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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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hölzerne Weinpresse: „Kennen Sie so etwas überhaupt, Herr Inspektor? Eine Kastenpresse, die Leute sagen auch Nahwinkerlpresse dazu. Davon gibt es nicht mehr viele. War eher was für kleine Weinbauern, nichts, worauf man stolz sein müßte. Ohne Preßstein braucht man ganz schön viel Kraft, nur der da hat einem geholfen.“ Er wies auf eine senkrecht stehende, drehbare Holzstange. „Das ist der Faulenzer. An die Hebelstange der Presse ist ein Strick gebunden worden, und das andere Ende war um den Faulenzer gewickelt. Gar nicht so dumm gewesen, unsere Alten. Aber heute arbeitet kein Mensch mehr so. Weil alles schnell gehen muß.“
    „Ja, leider.“ Polt zeigte verlegen seine Blumen her. „Kann ich die irgendwo ins Wasser stellen?“
    Räuschl holte ein Weinglas hervor, auf dem „Gruß aus Maria Taferl“ geschrieben stand. „Paßt wunderbar. Wer schenkt Ihnen übrigens Blumen, Herr Inspektor, wenn die Frage erlaubt ist, noch dazu so schäbige?“
    „Der Willi.“
    „So. Der.“
    Sepp Räuschl nahm zwei Kostgläser, spülte sie aus und öffnete vorsichtig die Kellertür. „Nirgends anstreifen, Herr Inspektor, es ist alles naß hier um diese Jahreszeit.“
    Es gab nur drei Stufen, dann folgten die Männer einer schrägen Wegfläche tieferwärts. Der Keller war mit Ziegeln gewölbt, zwei abgewinkelte Gänge umfaßten ein Rechteck, und der dritte Gang verlief als Diagonale dazwischen. Dazu gab es noch eine in den Löß gegrabene Höhle, in der Erdäpfel lagerten. Polt kannte Sepp Räuschl als Kellernachbar des Höllenbauern. Hier war er aber noch nie gewesen.
    „Klein ist er halt, der Keller. Doch für die paar Trauben, die ich ernte, reicht er.“ Sepp Räuschl kletterte mit dem Tupfer, dem Weinheber, in der Hand eine kleine Eisenleiter hoch. „Der ist nächste Woche zum Filtrieren dran. Ein Grüner. Ich möchte wissen, was Sie dazu sagen.“ Räuschl ließ den Wein in die Gläser laufen, kostete gleich einmal, und in seinem faltigen Gesicht war ein verschwörerisches Lächeln. „Na?“
    Polt nahm einen kräftigen Schluck. „Sie verstehen mehr vom Wein als ich. Aber wenn Sie mich schon fragen. Der Grüne Veltliner da ist eigentlich waffenscheinpflichtig.“
    „Und warum?“ Sepp Räuschls Lächeln vertiefte sich.
    „Weil er fromme Männer auf gottlose Gedanken bringt, tugendsame Frauen auf unkeusche Ideen und ehrbare Gendarmen auf dunkle Abwege.“
    „So ist es recht.“ Der Weinbauer schenkte ungefragt nach. „Aber es hört sich bald alles auf.“
    „Was alles?“
    „Das Zusammenleben in den Kellern und im Dorf. Die Nachbarn reden nichts mehr miteinander, die Wirte sperren zu und die Wiener kaufen sich unsere Häuser.“
    „Kommt wenigstens Geld ins Land.“
    „Ja, für Blödheiten. Noch ein Glas?“
    „Nicht beleidigt sein, Herr Räuschl, aber lieber nicht. Ich habe heute Nachtdienst.“
    „Muß ich also aufpassen, beim Nachhausefahren?“
    „Am besten wär’s, Sie gingen zu Fuß.“
    Geruhsam stiegen die beiden nach oben. Polt nahm die Blumen aus dem Weinglas, kniff ein wenig die Augen zu, als er ins Sonnenlicht vor dem Preßhaus trat, und blieb dann erschrocken stehen.
    Sepp Räuschl drehte den großen Schlüssel im Schloß und wandte sich dem Gendarmen zu. „Was ist denn los?“
    „Wir haben einen Fußgänger mehr“, murmelte Polt und zeigte auf sein Fahrrad. Die Reifen waren zerstochen, die Felgen grotesk verdreht, und unter dem Bügel des Gepäckträgers klemmte ein toter Hase, der offensichtlich unter die Räder eines Autos gekommen war.
    Künstlerpech
    Simon Polt kam pünktlich um fünf in die Dienststelle und berichtete von seinem Mißgeschick.
    „Vielleicht sollte man dir künftig einen Gendarmen mitgeben, der auf dich aufpaßt.“ Inspektor Holzer grinste.
    „Womöglich auch noch dich. Dann wären wir nämlich noch jetzt im Räuschlkeller, nicht wahr?“
    Holzer enthielt sich einer Antwort. „Was hast du übrigens mit dem toten Hasen gemacht?“
    „Verbotenerweise beerdigt, gleich hinter dem Preßhaus. Sepp Räuschl war der einzige Trauergast.“
    „Und dein Fahrrad?“
    „Steht schon beim Röhrig Walter. Der taugt mehr als mancher Mechaniker.“
    Ernst Holzer trank einen Schluck Kaffee. „Wirst du Anzeige erstatten?“
    „Den Papierkram erspare ich mir lieber. Irgendwann werde ich schon draufkommen, was los war. Was mich aber an der Sache stört, ist die kalte Bosheit, die dahintersteckt. Das war mehr als ein blöder Streich.“
    Holzer seufzte. „Es geht eben immer

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