Polgara die Zauberin
besaßen Kamine, die zwar hübsch aussahen, aber weniger Wärme abgaben.
Garion und ich kamen einander in diesen endlosen Monaten sehr nah. Er war ein reizendes Baby, und wegen meines furchtbaren Versagens in Annath schuldete ich ihm sehr viel. Sein Geist war kaum erwacht, aber behutsames Nachforschen vermittelte mir ein paar Hinweise darauf, wer er einmal sein würde, und noch mehr Hinweise darauf, wie viel Mühe es mir bereiten würde, ihn aufzuziehen, ohne den Verstand zu verlieren. Dieser Junge würde eine Herausforderung werden.
Schließlich zog der Frühling ein, und nachdem der Schlamm auf den hiesigen Landstraßen getrocknet war, legte ich ein paar meiner unauffälligsten Kleider sowie einige Dinge für Garion auf einen Haufen und schlug alles mit Hilfe einer schon etwas fadenscheinigen Decke zu einem Bündel zusammen. Dann sagte ich den Zwillingen Lebewohl und machte mich auf den Weg, mein Bündel über den Rücken geschlungen, Garion auf dem Arm und die Ziege im Schlepptau.
Am späten Nachmittag erreichte ich das Dorf Obergralt, das ganz anders war als Hintergralt. Ich betrat den heruntergekommenen Dorfgasthof und handelte den Preis für ein Zimmer für diese Nacht herunter. Ich wollte den Eindruck erwecken, fast mittellos zu sein. Nachdem ich Garion gefüttert und ins Bett gebracht hatte, ging ich nach unten, um ein Wort mit dem Schankwirt zu wechseln. »Ich suche Arbeit«, erklärte ich.
»Tut mir leid, aber ich stelle im Moment niemanden ein«, antwortete er.
»Das hatte ich auch nicht gemeint«, versetzte ich. »Kennt Ihr irgendeinen Bauern oder Gutsbesitzer in der Nähe, der vielleicht eine gute Köchin oder Haushälterin braucht?«
Er runzelte die Stirn und kratzte sich ausgiebig die Wange. »Versucht's mal bei Faldor«, schlug er vor. »Einige seiner Knechte waren letzte Nacht hier, und sie erzählten, daß Faldors Köchin ziemlich nachlässig wäre. Sie wird alt und langsam. Faldors Männer haben sich beschwert, daß das Essen immer zu spät auf den Tisch käme und nur halb gar sei. Es geht auf die Pflanzzeit zu, und wenn die Küche zur Pflanzzeit oder Ernte ausfällt, suchen die Landarbeiter sich woanders Arbeit. Faldor hat einen großen Bauernhof, und er kann nicht alles allein pflanzen. Wenn es jetzt noch keine freie Stelle für eine Köchin gibt, dann bestimmt in ein paar Wochen.«
»Wo liegt der Bauernhof?«
»Etwa eine Tagesreise nach Westen. Faldor ist ein gutmütiger Bursche, und selbst wenn er nicht sofort eine Anstellung für Euch hat, wird er dafür sorgen, daß Ihr und das Baby nicht hungrig wieder weggeht. Folgt einfach der Straße, die von hier nach Westen verläuft und zur Hauptstraße nach Medalia führt. Faldors Hof ist der einzige südlich der Straße. Ihr könnt ihn nicht verfehlen.«
»Ich finde ihn schon«, versicherte ich ihm. »Ich danke Euch für den Hinweis.« Dann sah ich noch einmal im Stall nach meiner Ziege, stieg die Treppe hoch, ging zu Bett, und drückte Garion fest an mich.
Der nächste Morgen dämmerte strahlend hell. Ich fütterte Garion, und kaum daß die Sonne über den Horizont lugte, waren wir auf der nach Westen führenden Straße. Nun kannte ich mein Ziel, und ich und meine Ziege schritten entschlossen aus.
Es war am späten Nachmittag, als wir eine kleine Anhöhe erstiegen und ungefähr eine halbe Meile südlich der Straße im nächsten Tal ein großes Gehöft liegen sahen. Es wirkte beinah, als sei es von Schutzmauern umgeben, aber dem war nicht so. Die Hofgebäude bildeten ein Quadrat. Im Erdgeschoß lagen Scheunen, Ställe und Werkstätten, die Schlafzimmer des Gesindes lagen an der Außenseite im ersten Stock. Sämtliche Gebäude zeigten nach innen auf einen großen offenen Hof, und alles bildete eine Einheit. Das größte Gebäude stand gegenüber dem Eingangstor im Rücken des Innenhofs. Es war sauber, ordentlich und praktisch.
Alles, was ich sah, fand meine Zustimmung, obwohl es natürlich möglich ist, daß es von vornherein so angelegt wurde, daß es mir nur gefallen konnte. Ich ging die Anhöhe hinunter und wollte gerade den Innenhof betreten, als mich etwas verblüffte, was sich ganz ähnlich wie eine in regelmäßigen Abständen erklingende Glocke anhörte.
Sobald ich hineinging, erkannte ich, daß ich keine Glocke, sondern das Hämmern eines Schmiedes gehört hatte, der in seiner nach vorne offenen Schmiede ein rotglühendes Hufeisen bearbeitete.
Das erklärt natürlich, warum ich das Läuten jener persönlichen Glocke in meinem Kopf
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