Polt - die Klassiker in einem Band
sie auch noch zu trinken. Sie hat dann freiwillig gekündigt.“ Kratky hob den Zeigefinger. „Es stellt sich hier natürlich die Frage nach der Urheberschaft dieser verderblichen Zeilen. Ein bis heute wohlgehütetes Pseudonym. Ich scheue allerdings nicht die Mutmaßung, daß sich hinter Sergant Pepper ein gewisser Heinz Hafner verbergen könnte.“
Harald Mank, der Kratky nur halb zugehört hatte, weil er an den Jausensack und mehr noch an dessen Inhalt dachte, war jetzt doch sehr interessiert. „Und was sagt er dazu?“
„Wir haben nach wie vor keine Gelegenheit, ihn zu fragen, und auf E-Mails reagiert er nicht. Auch der Chefredakteur hat keine Ahnung, wo sich sein teuerster Mitarbeiter im Augenblick befindet. Kommt öfter vor, sagt er. Diesmal liegen die Dinge aber ein wenig anders, meiner bescheidenen Meinung nach. Seit Jahren ist Hafner sehr darauf bedacht, sein Markenzeichen als strenger, aber integrer Kritiker zu pflegen. Könnte man ihm nachweisen, daß er damals aus Zorn über seine Abfuhr wissentlich die berufliche Existenz von Frau Pröstler zerstörte, wäre der schöne Ruf beim Teufel.“
„Ob sie Bescheid gewußt hat?“
„Vielleicht. Aber sie wird jedenfalls geahnt haben, wer dahinter steckt.“
„Und damit war sie für Heinz Hafner gefährlich.“
„In der Tat. So ein richtig schönes Mordmotiv ist es zwar nicht …, andererseits …, wenn man bedenkt, aus welch banalen Gründen Menschen umgebracht werden. Den passenden Rotwein hatte dieser Hafner jedenfalls zur Verfügung, wie Sie mir dankenswerter Weise berichtet haben, Kollege Polt. Er hätte ihn in aller Ruhe vergiften können. Bei Gelegenheit überreicht er den Wein dann seiner ‚Amy‘ Pröstler als tödliches Versöhnungsgeschenk und nimmt die entsprechende Flasche des Pfarrers an sich, um den geistlichen Herrn verdächtig zu machen. Er hingegen kann jederzeit eine unverdächtige Flasche mit 79er Cabernet Sauvignon herzeigen, mit dem alten Korken drin.“
„Und woher wußte er, wo der Schlüssel zum Weinschrank liegt?“
„Finden Sie’s heraus. Ich werde jetzt einmal abwarten, was der Untersuchungsrichter meint. Vielleicht reicht es für einen Haftbefehl. Und was machen Ihre unermüdlichen Ermittlungen sonst noch?“
Mank schaute Polt an, dieser berichtete.
Kratky griff zu seinen Unterlagen. „Sie stochern also im Heuhaufen. Geht wohl auch nicht anders. Die gottgefällige Frauenrunde muß natürlich gründlich befragt werden. Wäre ja nichts Neues, so eine frömmelnde Giftmischerin. Den Pfarrer werden Sie in Zukunft ein wenig härter anpacken müssen, bei allem Respekt, und diesen Mesner, wie heißt er doch gleich?“
„Firmian Halbwidl.“
„Namen gibt’s. Nun gut, meine Herren. Bis bald.“
Polt ging ins Vorzimmer, holte den Jausensack, und Mank griff zu.
„Ich brauche dich nachmittags hier, Simon“, sagte er mit vollem Mund, „jede Menge Schreibtischarbeit. Mit der Frauenrunde soll sich der Holzer befassen, der kennt sich da besser aus als du.“
Gegen Abend schob Polt seufzend einen dicken Stapel Papier von sich, ging nach Hause, um sein Fahrrad zu holen, und machte sich auf den Weg nach Brunndorf, weil der Kirchenwirt in Burgheim Ruhetag hatte.
An einem der drei Tische, die im Hof des Gasthauses Stelzer unter freiem Himmel standen, saß Sepp Räuschl. Vor ihm lag eine aufgeschlagene Zeitschrift. Der Gendarm setzte sich neben ihn und bemerkte, daß Räuschl mit dem eingehenden Studium nackter und auffallend vollbusiger Frauen beschäftigt war. „Genierer kennen die keinen“, brummte der Weinbauer, als er Polt bemerkte, „eine Sündhaftigkeit, wenn man sich so fotografieren läßt!“ Er blätterte um. „So ein Luder, ein wollüstiges. Und da schauen Sie, Herr Polt! Direkt zum Fürchten.“
„Sie müssen ja nicht hinschauen, Herr Räuschl!“
„Man muß sich für alles interessieren, heutzutage. Oder glauben Sie, ich bin von gestern? Aber was sich da so abspielt, das hätt’s früher nicht gegeben.“
„Und nach der Maiandacht, Herr Räuschl?“
„Das hat irgendwie dazugehört. Und harmlos war’s auch.“
„Und nach dem Kirtag? Hinter dem Gasthaus, wo euch niemand gesehen hat?“
„Da haben wir Kinder gemacht.“ Sepp Räuschl lachte. „Aber mit Anstand. Im Finstern.“
Martin Stelzer kam und stellte ein großes Glas Bier auf den Tisch. „Na, ihr zwei Lumpen?“ Dann nahm er die Zeitschrift und blätterte darin. „Mein Lieber! Da sieht man, was unsereiner zu Hause versäumt.“
Als
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