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Polivka hat einen Traum (German Edition)

Polivka hat einen Traum (German Edition)

Titel: Polivka hat einen Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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abgeputzt. Hat dir dein Bruder auch gesagt, wie viele Leute damals angeworben wurden?»
    «Ja.» Sophie zieht an der Zigarette. «Vierzehn.»
    «Vierzehn? Vierzehn Mörder?»
    «Ob sie alle Mordaufträge hatten, weiß ich nicht. Sie sind einander nur das eine Mal in Stadlwald begegnet. Erst am Montag hat Gallagher Hervé und die zwei anderen höchstpersönlich auf uns angesetzt. ‹Befehl von oben›, das waren seine Worte.»
    «Fragt sich nur, warum», sagt Polivka. «Jacques’ Video lässt keine Rückschlüsse auf Oppitz oder Stranzer zu, noch nicht einmal auf Gallagher.»
    «Weil sich mein Bruder abgesichert hat, um nicht am Ende selber auf die Abschussliste zu geraten. Schließlich hatten die ja Angst, er könnte auspacken, falls wir den Film an die Behörden oder an die Medien weitergeben. Also hat er Gallagher erzählt, dass Jacques vor seinem Tod behauptet habe, über das Geheimprogramm im Bild zu sein. Er habe diesen Mord in Spanien nicht zufällig gefilmt, sondern sei ihm, Hervé, schon länger auf der Spur gewesen. Auf der Speicherkarte seien daher noch andere Informationen, die die Hintermänner der Aktion beträfen.»
    «Kluger Schachzug», nickt Polivka. «Das heißt, es hätte nichts gebracht, Hervé zu liquidieren, weil man auf der Speicherkarte ohnehin die viel brisanteren Indizien vermutet hat.»
    «Es heißt noch etwas anderes», mischt Singh sich ein. «Für einen echten Maharaja kannst du hundert Elefanten kaufen, und für hundert vorgetäuschte Elefanten einen Maharaja.»
    «Von Mahatma Gandhi ist das aber nicht», grinst Gutmaisch, der der bisherigen Unterhaltung etwas ratlos, aber still gefolgt ist.
    «Nein, von meinem Urgroßvater. Als er starb, war er ein reicher Mann.»
    «Sie meinen also», Polivka legt nachdenklich die Stirn in Falten, «dass wir Oppitz mit der Speicherkarte ködern sollten, mit belastenden Beweisen, die wir gar nicht haben … Ja, das könnte funktionieren. Ist es schwierig», wendet er sich jetzt an Gutmaisch, «ins Schloss Stadlwald hineinzukommen?»
    Gutmaisch wiegt den Kopf. «Na ja», sagt er, «wenn man dort eingeladen ist … Ansonsten tät ich’s nicht versuchen: Der Herr Fürst hat seine Leibwächter, und wenn seine verehrte Gattin, unsere Frau Ministerin, bei ihm heraußen ist, dann kommen noch zwei Herren von der Staatspolizei dazu.»
    «Was einmal mehr beweist, dass man nur mit Gewalt behalten kann, was man schon mit Gewalt gewonnen hat», meint Singh belehrend. « Das ist jetzt von Gandhi.»
    «Warum müssen wir denn überhaupt ins Schloss?» Sophie drückt ihre Zigarette aus. «Holen wir das Schwein doch aus dem Stall.»

    Nur zehn Minuten braucht es, Ottfried Gutmaisch, dem Sophie und Polivka inzwischen ausreichend vertrauen, in die Vorgeschichte einzuweihen, und nach einer weiteren halben Stunde haben sie mit seiner Hilfe einen groben Plan skizziert.
    Man wird
    1. nach Poysdorf fahren, um keine digitalen Spuren zu hinterlassen, und aus einer öffentlichen Telefonzelle den Fürsten anrufen.
    2. Oppitz ein Geschäft vorschlagen (denn die Sprache, die er wahrscheinlich am besten beherrscht, ist die Geschäftssprache): Für einen ordentlichen, aber nicht zu hohen Geldbetrag wird man ihm die Beweise anbieten, die Jacques Guillemain gesammelt hat.
    3. zur Übergabe einen Treffpunkt in Poysdorf vereinbaren, um allfällige Rollkommandos auf die falsche Fährte zu locken.
    4. die Bedingung stellen, dass Oppitz unbewaffnet und allein erscheinen muss. Es gilt nur eine Ausnahme: Falls Tilman Stranzer noch im Schloss ist, hat er Oppitz zu begleiten.
    5. nach Herrnbaumgarten zurückkehren.
    6. mit Hilfe einiger Freunde Gutmaischs auf der Straße zwischen Stadlwald und Poysdorf eine Absperrung errichten, um den Fürsten so zu einem Umweg durch Herrnbaumgarten zu zwingen (denn das ist die einzig mögliche Alternative, um nach Poysdorf zu gelangen).
    7. die fürstliche Karosse in die Schindergasse lotsen, eine unbewohnte, zwischen steilen Lösshängen versteckte Kellergasse im Osten des Ortes.
    «Und dann?», fragt Doktor Singh.
    «Dann wird man sehen», gibt Polivka zurück.

    In größeren Städten mag es noch halb neun Uhr früh sein, hier am Land ist es bereits halb neun Uhr vormittags. Die Bienen summen, die Traktoren brummen, und Sophie und Polivka bekommen endlich, was sie schon seit gestern Abend wollen: die Schlüssel von Singhs Tata. Bald schon schieben sie sich mit der Kunststoffkapsel durch die Landschaft wie eine enorme neongelbe Weinbergschnecke.
    Poysdorf

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