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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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die große Zeit der Grundherrschaft eigentlich vorbei?“ fragte er interessiert. „Mit der Bauernbefreiung?“
    „1848 meinen Sie? Nicht einmal so sehr. Die Bauern mußten für ihre neue Freiheit ja bezahlen, und nicht wenige gingen daran zugrunde. Die Gutsherren hatten hingegen frisches Geld und konnten ihre Höfe modernisieren. Außerdem war Arbeitskraft so billig wie nie. Verarmte Bauern, arbeitslose Landarbeiter, umherziehendes Gesindel. Der Verwalter war da nicht zimperlich, er sorgte mit eiserner Hand dafür, daß fleißig gearbeitet wurde. Sogar nach dem Ersten Weltkrieg standen die Gutshöfe noch ganz passabel da.“ Breitwieser stand auf und holte ein schmales Bändchen aus dem Regal. „Hier, sehen Sie. 1927 waren reichsdeutsche Landwirte im Weinviertel. Das ist die Dokumentation ihrer Studienreise. Auch der Runhof wird darin erwähnt. 347 Stück Großvieh standen im Stall, und die Ausstattung mit Maschinen war recht gut. Nur mit den Arbeitskräften gab es damals schon Probleme. Das Grenzland war ausgeblutet und fast menschenleer. Man mußte sich mit tschechischen Akkordarbeitern helfen. – Aber Sie sind bestimmt nicht zu mir gekommen, Inspektor, um über alte Zeiten zu reden, habe ich recht?“
    Polt nickte. „Es geht natürlich um diesen Unfall. Ihre Frau wird Ihnen ja davon erzählt haben, daß Herr Riebl kein gewöhnliches Unfall­opfer war.“
    „Ja. Danke, daß Sie sich so um den Fall kümmern. Aber es ändert wohl nicht viel, wie?“
    „Nein. Es sei denn, wir finden einen Zeugen, der irgend etwas in dieser Richtung bemerkt hat. Aber noch was kommt dazu: Ihr Auto war ja kaum noch lenkbar.“
    „Sie meinen, ich könnte mich darauf hinausreden? Das ist nicht meine Art. Außerdem bin ich langsam gefahren und hatte das Fahrzeug durchaus in meiner Gewalt.“
    Polt lehnte sich vorsichtig in seinem knarrenden Stuhl zurück. „Nur weil es mich persönlich interessiert: Sie und Ihre Frau kommen doch aus Wien, nicht wahr?“
    „Ja. Ich hatte maturiert und wollte Medizin studieren. Da kam der Krieg dazwischen und hat alles zerstört. Heimat, Würde, Lebenskraft. Aber wir hatten noch Illusionen, damals, meine junge Frau und ich: ein Bollwerk bäuerlicher Kultur an der feindlich gewordenen Grenze. Der Gutsherr war damals froh, daß sich jemand um die Gebäude kümmerte, besser gesagt, um den traurigen Rest, den die Zerstörungswut der Russen übriggelassen hat. Die Pacht war also denkbar gering und ist auch heute nicht hoch. Wir haben schwer gearbeitet und eisern gespart und wir sind gescheitert, Inspektor. Ja, wenn es einen Sohn gäbe, stark und entschlossen, dann könnte es sich schon noch lohnen, für die Zukunft zu kämpfen. Aber so hat uns das Schicksal bestohlen. Sie ahnen nicht, wie sehr. Aber lassen wir das. Es zählt heute nicht mehr. Wir werden den Runhof aufgeben müssen, und er wird dann wohl endgültig verfallen. – Entschuldigen Sie mich bitte für einen Augenblick.“ Breitwieser erhob sich, ging zum Schreibtisch, nahm ein dort liegendes Fernglas und spähte durch eines der hohen Fenster nach Osten. „Dachte ich es mir doch. Sie kommen immer am frühen Nachmittag.“ Er wandte sich dem Gendarmen zu. „Der Runhof steht unter Beobachtung, müssen Sie wissen.“
    Polt blickte erstaunt hoch. „Und wer sollte so etwas tun?“
    „Kinder. Ihre Gesichter kann ich nicht erkennen. Für die bin ich wohl ein greiser Raubritter in einer finsteren Feste.“ Er reichte Polt das Glas, und tatsächlich sah der Gendarm, daß sich bei der Buschgruppe, wo die Zufahrt zum Runhof einen Knick machte, etwas bewegte.
    Die Viererbande
    „Wir sind da. Hier ist er gelegen.“ Simon Polts Stimme klang spröd. Er und Karin Walter waren mit den Fahrrädern durch die Burgheimer Kellergasse zur Wiese unter dem Lößabsturz gefahren. Es war ein schöner Sonntagmorgen, und die Steilwand leuchtete in der Sonne.
    „Ich war schon lange nicht mehr hier.“ Die Lehrerin legte ihr Fahrrad ins Gras. „Schön ist es. Entschuldige, Simon, wenn ich das so sage.“
    „Warum denn nicht? Dem Willi hat es auch gefallen.“
    Karin schaute Polt prüfend an. „Meinst du das ironisch?“
    „Nein, Karin, ganz und gar nicht. Weißt du, nach und nach schieben sich die hellen Bilder vor die dunklen.“
    „Recht so. Übrigens habe ich erzählen gehört, daß es hier früher eine kleine Ziegelei gegeben hat.“
    „Wie so häufig in dieser Gegend. Warum nicht. Das würde auch die Höhe der Wand erklären und die eigenartige

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