Polt - die Klassiker in einem Band
Ihnen der Kater überhaupt so viel wert.“
„Und?“ fragte Polt.
„Er lebt. Jetzt muß er selber sehen, daß er durchkommt, ich kann da nichts mehr tun.“ Er reichte dem Gendarmen eine Pappdose. „Hier sind Pillen zur Kräftigung drin. Die stecken Sie ihm in den Schlund. Jeden Tag drei. Sie wissen, wie das geht?“
Polt nickte.
„Gut.“ Der Arzt ging ins Ordinationszimmer und kam mit einer großen Schachtel wieder. „Hier bitte. Und lassen Sie ihn nicht fallen.“
Simon Polt nahm Czernohorsky, ließ das Fahrrad stehen und trug den Kater nach Hause. Vorsichtig bettete er ihn auf seinen Lieblingsplatz. Czernohorsky gab einen schmerzlichen Laut von sich und lag dann still. Auf dem Bauch war das Fell wegrasiert worden, die Wunde war vernäht, und die Haut glänzte vom Sprühpflaster. Polt kraulte den Kater hinter den Ohren, sah aber keine Reaktion. Dann zwang er ihm vorsichtig das Maul auf und steckte eine der mitgebrachten Tabletten möglichst tief hinein. Czernohorsky würgte. „Kater, Kater“, murmelte Polt, „irgendwie ist das heute nicht unser Tag.“ Er hatte keine Lust aufs Abendessen, goß aber den Bierkrug voll, weil er schläfrig werden wollte. Der Kater öffnete halb die Augen und schaute zu. Polt tauchte eine Fingerspitze in den Schaum und hielt sie Czernohorsky vor die Nase. Und siehe: Eine rosa Zunge erschien und leckte. „Von wem du das nur hast.“ Simon Polt tat einigermaßen getröstet einen kräftigen Schluck.
Am nächsten Morgen versuchte Czernohorsky aufzustehen, war aber zu schwach. Immerhin nahm er das Futter an, das ihm sein Mitbewohner und Ernährer ins Maul steckte. Polt telefonierte noch mit der alten Erna, um ihr wegen Czernohorsky Bescheid zu geben, dann zog er seine Uniform an und machte sich auf den Weg ins Wachzimmer.
„Grüß dich, Simon.“ Inspektor Holzer deutete mit dem Daumen über seine Schulter. „Du sollst gleich einmal zum Chef. Da braut sich was zusammen.“
„Guten Morgen.“ Harald Manks Stimme klang förmlich. Polt grüßte und setzte sich.
Der Dienststellenleiter musterte seinen Freund und Kollegen sorgenvoll. „Zwei Sachen, Simon. Eine lästige und eine wirklich unangenehme.“
„Ich kann’s mir so ungefähr denken.“ Polt betrachtete eingehend das Bild des Bundespräsidenten über dem Schreibtisch des Dienststellenleiters.
Mank lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Paul Frieb hat offensichtlich mit ein paar guten Freunden geredet. Mein Gott, Simon! Noch gestern hätte ich viel dafür gegeben, einmal mit einem meiner obersten Vorgesetzten sprechen zu können. Heute früh hat einer angerufen. Der Name geht dich nichts an.“
Polt löste den Blick vom Präsidenten und schaute Mank ins Gesicht. „Donnerwetter. Und das alles nur, weil ich mich mit besoffenen Skinheads herumprügle?“
„Ja. Es wurde mir nahegelegt, besonders korrekt und mit Feingefühl vorzugehen.“
„Das ist genau die Sprache, die Anatol und René verstehen, nicht wahr?“
„Es geht um den Dienstweg, Simon. Es darf nichts an unserer Arbeit geben, das angreifbar wäre. Auf dich wartet also jede Menge Hausaufgaben. Du hast ohnedies Innendienst heute. Mit einer Ausnahme.“
„Und die wäre?“
„Manfred Wieser hat angerufen und sich über dich beschwert. Außerdem hat er gesagt, daß er heute den Klaus in die Schule begleiten wird, um die Sache mit Karin Walter zu besprechen. Die ist ja Klassenvorstand. Oder heißt das heutzutage Klassenvorständin?“
„Weiß ich nicht.“
„Ist ja auch egal. Aber jetzt einmal unter uns, Simon. Daß dir die Sache mit dem Willi keine Ruhe läßt, ist verständlich, aber deine Angelegenheit. Für mich sind die Ermittlungen abgeschlossen. Und was diese Viererbande angeht: Ein paar von ihren Missetaten waren ganz bestimmt mehr als Lausbubenstreiche, und ein paar weitere könnte man noch herausfinden. Für eine Anzeige würde das schon reichen. Fragt sich nur, ob das der richtige Weg ist, mit den Helden umzugehen.“
„Bestimmt nicht.“
„Und dann hat es was zwischen den Buben und dem Willi gegeben. Angeblich hast du so etwas wie einen Beweis.“
„Beweis nur dafür, daß die vier den Willi aus ihrem Revier vertreiben wollten.“
„Ich will es eigentlich gar nicht so genau wissen. Es gibt also nach wie vor nichts, was uns offiziell interessieren müßte.“
„Ich gehe der Sache privat nach.“
„Dem Wieser gegenüber hast du aber mit der Gendarmerie gedroht, das war ein Fehler, Simon.“
„Ich war wütend. Aber du hast
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