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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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setzte, bog er in den schmalen Güterweg nach Burgheim ein. Erst einmal ging es ziemlich steil bergab. Simon Polt verschwendete keinen Gedanken daran zu bremsen und fuhr mit rasch zunehmendem Tempo talwärts. Jetzt pfiff ihm die Luft ja doch wieder recht kühl um die Ohren. Wenig später hemmte der nunmehr ansteigende Weg die rasche Fahrt. Polt trat kräftig in die Pedale, und nachdem er die kleine Erhebung überwunden hatte, ließ er das Fahrrad gemächlich weiterrollen. Ein paar hundert Meter vor der Burgheimer Kellergasse bremste er. An der rechten Wegseite ragte eine nahezu senkrechte Lößwand gut vier Meter hoch. Oben war ein Stück Wiese zu sehen, und dahinter standen Rebstöcke. In der Wiese saß regungslos ein Mann. Polt legte das Fahrrad ins Gras. Mit langsamen Schritten stieg er auf einem schmalen Fußweg nach oben. Der Mann saß ein wenig verloren zwischen wuchernden Halmen und Stauden, schaute ins Leere und summte eine Melodie. Simon Polt war in einiger Entfernung stehengeblieben, um ihn nicht zu erschrecken. Die Melodie war ihm vertraut, und sie erinnerte ihn fatal an Karel Gotts Ölsardinen­belcanto. Den Mann in der Wiese kannte er noch besser. Er hieß Willi, niemand wußte seinen Familiennamen. Es war schwer zu sagen, wie alt er war, wohl weit über fünfzig. Willi gehörte zum Leben im Dorf, ohne dabei irgendeine Rolle zu spielen. Die Unkrautwiese über dem Tal war sein Lieblingsplatz.
    Als im Weingarten ein Rebhuhn aufflog, schreckte Willi hoch, schaute sich um, erblickte Simon Polt, lief auf ihn zu und umarmte ihn.
    „Hallo, mein Freund!“ Polt schob ihn sachte von sich. „Wunderschön heute, wie?“
    Willis altes Kindergesicht strahlte. Dann redete er hastig darauf los, und kein Wort war zu verstehen.
    „Du mußt nicht alles auf einmal sagen.“ Polt faßte Willi an den Schultern. „Schön langsam, verstehst du? Eins nach dem anderen.“
    Willi nickte und nahm sich zusammen. „So viele Blumen, und Käfer, und Bienen!“
    Polt schaute sich um. Zwischen den Rebstöcken und dem Lößabsturz blieb Raum für ein Stück grüner Anarchie. Karin Walter, die junge Dorflehrerin, würde ihm einmal erklären müssen, was hier so alles wucherte und blühte. Das Geräusch eines sich nähernden Traktors unterbrach seine angenehmen Gedanken. Karl Gapmayr, einer der tüchtigsten Bauern im Dorf, hielt am Wiesenrand an und stellte den Motor ab. „Grüß Gott, Herr Inspektor. Was bringt denn Sie hierher? Hat der Willi was angestellt?“
    „Der und was anstellen! Wir haben miteinander geredet, in alter Freundschaft.“
    „In alter Freundschaft? Ja dann!“
    „Stören wir bei der Arbeit?“
    „Ach wo. Das Stück Wiese kümmert mich nicht. Etwas anderes: Warum haben Sie Ihren schlauen Freund eigentlich nie zur Gendarmerie geholt?“
    „Weil er zu gutmütig ist. Und zu arglos. Haben Sie was gegen ihn?“
    „Wo werd ich. Schönen Tag noch.“
    Willi hatte sich während des Gespräches ein paar Schritte entfernt. Polt trat neben ihn und genoß den Blick über die Rebenhügel zu ihren Füßen. Dann näherte er sich vorsichtig dem Lößabsturz. „Geht ganz schön tief hinunter da. Willi, sag einmal, paßt du auch wirklich auf? Gehst du nie zu nahe an die Kante?“
    Willi schüttelte eifrig den Kopf. „Nein, nie.“
    „Wirklich vorsichtig sein, ja? Versprichst du es mir?“
    Willi nickte ernsthaft.
    „Dann ist es gut. Hab’s schön hier. Und bis bald wieder einmal.“
    „Warte!“ Willi rannte los und pflückte eilig alle Frühlingsblumen, die er finden konnte. „Für dich!“ sagte er und streckte Polt lächelnd den kleinen Strauß entgegen. Der nahm ihn, bedankte sich und schaute Willi in die Augen. „Du bist ein Guter.“ Als er bei seinem Fahrrad angelangt war, winkte er Willi zu und freute sich auf die mühelose Fahrt durch die abfallende Kellergasse. Doch schon nach den ersten paar Preßhäusern hörte er eine Stimme, tief und volltönend wie Orgelklang.
    „Halt, Herr Inspektor, stehenbleiben, sonst passiert was!“
    Polt bremste hastig. „Was soll denn passieren?“
    Die kleine, magere Gestalt von Sepp Räuschl versperrte ihm breitbeinig den Weg. „Was Schreckliches. Wir könnten nicht trinken, wir zwei.“
    „Nicht auszudenken.“ Polt stieg ab und lehnte sein Fahrrad vorsichtig ans Preßhaus, um die dünne Kalkschicht über der Mauer aus Lehm, Steinen und Stroh nicht zu verletzen.
    „Nur herein!“
    Drinnen war es deutlich kühler. Räuschl wies mit einer Kopfbewegung auf die kleine

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