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Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen
Autoren: Alfred Komarek
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diese wohltuende Stille. Dann waren hastige Schritte zu hören, und Martin Stelzer, der Wirt von Brunndorf, kam die Kellerstiege heruntergerannt. »Schnell, Herr Doktor«, sagte er atemlos. »Sie haben auf dem Fußballplatz gleich hinter meinem Wirtshaus den Bartl gefunden. Wenn er nur nicht tot ist: Er rührt sich nicht, und sein Kopf ist voller Blut.«
     
    Polt auf der Bettkante
     
    Simon Polt traute seinen Augen nicht: In einem Bett des Bezirkskrankenhauses Breitenfeld lag, angetan mit einem manierlichen Nachthemd, ein unglaublich sauberer Mensch, dessen Gesicht unter dem weißen Kopfverband nur bei sehr genauer Betrachtung an Bruno Bartl erinnerte. Er schlief.
    »Wenn er dann aufwacht, können Sie ruhig mit ihm reden, Herr Inspektor«, sagte der Arzt neben Polt und betrachtete zufrieden seinen Patienten. »Es gibt viele, die einen solchen Hieb nicht überlebt hätten. Aber unser Herr Bartl hat ein beachtlich massives Denkgehäuse.«
    »Mit einer bemerkenswerten Inneneinrichtung«, fügte der Gendarm schmunzelnd hinzu. Dann zog er einen Sessel nahe an die Bettkante, nahm Platz und wartete geduldig.
    Er war noch müde von der vergangenen Nacht. Für die Ermittlungen am Tatort waren zwar seine diensthabenden Kollegen zuständig gewesen, aber Simon Polt hatte sich natürlich kein Detail entgehen lassen, und dann war er noch wach geblieben, bis endlich gegen vier Uhr früh die Nachricht aus dem Krankenhaus kam, daß für Bruno Bartl keine Lebensgefahr bestand. Noch fehlten Hinweise auf den stumpfen Gegenstand, mit dem er, wohl in der Absicht zu töten, niedergeschlagen worden war. Was den Kreis der Verdächtigen betraf, schien eines immerhin festzustehen: Die Gewalttat war nur in Zusammenhang mit dem toten Albert Hahn erklärbar und mit der bizarren Rolle, die Bartl in dessen Leben gespielt hatte. Der Gendarm erinnerte sich an Bartls Auftritte beim Begräbnis und später bei der Weinverkostung in Florian Swobodas Preßhaus. Es gab offenbar irgend etwas, das diesen scheuen Menschen damals zu seinem provokanten Verhalten bewogen und sein unfreiwilliges Publikum dazu gebracht hatte, ihn widerspruchslos gewähren zu lassen. Als Erpresser war der sonderliche Trunkenbold dennoch kaum vorstellbar, weil geplantes und gezieltes Vorgehen ganz einfach nicht zu ihm paßte.
    Bartl, der bisher ruhig im Bett gelegen hatte, begann sich nun zu bewegen, sein Atem ging schneller, so etwas wie Angst trat in sein Gesicht, dann stöhnte er gequält und erwachte.
    »Grüß dich, Bruno«, sagte Polt sanft, »schön, daß du lebst.«
    Der Patient schaute den Gendarmen verwirrt und mit kindlicher Neugier an. »Aber der Herr Hahn ist tot, nicht wahr?«
    »Ja, der ist mausetot. Erkennst du mich?«
    Bartl dachte angestrengt nach, dann erschrak er. »Herr Inspektor Polt! Was ist? Bin ich jetzt verhaftet?«
    »Hast du denn was angestellt?«
    »Ich war immer als Gast geladen.«
    »Und als der Herr Hahn tot war, hast du dich selbst eingeladen, oder wie?«
    Bartl lächelte verschwörerisch. »Hab ich. Schlau, nicht wahr? Und niemand hat mich fortgejagt.«
    »Haben diese Leute Angst vor dir, weil du vielleicht etwas Schlimmes über sie weißt?«
    »Alles weiß ich.«
    »Was zum Beispiel?« Bartl schwieg. »Sag einmal, so unter uns Männern«, fuhr Polt fort, »was ist denn die Grete Hahn für eine?«
    »Der dürfen Sie nichts tun! Die hat nie mitgelacht, wenn die anderen gelacht haben.«
    »Aber der Herr Swoboda und der Herr Pahlen, die haben gelacht, oder wie?«
    »Jetzt lachen sie nicht mehr so viel.«
    »Also glaubst du, daß einer von denen dir eins über den Kopf gegeben haben könnte?«
    Bartl tastete nach dem Verband. »So etwas tun bessere Herrschaften nicht.«
    »Aber wer sonst?«
    »Vielleicht doch einer von denen, weil sie ja nichts mehr zu lachen haben.«
    »Und was hast du so spät am Abend am Fußballplatz gesucht?«
    »Dort ist doch der Hintereingang vom Stelzer.«
    »Und?«
    »Da stehen die Kisten mit den leeren Flaschen, aber ganz leer sind sie nie.«
    »Ich verstehe. Und du warst jeden Abend dort?«
    »Ich darf doch nichts verkommen lassen.«
    »Ja dann! Gute Besserung.« Der Gendarm stand auf.
    »Wollen Sie nichts mehr wissen von mir?«
    »Nein«, brummte Polt. »Du sagst es mir ja doch nicht.« Dann rief er aus dem Verwaltungsbüro des Krankenhauses seine Dienststelle an, berichtete kurz und erfuhr, daß Inspektor Kratky mit einigen Leuten in Burgheim eingetroffen war und dringend mit ihm sprechen wollte. Eine Stunde später saß
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