Polt - die Klassiker in einem Band
Er gähnte, legte sich in die Wiese und schlief ein. Spät am Nachmittag erwachte er, rieb sich die Augen, ging zu seinem Fahrrad hinunter und fuhr nach Hause.
Kein Czernohorsky, der Napf war voll wie jeden Tag. Ein Kater ist kein Mensch, dachte Polt, aber schlimm wär’s schon zu wissen, daß er tot ist. Dann aß er eine Kleinigkeit, knipste das Licht aus, setzte sich zum offenen Küchenfenster und schaute in den Abend hinaus, der allmählich zur Nacht wurde. Er schlief nicht ein, er war nicht wach, und mit der Zeit machten sich seine Gedanken selbständig. Wie Fledermäuse flatterten sie durchs dunkle Zimmer, scheinbar ziellos, doch stets auf der Jagd nach Beute.
Räuber und Gendarm
Nach einem Nachtdienst und ein paar Stunden unruhigem Schlaf am Vormittag fühlte sich Polt müde und zerschlagen. Es hatte einen schweren Verkehrsunfall gegeben. Ein Auto war gegen drei Uhr früh gegen einen Baum geprallt. Zwei Mädchen und ein junger Mann waren tot, der Lenker lag schwer verletzt im Breitenfelder Krankenhaus. Die Blutabnahme hatte 1,5 Promille Alkohol ergeben. Polt kannte den Unglücksfahrer flüchtig. Nach dem Bundesheer war er in der Burgheimer Konservenfabrik beschäftigt gewesen, die aber bald geschlossen wurde. Seitdem war er arbeitslos. Hin und wieder hatte ihn Polt als Pfuscher bei Baustellen gesehen und rasch weggeschaut.
Mit einem scheuen Blick auf Czernohorskys unberührten Futternapf verließ der Gendarm seine Wohnung und begab sich zum Kirchenwirt. Er aß eine Kleinigkeit, obwohl er nicht hungrig war, ging zurück nach Hause und las in der Tageszeitung, weil ihm nichts Besseres einfiel. Dann schrillte das Telefon. Polt hätte viel für ein schönes altmodisches Klingeln gegeben, aber damit war es vorbei.
„Ja, Polt?“
„Ich bin’s, Franz Heindl. Unser Anführer, der Klaus, läßt sagen, daß Sie um drei im Niemandsland sein sollen. Wegen der Bewilligung, Sie wissen schon.“
„Um drei? Das geht. Sonst noch was?“
„Ja. Sie müssen allein kommen. Und unbewaffnet.“
„In Ordnung.“
Polt schaute auf die Uhr. Es blieb noch ein wenig Zeit. Er überlegte. Die vier ließen ihn also mitspielen. Und warum? Weil sie dann die Spielregeln bestimmen konnten, alles klar.
Pünktlich um drei war er in der verlassenen Kellergasse. Er wurde von zwei Buben erwartet, die er nicht kannte. Der etwas kleinere ergriff das Wort. „Grüß Gott, Herr Inspektor Polt. Ich habe mit Ihnen telefoniert. Mein Freund hier ist der Öller Robert.“ Ernst fügte er hinzu: „Wir müssen Ihnen leider die Augen verbinden.“
„Was sein muß, muß sein.“ Simon Polt setzte sich ins Gras, um es den beiden leichter zu machen. Dann stand er ein wenig unsicher auf und spürte eine kräftige kleine Hand in der seinen. Ein paarmal wurde er im Kreis geführt, dann ging es bergauf, durch dichtes Buschwerk, und endlich blieben sie stehen.
„Wir sind da.“ Polt erkannte die Stimme von Franz Heindl. „Vor Ihnen ist eine Strickleiter. Sie schaffen das schon, es geht nicht sehr hoch hinauf.“
Simon Polt tat sein Bestes, und nachdem er vielleicht zwei Meter hochgeklettert war, spürte er Hände, die ihm nach oben halfen. Er kam auf Brettern zu sitzen. „Ihr könnt ihm die Augenbinde abnehmen“, hörte er Klaus Wieser sagen. Der Gendarm war nicht wirklich erstaunt, sich in einem Baumhaus wiederzufinden. Der Holzverschlag war recht geräumig, und Polt brauchte nicht gebückt zu sitzen. „Nicht schlecht hier, alle Achtung.“
„Die Wolkenburg. Das zweite große Geheimnis.“ Die Stimme von Klaus Wieser klang feierlich.
„Und wie komme ich zu der Ehre?“
„Gäste in der Wolkenburg fragen nicht. Sie werden gefragt.“
„Strenge Sitten, also bitte, ich höre.“
„Was wissen Sie von der Höhle unter dem Lößabsturz, Herr Inspektor Polt?“
„Nicht viel. Ich habe sie zufällig entdeckt, als ich mir die Wiese näher angeschaut habe, ihr wißt ja, die traurige Sache mit dem Willi.“
Die vier tauschten rasche Blicke aus, dann fragte ihr Anführer betont ruhig: „Waren Sie drin in der Höhle, Herr Inspektor?“
„Nein. Wäre auch nicht ganz ungefährlich gewesen, bei dem lockeren Material darüber.“
„Und warum haben Sie mich dann neulich gerade nach dieser Höhle gefragt?“
„Also, unter uns gesagt, es war kein reiner Zufall. Ich weiß bis heute nicht, wie der Unfall mit dem Willi wirklich passiert ist. Darum suche ich Leute, die etwas gesehen haben könnten.“
„Diese Gegend steht nicht unter
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