Polt - die Klassiker in einem Band
gerötetes Gesicht blaß wurde. „Entschuldige, Karin, ich hätte dich nicht damit belasten dürfen.“
„Woher sollst du denn wissen …“
„Ja, was denn?“
„Nichts. Du kennst mich eben anders.“
„Anders als wie?“
Karin war aufgestanden und drehte Polt den Rücken zu. „Weiß man …, weißt du, ich meine …, der Name von dem Toten?“
„Du wirst ihn kennen. Ferdinand Lutzer.“
„Du lieber Himmel! Nein!“ Karin hatte kaum verständlich geflüstert. Dann ging sie ins Schlafzimmer und schloß leise, aber nachdrücklich die Tür hinter sich.
Eiszeit
Polt wartete eine Weile, dann machte er ein paar zögernde Schritte in Karins Richtung, blieb stehen, dachte nach und verstand nichts. „Ich geh jetzt, recht so?“
Keine Antwort.
Zu Hause angelangt, versuchte Polt vergeblich zu schlafen. Irgendwann fielen ihm dann doch die Augen zu. Am nächsten Tag hatte er Mühe, aus dem Bett zu kommen, und nur die in vielen Jahren eingeübte Gewohnheit ließ ihn den Dienstantritt nicht versäumen.
„Morgen, Simon!“ Inspektor Holzer war schon im Gehen. „Du hast Besuch. Die Stirbl Kathi. Sei freundlich zu ihr. Sie braucht es, und wie!“
Polt schüttelte seine schläfrige Benommenheit ab. „Wo ist sie denn?“
„Im Zimmer vom Chef. Da hat sie’s noch am bequemsten.“
Polt trat ein, sah einen großen Polstersessel und eine winzig kleine Frau darin. Er sah wirre weiße Haare, darunter zwei knochige Knie und spindeldürre Beine.
„Frau Stirbl! Wo fehlt’s denn?“
Sie hob den tief gebeugten Kopf. „Man gewöhnt sich ja doch irgendwie.“
„Nicht bös sein. Ich versteh nicht.“
„Der Alois. Starr und steif, Simon. Starr und steif.“
„Tot also? Das tut mir wirklich leid für Sie. Wo haben Sie ihn denn gefunden?“
Jetzt lachte die Kathi Stirbl. Wie eine Hexe lachte sie, und Polt fürchtete schon um ihren Verstand. Da brach das Lachen ab, und die Greisin richtete sich mit einem Ruck ein Stück auf. „Im Kühlhaus war er. In meinem Gefrierabteil. Starr und steif. Und fünf paar Bratwürste sind weg.“
„Wann haben Sie ihn denn gefunden? Oder soll ich morgen vorbeikommen und Sie fragen?“
„Morgen ist so schlecht wie heute. Jeden Montag mach ich einen Kontrollgang und Inventur. Um sechs Uhr früh war’s, ich schlaf ja nur noch wenig. Also, ich komm hin: alles normal. Die Tür versperrt, die Gefrierabteile abgeschlossen. Aber dann der Alois: starr und steif.“
„Also hat jemand die Schlüssel gehabt.“
„Schlüssel haben nur unsere Mitglieder.“
„Und die tun so was nicht, klar. Wir schaun uns das alles noch genauer an, Frau Stirbl. Morgen kommt ohnedies der Inspektor Kratky mit seinen Leuten. Bis dahin lassen Sie bitte niemand ins Kühlhaus, ja? Entschuldigung, wenn ich frage: Der Alois, liegt er noch dort?“
„Ja. Was hätt ich denn tun sollen mit ihm?“
„Dann bleibt er bitte bis morgen noch liegen. Wir kümmern uns dann schon um ihn. Und noch was: Reden Sie bitte mit allen Mitgliedern. Die sollen nachdenken, ob ihnen irgendwas aufgefallen ist nachts. Wann waren Sie denn das letzte Mal im Kühlhaus?“
„Heute, wasch dir die Ohren, Simon.“
„Ich meine vorher.“
„Ach so. Da muß ich nachdenken. Donnerstag war’s.“
„Also seit damals bis heute. Jede Kleinigkeit kann wichtig sein.“
„Jaja. Viel bringen s’ zwar nicht mehr zusammen, meine Alten, aber neugierig sind sie. Und wenn sie erst noch erfahren, was passiert ist …“
„Ich bring Sie nach Hause, Frau Stirbl!“
„Gehen kann ich selber. Wollen sich nur vor der Arbeit drücken, die jungen Leute.“
Polt brachte Frau Stirbl zur Tür. Im Besprechungsraum fand er seinen Dienststellenleiter und berichtete. Mank legte eine aufdringlich rosafarbene Punschschnitte, der er sich eben hatte widmen wollen, achtlos beiseite. „Es ist zum Verrücktwerden, Simon. Achtzehn Jahre hab ich auf diesem Posten eigentlich immer mit Gaunereien zu tun gehabt, die irgendwie Hand und Fuß hatten. Und jetzt, ein paar Wochen bevor ich geh … Was meinst du, Simon, vielleicht hängt das alles zusammen?“
„Dazu fällt mir etwas ein, das der Fürnkranz gesagt hat. Wie war das genau? Ja, jetzt hab ich’s: Groteskes Unglück. Gilt eigentlich für das Preßhaus wie für das Kühlhaus.“
„Sollte ich mir merken, wird den Kratky beeindrucken. Aber er wird auch Neuigkeiten hören wollen. Hast du eine Ahnung, mit wem sich der Lutzer Ferdl so herumgetrieben hat?“
„Nein. Aber Leute kenn ich, für die er
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