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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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Schnüffelei der Gesellschaft einen Dienst erwiesen? Sie verstehen nichts, rein gar nichts.“
    „Muß ja auch nicht sein.“ Simon Polt erhob sich. „Der Rest ist nicht mehr meine Sache. Ich kann Sie wohl eine halbe Stunde allein lassen?“
    „Sie befürchten Flucht oder Selbstmord? Machen Sie sich nicht lächerlich, Inspektor.“
    Polt wandte sich ab, verließ den Raum, schloß zögernd die Tür und suchte den Weg ins Freie. Draußen war es dunkel geworden. Polt fror. Er wollte weg, trat kräftig in die Pedale. Doch der Runhof wuchs in die Nacht, holte ihn ein, ließ ihn los und holte ihn wieder ein.

Himmel, Polt und Hölle
    Himmel, Polt und Hölle

Sommerspiele
    Simon Polt spürte rauhe, rissige Rinde unter seiner Hand. „Wie alt wird so ein Nußbaum?“
    „Weiß ich nicht genau.“ Friedrich Kurzbacher schaute zum Blätter­dach hinauf. Kaum ein Sonnenstrahl drang durch, aber der Schatten glühte in der Hitze, die seit Wochen über dem Land lag. „Fünfzig, sechzig Jahre, ein Menschenalter vielleicht. Den da hat mein Vater gepflanzt, als ich zur Welt gekommen bin. Aber der Baum ist nicht mehr gut beieinander, seit ihn vor drei Jahren der Frost beim Austreiben erwischt hat.“
    Polt nickte langsam und griff in eine Höhlung des Stammes, an deren Rändern die Rinde auseinanderklaffte wie eine offene Wunde. Er zerrieb morsches Holz zwischen Daumen und Zeigefinger. „Wär schade um ihn, nicht wahr?“
    „Eigentlich sollt ich ihn umsägen. Aber so lang er noch austreibt, im Frühjahr …“ Kurzbacher schaute zum Weingarten hinüber, der vor seinem Preßhaus lag. Über den Reben zitterte die Luft. „Regen könnten wir brauchen. Wenn das so weitergeht, gibt’s eine Notreife.“
    „Und das bedeutet?“
    „Wässrige Beeren, dünne Weine.“
    „Gott bewahre!“
    Kurzbacher schmunzelte. „Wenn’s um den Wein geht, wird er sogar fromm, der Herr Gendarm. Trinken wir was?“
    „Weiß nicht recht, ich vertrag nicht viel bei der Hitze.“
    „Dann eben wenig.“ Der Weinbauer ging auf die offene Preßhaustür zu, und Polt folgte ihm.
    Nur den Sommer über war der Aufenthalt in den Preßhäusern wirklich angenehm. Im Herbst gab es jede Menge Arbeit hier, im Winter war es in den kleinen, weißgekalkten Gebäuden eiskalt, und die dicken Mauern hielten die Kälte auch noch im Frühjahr fest. Im Sommer aber blieb die Hitze draußen, und drinnen war es fast so kühl wie in einer Kirche. Polt empfand auch jedesmal so etwas wie unheilige Andacht, wenn er ein Preßhaus betrat. Das mochte am eigentümlichen Geruch liegen, gemischt aus altem Holz und Wein, aber auch die Ausstattung des Raumes hatte damit zu tun. Was der Mensch hier so brauchte, um es bequem zu haben, einen Tisch und irgendwelche Sitzgelegenheiten, war nicht weiter wichtig. Dafür mußten Möbelstücke herhalten, die für den Bauernhof schon viel zu schäbig waren. Aber alle Behältnisse und Gerätschaften, die den Weg der Trauben zum Wein begleiteten, standen würdig und ordentlich da, wie für ein erstarrtes Ritual, das erst wieder zur Zeit der Lese seinem Jahr für Jahr gleichen Ablauf folgen würde.
    Das galt besonders für Preßhäuser wie das von Friedrich Kurzbacher, wo noch eine alte Baumpresse den Raum beherrschte. In den mächtigen Preßbalken war eine Jahreszahl eingeschnitzt: 1779. Damals war Österreich noch eine Monarchie, und die Bauern mußten sich in das Diktat der Grundherren fügen. Die Gegenwart war durch einen kleinen Wandkalender vertreten, Geschenk der Aloisia Habesam, überaus gut sortiert in Gemischtwaren und Gerüchten. Polt kannte solche Kalender aus seiner Kindheit. Über einem dicken Block mit einem Abreißzettel für jeden Tag des Jahres tanzten zwei Zwerge aus erhaben geprägtem Karton.
    Er hörte die Stimme seines Freundes von der Kellertür her. „Macht’s was? Ich hab eine Flasche Grünen Veltliner offen.“
    „Schon gut!“ Polt hatte Durst und nicht nur Durst. Er hatte auch so richtig Lust auf diesen jungen, spritzigen Wein. „Halbvoll“, sagte er trotzdem vorsichtig.
    Der Kurzbacher füllte das Glas bis zum Rand. „Die obere Hälfte, wenn’s recht ist.“
    Sein Gast neigte heiter resignierend den Kopf und nahm einen kräftigen Schluck. Der frische Geschmack von Trauben füllte den Mund, berührte leichthin den Gaumen, und kehrte für einen kleinen, verführerischen Abschied wieder. Polt seufzte, streckte behaglich die Beine unter dem Tisch aus, senkte seine Nase und genoß den Duft, der ihn an sonnenheißes

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