das Mädchen mit der laufenden Nase pflichtschuldig. »Frau Pol hier meinte, das sei eine gute Idee. Ihr wißt doch, wie Faldor ist, wenn das Abendessen nicht pünktlich auf dem Tisch steht.«
»Frau Pol?« fragte Nala und musterte mich mit einem argwöhnischen Blick.
»Ich bin heute nachmittag eingestellt worden, um in der Küche zu helfen, Frau Nala«, sagte ich mit einem angedeuteten Knicks. »Enna hier meinte, Ihr fühltet Euch ein wenig unpäßlich.« Ich legte dem rotnäsigen Mädchen vertraulich den Arm um die Schulter. »Ich hielt es für besser, Euch nicht zu stören. Was meint Ihr? Wäre ein schöner Eintopf heute das Richtige?«
Nala tat so, als dächte sie darüber nach. »Wie Ihr meint, Frau Pol«, erteilte sie ihre Zustimmung. Sie zuckte leicht mit den Achseln. Was hätte sie auch sagen sollen? Alles war fertig, man mußte es nur noch in den Kessel werfen.
Ich betrachtete sie eingehend. »Ihr seht nicht gut aus, Frau Nala«, sagte ich mit gespielter Besorgnis. Dann legte ich ihr die Hand auf die Stirn. »Ihr habt Fieber«, eröffnete ich ihr. »Wir müssen etwas dagegen tun, sobald der Eintopf köchelt und die Plätzchen im Ofen sind.«
»Ich fühle mich wirklich ein bißchen fiebrig, Frau Pol«, gab sie zu.
Natürlich fühlte sie sich fiebrig. Schließlich hatte ich gerade mit dem Handrücken ihre Temperatur erhöht. Ich wollte diese Stelle wirklich.
Das Gemüse und das angebratene Fleisch wanderten in die riesigen blubbernden Kessel, und dann mischte ich einen Trank aus gewöhnlichen Küchenkräutern zusammen, um Nalas ›Fieber‹ zu kurieren. Danach wachte ich mit meiner Gewürzmischung über meine Eintopfkessel.
Der Eintopf, der an diesem Abend auf den Tisch kam, war in meinen Augen gerade mal annehmbar, aber Faldor und seine Knechte machten sich darüber her wie Verhungernde. Einige von ihnen verstiegen sich sogar dazu, die letzten Saucenreste über die Plätzchen zu schütten.
»O je«, sagte Faldor, stöhnte und legte die Hände auf seinen Bauch. »Ich glaube, ich habe zu viel gegessen.«
»Da bist du nicht der einzige«, meinte Durnik und stöhnte ebenfalls. Dann wies er auf mich, die ich mit Garion auf dem Arm in der Tür stand. »Ich denke, wir sollten sie behalten, oder?«
»Hm«, machte Faldor. »Ich sag dir was, Durnik. Sobald du dich wieder bewegen kannst, geh doch mal rüber und verriegel das Tor. Wir dürfen sie nicht mehr weglassen, nicht wahr?«
Und so kochte ich mich in eine ständige Anstellung auf Faldors Hof. Wie ich bereits erwähnte, war dieser Eintopf alles andere als berauschend, aber er war immer noch um Klassen besser als alles, was Nala je auf den Tisch gebracht hatte.
Sobald das Essen vorbei war, winkte ich Enna, das blasse blonde Ding mit der laufenden Nase, zu mir. »Ja, Frau Pol?« sagte sie und trabte gehorsam herbei.
Ich streckte die Hand aus und berührte ihre
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