Polt - die Klassiker in einem Band
haben.“
„Wem sagen Sie das.“
Auf dem Weg nach Hause blieb Polt noch einmal vor dem Gemeindeamt stehen. Der Asphalt vor der Eingangstür war gesäubert. Doch den kleinen, mit Kreide gezeichneten Hut an der rechten unteren Ecke der Tür hatte wohl niemand bemerkt.
Um acht betrat Polt mit mäßigem Diensteifer die Wachstube. „Guten Morgen! Ist der Chef da?“
Inspektor Holzer hob müde den Kopf. „Grüß dich, Simon. Er hat Besuch. Die Karin Walter wollte mit ihm reden. Unser Verkehrsunterricht in der Schule, du weißt schon. Wahrscheinlich balzt der Alte jetzt wie ein Auerhahn.“
„Wenn er nicht gerade eine Leberkässemmel in Arbeit hat.“
Mißmutig schaute Polt aus dem Fenster, wartete und fragte sich, was es denn da so endlos zu besprechen gäbe. Er hatte gerade den Entschluß gefaßt, mit irgendeiner Ausrede ins Büro seines Dienststellenleiters vorzudringen, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Er fuhr herum und stand der jungen Lehrerin gegenüber. „Karin!“
„Hallo, Simon. Können wir rasch ein paar Sätze reden, ungestört?“
Ernst Holzer grinste, stand auf und ging.
„Also, was ist?“
„Es geht um den Fürst Franzl, du kennst ihn ja.“
„Den Lehrer? Natürlich.“
„Hat sich was mit Lehrer! Er ist gekündigt worden, vor ein paar Wochen schon. Alle haben ihn gemocht, Kinder, Eltern, Kollegen. Niemand hat ihm seine Verrücktheiten übelgenommen und seine oft recht extremen Standpunkte. Aber die Sauferei hat ihn kaputtgemacht, Simon. Er war einfach nicht mehr tragbar.“
Polt nickte. „Sein Zimmer im Gemeindehaus hat er ja auch verloren. Wohnt jetzt in der Burgheimer Kellergasse, soviel ich weiß.“
„Wohnen ist übertrieben, Simon. Aber seine Verwahrlosung wär nicht das Schlimmste. Er ist dabei, sich aufzugeben, will einfach nicht mehr. Und wenn ich ihm gut zureden will, macht er mir Komplimente und spielt mir den fröhlichen Luftikus vor.“
„Und wenn ich mit ihm rede?“
„Wer weiß, vielleicht funktioniert das besser, von Mann zu Mann. Danke, Simon!“ Karin strich ihm mit den Fingerspitzen über das schlecht rasierte Kinn.
„Eine Dienstauffassung ist das, ich muß schon sagen!“ Von der Tür her klang die kräftige Stimme der Aloisia Habesam.
Polt räusperte sich. „Guten Morgen. Was kann ich tun für Sie?“
„Mir zum Beispiel sagen, warum Sie so einen roten Kopf haben, Herr Inspektor Polt. Und warum eine Junglehrerin die Schule schwänzt. Aber darum geht’s nicht.“
„Sondern?“
„Dieser Bruno Bartl war heute in meinem Geschäft. Ich hab lüften müssen nachher.“
„Und?“
„Wenn wer fragt, dann ich! Und ich möchte wissen, woher er das Geld gehabt hat.“
„Wofür denn, Frau Habesam?“
„Für ein Küchenmesser. Ein großes, scharfes. Und ganz verliebt angschaut hat er’s.“
Das Faß des Diogenes
Polt vermißte den vertrauten Geruch von Leberkäse, als er das Büro seines Vorgesetzten betrat.
„Kannst du mir sagen, Simon, warum ein Mensch bei halbwegs klarem Verstand so etwas ißt?“ Harald Mank löffelte eine weißliche Masse aus einem kleinen Pappbecher. „Die Mayonnaise schmeckt wie Stearin und der Rest schmeckt nach gar nichts.“
„Kindheitserinnerungen, wenn du mich fragst.“ Polt nahm sich einen Sessel, von dem er hoffte, daß er vorhin Karin Walter getragen hatte. „In den 60er Jahren war so ein Gabelbissen der pure Luxus.“
„Jaja. Und Sportgummi-Zuckerln im Kino. Aber du möchtest wohl über was anderes mit mir reden.“
„Ja, schon. Im Zeughaus der Feuerwehr hat’s gebrannt, so gegen sechs Uhr früh. Ich war zufällig dabei. Keine große Sache. Nur etwas ist mir komisch vorgekommen: Alle Fenster waren zu, und die Tür war versperrt, wie immer. Trotzdem hat einer drinnen Feuer gelegt, und zwar so, daß nicht viel passieren konnte. Der Weinwurm Edi hat’s inoffiziell gelöscht und will sich erst einmal bei seinen eigenen Leuten umhören.“
„Gute Idee. Ist ja leider gar nicht so selten, daß ein Feuerwehrmann zündelt. Was ich noch sagen wollte: Von dieser anrüchigen Sache vor dem Gemeindeamt hast du schon gehört?“
„Ja, Sepp Räuschl hat’s mir erzählt. Ich glaube fast, da kommt noch was auf uns zu. Gut möglich, daß diese Bosheitsakte, oder was immer das war, miteinander zu tun haben. Einen Hinweis dafür gibt es sogar. Aber der schaut eher nach einem Schundheftlroman aus.“ Polt nahm ein Blatt Papier und skizzierte ungeschickt einen Hut. „Der geheimnisvolle Täter hinterläßt sein
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