Polt.
Motiv zusammen wird es sogar überzeugend: Der Rohringer hat die Gelegenheit genutzt, um auch gleich seinem Lieblingsfeind, dem Kollegen Sailer, eins auszuwischen. Erinnert mich direkt an diesen spektakulären Fall in der Wachau, in Spitz. Überlegen Sie doch mit mir, Herr Polt! Es passt eines zum andern: Der Weinwurm berichtet, übereinstimmend mit Norbert Sailer, dass er und mein Kollege die Nacht zu zweit im Presshaus verbracht haben. Dafür gibt es unverdächtige Zeugen. Vorübergehend waren die zwei fröhlichen Zecher dann zu dritt, als der Peter Rohringer als ungebetener Gast dazugekommen ist. Es habe Streit gegeben und ein kleines Handgemenge. Der Rohringer steht also mit einem Mords Zorn in der Kellergasse, trifft irgendwie irgendwo auf den Herrn Geiger, der übrigens ziemlich betrunken war, als er zu Tode gekommen ist. Der Wein in seinem Magen stammt befremdlicherweise - oder soll ich sagen logischerweise - aus Peter Rohringers Keller. Die zwei streiten miteinander, Geiger trinkt, wird vielleicht vom Rohringer gezwungen zu trinken, es kommt zum vorgetäuschten Selbstmord in Sailers Weingarten. Schlüssig, Herr Polt?«
»Auf den ersten Blick ja.«
»Es gibt noch eine interessante Erwägung: Am Streit im Presshaus waren ja der Rohringer, Kollege Sailer und Herr Weinwurm beteiligt. Liegt doch nahe, dass der Rohringer neben seinem Weingarten-Nachbarn auch dem ehemaligen Gendarmen was unterschieben will - die Flasche nämlich, von der die tödliche Scherbe stammt, und vielleicht auch noch das Notizbuch des Toten. Ich will Herrn Weinwurm ja nicht nähertreten, aber wenn er ausreichend getrunken hat, dürfte es eine der leichteren Übungen sein, sich seine Fingerabdrücke zu besorgen. Ja, und auch das können Sie nicht wissen, Herr Polt: Auf der Flasche haben wir einen Papierrest gefunden, der mit einiger Sicherheit von einem Wein-Etikett stammt, das Peter Rohringer verwendet. Könnte doch passen so. Bleibt die Frage, wer wann und warum Name und Telefonnummer des Kollegen Sailer ins Notizbuch des Toten geschrieben hat. Würde mich gar nicht wundern, wenn uns auch diese Handschrift demnächst ein trügerisches Indiz liefert - wir sind dran. Die Handschrift von Rene Geiger ist es jedenfalls nicht. Weiß der Teufel, was da noch passiert ist in dieser Nacht. Dem Herrn Rohringer hat es jedenfalls nur recht sein können.«
»Was sagt er dazu?«
»Viel. Er leugnet gar nicht, dass er diesen Geiger schon seit jeher lieber unter der Erde gesehen hätte als darüber. Aber er will’s nicht gewesen sein. Nicht von schlechten Eltern übrigens, seine Gegendarstellung. Gerissen, rücksichtslos und völlig frei von Gewissenskonflikten ist er ja.«
»Und was wollen Sie von mir, Herr Primi?«
»Wissen, ob Sie mehr wissen, als ich weiß - in irgendeiner Hinsicht, Herr Polt.«
»Ja, vielleicht. Mehr Privates allerdings. Sollte ich draufkommen, dass es wichtig für den Fall ist, sag ich’s Ihnen.«
»Warum nicht gleich?«
»Sie sagen mir ja auch nicht alles.«
»Zwei Sturschädel also. Das kann ja was werden …«
Hausbesuch
Ein Frühlingstag, daran war nicht zu zweifeln. Obwohl es sehr kühl war so früh am Morgen, hatte Polt das Küchenfenster geöffnet. Der Himmel war wie blaues Glas, darunter helle Farben, leichthin ins Grau getupft, dünnes Sonnenlicht, eine Ahnung von Wärme. Frau Habesam, verständnisvoll und wohlwollend wie selten, hatte es ihm für die nächsten Tage freigestellt, ob und wann er bei ihr aushalf. So ließ er es langsam angehen, brachte Ordnung in seine Gedanken, so gut das eben ging, umsorgte seinen Kater und blickte unwillig auf, als er das Telefon hörte.
Grete Hahn bat ihn zu einem, wie sie es nannte, frühstück der einsamen Herzen’, und Polt sagte gerne zu.
Als er in ihre Küche kam, war der Tisch schon gedeckt. Es duftete nach Kaffee. Frau Hahn stand am Herd und schwang grüßend eine Bratpfanne. »Nimm Platz und greif schon einmal zu, Simon. Gebratener Speck kommt gleich. Hausgemachte Marmelade aus Weingartenpfirsichen gibt’s, und Butter vom Bauernmarkt in Breitenfeld. Auch das Schwarzbrot hab ich dort gekauft. Riech einmal dran, Simon - kräftig, würzig und sinnlich wie das Leben selbst. Nicht wie das verpackte Zeug aus dem Supermarkt, das bestenfalls nach Pappendeckel riecht. Magst auch ein weiches Ei? Natürlich magst du. So ein werdender Vater braucht Kraft.«
Polt dachte nicht daran zu widersprechen und ließ es sich gut gehen. Grete Hahn setzte sich zu ihm. »Mit deiner
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