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Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen
Autoren: Alfred Komarek
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ihm Polt gegenüber.
    »Wie geht es dem Herrn Bartl?« fragte der Kriminalbeamte aus Wien.
    »Gar nicht so übel, den Umständen entsprechend. Andererseits war er noch nie so nüchtern. Das macht ihm schwer zu schaffen.«
    »Sein Problem. Jedenfalls werden die Herren Swoboda und Pahlen noch interessanter für mich. Wir haben uns in Wien ein bißchen umgetan, und ich sage Ihnen, mein lieber Herr Polt, da stimmt mich so manches ziemlich nachdenklich. Dieser Florian Swoboda zum Beispiel und seine sylphidenhafte Angetraute. Ich war in ihrer Wohnung: Zimmer, Küche, Kabinett in der Nähe des Südbahnhofs. Ein desolates Zinshaus, Armeleutegeruch, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Simon Polt schaute überrascht hoch.
    Kratky blätterte in seinen Notizen. »Gut, nicht? Aber es kommt noch besser. Swobodas Haus in Burgheim gehört einem Herrn, der Ihnen vertraut sein dürfte.«
    »Albert Hahn?«
    »Exakt. Auch der teure Geländewagen ist nur geliehen.«
    »Und was hat Swoboda zu den gelockerten Ziegeln im Keller gesagt?«
    »Da hat er sich ganz gut herausgeredet. Manchmal hätten Hahn und er als freundschaftlich verbundene Weinkenner Flaschen ausgetauscht, und das sei eben durch ein Loch in der Trennmauer am bequemsten gewesen. Zwischendurch wurde es wieder mit Ziegeln verschlossen, damit man sich gegenseitig nicht störte.«
    »Und dieser Pahlen? Was ist mit dem?«
    »Da liegen die Dinge anders. Er führt ein ganz normales Leben, das zu seinem Einkommen paßt. Sein einziges Problem ist die Geisha Bar.«
    »Wie bitte?«
    »Sie haben mir doch von den eigenartigen Umständen erzählt, unter denen der junge Hackl in Wien festgenommen wurde, als er mit Albert Hahn zusammenkrachte.«
    »Und das war womöglich in dieser Geisha Bar?«
    »Aber ja doch.« Kratky strich mit einer affektierten Handbewegung über sein schütteres Haar. »Dieses Nachtlokal ist eigentlich ein Relikt aus einer Zeit, in der die Branche noch so etwas wie sündhafte Unschuld kannte. Da konnten biedere Familienväter in den besten Jahren wohlig schaudernd in die Abgründe des Lasters blicken und anderntags ihr schlechtes Gewissen in die unerbittlich strenge Erziehung der Nachkommen investieren. Sei’s drum. An sich ist nicht mehr viel los in der Geisha Bar: Ein letzter Stammgast, weit über sechzig, harrt noch aus, trinkt Früchtetee mit mütterlichen Schönen der Nacht und plaudert mit ihnen über alte Zeiten. Dann und wann verirren sich ein paar Betrunkene in die Bar, oder ein pickeliger Student kommt herein, der es einmal ganz verrucht haben will. Gegen Mitternacht rückt dann eine der Damen ihr Teehäferl zur Seite und begibt sich auf die kleine Bühne, um sich sichtlich gelangweilt auszuziehen. Anschließend bestellt der Stammgast Sekt, greift einer der Schönen aufs Knie, und das war’s dann auch.«
    »Und was hatten Albert Hahn und seine Freunde dort zu suchen?«
    »Sie haben mir doch von den absonderlichen Saturnalien im Brunndorfer Haus erzählt. In der Geisha Bar haben sie ihre urbane Entsprechung gefunden. Albert Hahn hat dort eine Menge Geld ausgegeben, und er konnte sich fast alles erlauben.«
    »Und Swoboda und Pahlen waren wieder einmal die peinlichen Hauptdarsteller?«
    »Ihr Scharfsinn beunruhigt mich allmählich, Kollege Polt. Ich habe mich lange mit den Bardamen dort unterhalten. Natürlich war allen das unverhoffte Geld willkommen. Aber sie sind eigentlich auch ganz froh darüber, daß Albert Hahn nicht mehr kommt. Sie haben wohl gespürt, daß es nicht um Lust und Laster ging, sondern um pure Bosheit. Außerdem dreht es auch einer abgebrühten Liebesdienerin irgendwann einmal den Magen um.«
    Polt nickte langsam. »Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie solche Abende gelaufen sind. Wissen Sie übrigens, wo Swoboda und Pahlen gestern abend waren, als die Sache mit Bartl passiert ist?«
    Kratky klopfte mit dem Zeigefinger auf den Schreibtisch. »Sie waren hier in Burgheim, und sie sind immer noch da. Ich will mich nicht vor der Arbeit drücken, aber ich denke, Ihnen gegenüber könnten die beiden ja doch gesprächiger sein.«
    »Vielleicht.« Polt dachte eine Weile nach. »Ich würde aber gerne vorher noch mit Frau Hahn reden.«
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, sagte Kratky, stand auf und ging zur Tür, die ins Büro des Dienststellenleiters führte.
     
    »Der arme Bartl«, sagte Grete Hahn und trocknete die vom Abwaschen nassen Hände mit einem blauen Geschirrtuch. Polt saß auf der ihm schon vertrauten Küchenbank. »Er mag
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