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Polivka hat einen Traum (German Edition)

Polivka hat einen Traum (German Edition)

Titel: Polivka hat einen Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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Achseln. «Je ne parle pas allemand.»
    Das ist es also.
    Hätte er sein Schulfranzösisch doch von Zeit zu Zeit ein wenig aufgefrischt. Dass Gurke mit concombre übersetzt wird, fällt ihm allenfalls in seinen Träumen ein, im Wachzustand dagegen wird die einstige Gelehrtheit zur Geleertheit; die Vokabeln kleben ihm am Gaumen wie ein Stück vertrocknetes Baguette.
    «Je … je … police. Bureau des assassins … Verflucht! Do you speak English?»
    «No English», antwortet die Frau.
    «Herr Doktor, können Sie mir vielleicht helfen?», wendet Polivka sich an den Pathologen.
    «Leider nein. Mein einschlägiger Wortschatz beschränkt sich auf chapeau und trottoir . Wir Inder sind ja von den Briten kultiviert worden, bei uns haben die Franzosen nichts zu sagen.»
    «Gut», brummt Polivka, «dann muss sie eben mit aufs Kommissariat, dort gibt es einen Dolmetscher.» Tarzan, überlegt er jetzt, ist ohne Übersetzer ausgekommen, als er Jane ihren Namen entlockte. Die Erinnerung an die berühmte Leinwandszene stachelt seinen Ehrgeiz an. Er dreht sich also wieder zu der Frau, schiebt seinen Unterkiefer vor, schlägt sich ein paar Mal auf die Brust und grunzt mit tiefer Stimme: «Je – Polivka.» Herausfordernd nickt er ihr zu.
    Die Frau scheint zu verstehen. Sie lächelt. Bernsteinaugen, denkt Bezirksinspektor Polivka.
    «Amélie.» Sie legt sich nun ihrerseits die Hand auf die Brust. «Je m’appelle Amélie.»
    «Aha, Amélie ! Alors, Madame Amélie, tu et je … aller commissariat … aller bureau translateur.»
    «Translateur?»
    «Translator, I mean Dolmetscher.»
    «Vous voulez dire, un traducteur! Ah oui, c’est bien. Comme ça, nous pourrons parler.»
    Als sie entlang des Bahnsteigs Richtung Ausgang gehen, spürt Polivka mit einem Mal die Hand von Doktor Singh auf seiner Schulter.
    «Ja, Herr Doktor?»
    «Chapeau, Monsieur Weißmüller», schmunzelt Singh.

3
    Er kann es einfach nicht verstehen. Seit Stunden überlegt er, was er anders hätte machen, wie er das Geschehene verhindern hätte können. Unaufhörlich kehrt er in Gedanken zu der kurzen Szene vor dem Bahnhofsgebäude zurück.
    Kaum ist er mit Madame Amélie und Doktor Singh ins morgendliche Sonnenlicht hinausgetreten, ist ihm Hammel eingefallen, der arme, dumme Hammel, der noch immer mit den Passagieren des Todeszugs im Warteraum verweilt. Sich von Hammel hie und da erholen zu wollen, war eine Sache, ihn mit einem Mindestmaß an Anstand zu behandeln, eine andere. Er musste also wenigstens vom Aufbruch Polivkas verständigt werden. Um nun aber die Vernehmung Madame Amélies nicht weiter zu verzögern, hat sich Polivka an Doktor Singh gewandt und ihn darum ersucht, noch einmal umzukehren und Hammel über die Ereignisse im Zugwaggon zu informieren.
    Der Doktor hat mit einem jovialen Zwinkern eingewilligt, und Polivka ist mit Madame Amélie zum Taxistand gegangen.
    «Avez-vous une cigarette pour moi?» Sie hat sich mit zwei ausgestreckten Fingern an den Mund getippt.
    Sofort hat er sein Zigarettenpäckchen aus der Seitentasche des Sakkos gezogen, um ihr eine anzubieten. «Gauloises.» Ein bisschen Stolz schwang mit in diesem Wort, denn es bewies, dass er, wenn er schon nicht französisch sprach, so doch französisch rauchte.
    «Merci.» Ein tiefer Zug, ein Lächeln. Bernsteinaugen. «Merci bien, Monsieur Polivka. Vous êtes très gentil.»
    Er kann es einfach nicht verstehen: Ganz plötzlich, völlig ansatzlos, hat sie sich umgedreht und ist in Richtung Markthalle davongelaufen.

    «Haben S’ die Frau denn nicht verfolgt?»
    «Sie war sehr schnell, Herr Oberst, und sie hat mich überrumpelt. Wenn, dann sind es ja die Täter, die die Flucht ergreifen, nicht die Opfer.»
    «Dass bei Ihnen immer alles so entsetzlich kompliziert sein muss.»
    «Herr Oberst, mit Verlaub, ich hab die Frau ja nicht ans Klo gefesselt.»
    «Trotzdem, Polivka. Sie sollten wieder heiraten.»
    Den eigenwilligen Gedankenspuren Oberst Schröcks zu folgen, zählt für Polivka seit jeher zu den diffizilsten dienstlichen Ermittlungen. Wahrscheinlich, überlegt er, hat der magere, vergilbte Schröck schon wieder in verschiedenen Statistiken geblättert und dabei herausgefunden, dass das Risiko, französische Walküren aus Zugklosetts befreien zu müssen, bei geschiedenen Beamten über fünfzig ungleich höher ist als bei verehelichten.
    «Zu Befehl, Herr Oberst. Werd’s mir überlegen.»
    «Machen S’ das. Jetzt haben S’ ja Zeit: Die Sache mit der Frau hat sich von selbst erledigt, und

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