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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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Wiesenbucht davor. Kannst du mir übrigens sagen, woher die Löcher im Löß kommen?“
    „Das sind Vogelwohnungen, wenn mich nicht alles täuscht, Bienenfresser waren da am Werk. Zieselbauten werden auch darunter sein, mit Balkon und Fernsicht sozusagen. Na ja. Und unterhalb wuchert es, wie das eben so ist, auf brachliegenden Grünflächen, den Gstetten. Hinten siehst du Hollerstauden, einen Nußbaum, und irgendwann werden die Akaziensträucher die Alleinherrschaft antreten. Die Unkrautwiese davor steht derzeit natürlich in voller Blüte.“ Karin zupfte eine kleine Dolde vom Stengel. „Das ist zum Beispiel der gelbe Wiesensilau. Was hätten wir denn noch?“ Sie wurde von pädagogischem Eifer ergriffen. „Blau blühende Wegwarte, gelb blühendes Habichtskraut. Diese violetten Kerzen hier, das ist Wiesensalbei. Mein Lieber, da spielt es sich ab! Johanniskraut, Kugeldisteln, kleine weiße Nachtlichtnelken, Steinklee, Taubnesseln. Ja, und da schau her! Ein blauer Natternkopf!“
    Polt, schon einigermaßen verwirrt, fiel Karin ins Wort. „Natternkopf? Wie kommt denn eine Blume zu diesem Namen?“
    Die Lehrerin zeigte auf Staubgefäße, die auffallend weit aus der Blüte ragten. „Und dazu noch eine zweispaltige Narbe.“ Sie machte ein spitzes Gesicht und züngelte.
    „Ah, ja, ich verstehe.“ Polt war beeindruckt. Langsam näherten sie sich dem dichten Gestrüpp am Fuß der Lößwand. Polt versuchte seiner Begleiterin den Weg zu bahnen. Dann blieb er überrascht stehen. Eine niedrige Höhle zog sich, durch das Zweigwerk vor Blicken geschützt, an die zehn Meter in den Löß. „Wenn das kein Abenteuer­spielplatz ist!“
    Karin Walter trat dicht an Polt heran. „Und ob. Allerdings ein ziemlich gefährlicher.“
    Die beiden gingen zum Wegrand zurück.
    „Das hier ist übrigens ein Götterbaum.“ Sie zupfte ein Blatt vom Zweig und zerrieb es zwischen Daumen und Zeigefinger. „Riecht erstaunlicherweise wie ein Hasenstall. Da, probier’s!“
    Simon Polt stellte fest, daß er gerne an Karins Fingern roch, Hasenstall hin oder her.
    Sie wischte flüchtig die Hand an den Jeans ab. „Gehen wir hinauf?“
    Polt gab sich einen Ruck. „Ja, gehen wir.“
    Oben angekommen, waren beide ein wenig außer Atem. Unter ihnen lag ein sanftes Gewirr von Hügeln, kleine Weingartenhütten standen zwischen den Reben. Tieferwärts waren die Kirchtürme von Burgheim und Brunndorf zu sehen, und dazwischen ragte der Schlot eines Ziegelofens hoch, der in den 50er Jahren zusperren hatte müssen. Nicht einmal für die Abwicklung des Konkurses war genug Geld dagewesen.
    Karin trat an den Rand des Absturzes und schaute vorsichtig hinunter. „Da ragen Steine aus dem Löß, und der Regen hat turmartige Gebilde ausgewaschen.“
    „Das hat der Willi alles zu spüren bekommen, beim Hinunterfallen.“ Simon Polt legte den Arm um ihre Schulter. „Hast du dich übrigens umgeschaut, unter deinen Schulkindern?“
    Sie streifte seinen Arm ab. „Natürlich habe ich das.“
    „ Ja und?“
    „Nichts Konkretes, beim besten Willen nicht.“
    „Aber etwas macht dich stutzig, nicht wahr?“
    „Du kennst mich schon viel zu gut.“ Karin riß unwillig einen Grashalm aus. „Es gibt da so etwas wie eine Lausbubenbande in der ersten Klasse. Was die so treiben, ist nicht immer harmlos und manchmal auch richtig boshaft. Andererseits: Besonders der Anführer, der Klaus, ist ein heller Kopf. Und er hat Sinn für Kameradschaft. Wie auch immer. Mit denen ist irgendwas los, da bin ich mir ziemlich sicher. Sie sind lauter und aggressiver als sonst und dann wieder völlig unkonzentriert.“
    „Und seit wann ist das so?“
    „Ich weiß, was du hören möchtest, Simon. Aber so auffällig sind diese Buben auch wieder nicht. Erst nach unserem Gespräch, als ich genauer hingeschaut habe, bin ich aufmerksam geworden. Ich habe dann mit dem Klaus geredet. Aber außer einer patzigen Antwort habe ich nichts zu hören bekommen.“
    „Hast du ihn direkt auf den Willi angesprochen?“
    „Nein, hab ich nicht. Wär doch reichlich ungeschickt gewesen, oder?“
    „Jaja. Und wie komme ich an die vier heran?“
    „Ich habe befürchtet, daß du das willst. Vorerst gibt es für mich nur zwei Möglichkeiten. Sieh zu, daß du wieder einmal zum Verkehrsunterricht in die Hauptschule eingeteilt wirst. Dann kannst du dir ein erstes Bild von den Buben machen. Oder du hast Glück und erwischst sie in der aufgelassenen Kellergasse zwischen Brunndorf und Burgheim. Dort spielen sie

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