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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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wohl der Fürsorge, die der Burgheimer Kameradschaftsbund seinem steinernen Raubtier seit jeher angedeihen ließ. Am semmelblonden Schutzanstrich wurde nie der geringste Makel geduldet, und neuerdings hatte man unter gewaltiger Kraftanstrengung den Sockel, der vordem parallel zur Straße gestanden war, ein wenig gedreht. Diese neue Position gab dem Denkmallöwen unbestritten eine gewisse Dynamik.
    „Der schaut so drein, als hätte er gestern im Keller ein Glas zu viel erwischt, hab ich recht?“
    Polt hatte gar nicht bemerkt daß jemand neben ihm stand. „Nur keine Respektlosigkeiten!“ Er schaute dem frühen Spaziergänger ins Gesicht. „Sie wohnen im Kirchenwirt, nicht wahr?“
    „Wohnen? Meine Fürstensuite hat ungefähr die Maße einer Einzelzelle im Gefängnis, aber bei weitem nicht deren Komfort. Wie auch immer. Heinz Hafner ist mein Name, wenn ich mich recht entsinne. Mit wem habe ich das Vergnügen?“
    „Simon Polt, ich bin Gendarm hier.“
    „Im Augenblick offensichtlich außer Dienst.“ Hafner machte eine unbestimmte Handbewegung. „Wissen Sie, was ein Scribomane ist?“
    „Nein.“
    „Dachte ich mir fast. Ein zwanghaft Schreibender. Ich bin so einer. Schreibe immer, wenn ich mich nicht gerade sinnvoll betrinke oder mich angesichts schöner Frauen bloßstelle, durchaus auch im konkreten Sinne des Wortes. Schreiben macht mich reich, berühmt und schön. Die elitärste Freß- und Saufpostille des Landes wäre ohne mich längst verhungert oder verdurstet.“
    „Und was treibt Sie auf die Straße, so früh am Morgen?“
    „Die betäubende Wirkung des Trebernbrandes vom Kirchenwirt hat nicht lange genug angehalten. Nach nicht einmal vier Stunden war ich wach. Da bin ich eben losgezogen, um dieses ländliche Niemandsland mit herrlichen Gedanken und unsterblichen Zeilen zu beschenken. Da, sehen Sie.“ Hafner zog ein Gerät in der Größe eines flachen Notizblocks aus der Rocktasche. „Termine und Adressen, Wörterbücher und Rechner, Projektorganisation und Textverarbeitung. Internet natürlich.“
    „Und Sie werden über den Wein im Wiesbachtal schreiben?“
    „Auch, Herr Gendarm, auch.“
    „Da gibt es für Sie in unseren Kellern viel zu entdecken!“
    „Das fürchte ich allerdings.“
    Die beiden waren redend ein paar Schritte gegangen. Dann blieb Hafner stehen und zog Polt am Hemdärmel. „Zeit für eine dienstliche Wahrnehmung, mein Freund!“
    „Was meinen Sie damit?“
    „Richten Sie das Auge des Gesetzes auf das Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr! Sehen Sie nichts im Fenster?“
    Polt schaute angestrengt und glaubte, ein Flackern zu erkennen. Rasch trat er näher. Tatsächlich. Da war Feuer im Zeughaus. Flammen züngelten aus einem Haufen Uniformen, der auf dem Boden lag.
    „Originell.“ Heinz Hafner stand neben ihm und hatte sein Handy gezückt. „Soll ich den Feuerwehrnotruf wählen? Haben Sie übrigens das hier bemerkt?“ Er zeigte auf eine kleine Kreidezeichnung auf der Mauer, die einen Hut mit Feder darstellte. „Paßt irgendwie nicht in die Gegend, hm?“
    „Ja. Nein.“ Polt warf noch einen Blick auf das Feuer. Es machte einen recht harmlosen Eindruck. „Rufen Sie lieber nicht an. Und entschuldigen Sie mich für ein paar Minuten.“ Er lief zur nahen Telefonzelle und wählte die Privatnummer des Burgheimer Feuerwehrkommandanten.
    „Ja? Weinwurm. Was ist los, zum Teufel?“
    „Ich bin’s, Simon Polt. Im Zeughaus brennt es, Edi!“
    „Bist besoffen oder wie?“
    „Schön wär’s. Du, das schaut mir nach einem Bosheitsakt aus. Wenn ich jetzt Meldung mache und ihr offiziell ausrückt, lacht morgen das ganze Wiesbachtal. Zieh dich an, komm her und tu was dagegen!“
    „Und du willst mir keinen blöden Streich spielen, Simon?“
    „Nein. Verdammt noch einmal.“
    „Also gut.“
    Das Feuer war rasch gelöscht, und der Gendarm wollte Heinz Hafner noch bitten, nicht darüber zu reden. Doch vorerst konnte er ihn nirgends sehen. Dann entdeckte er ihn hinter dem Kriegerdenkmal. Er hielt sein wunderliches Gerät schräg ins Morgenlicht und tippte mit einem kleinen, schwarzen Stift unglaublich schnell auf den Bildschirm.
    Seltsamer Mensch, dachte Polt. Wie ein Motor, der zu hoch dreht. Dann ging er auf Hafner zu. „Darf ich kurz stören?“
    „Sie möchten sicher, daß diese possierliche Feuersbrunst unter uns bleibt.“
    „Ja.“
    „Die Freude kann ich Ihnen machen. Und wäre ich eine gute Fee, hätten Sie noch zwei Wünsche offen.“
    „Man kann nicht alles

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