Polterabend
wenn mein Herr Sohn sich derzeit lieber mit diesem sogenannten Fast food den Magen ruiniert. Außerdem kann ein Weinbauer von einem guten Koch sehr viel lernen: das Gespür für Harmonie, den Umgang mit Aromen, die Lust am Experiment. Eines hätt ich fast vergessen: Alles Geschichtliche hat mich schon immer fasziniert. Neuerdings interessieren mich die alten Germanen.«
»Die größere Tochter vom Höllenbauern liest Asterix, besser gesagt, sie schaut sich die Bilder an.«
»Diese Hefte sind gar nicht so dumm, voll mit witzigen Anspielungen. Naja, jetzt sind die Germanen endlich wieder ein Thema, mit dem man sich befassen kann, ohne als Nazi zu gelten. Was mir an denen imponiert, ist die praktische Art, wie sie versucht haben, Gerechtigkeit zu üben. Ein Beispiel, Herr Polt: Zwei Bauern sollen ein Feld untereinander teilen. Also darf der eine teilen und der andere sucht sich seine Hälfte aus. So geht es gerecht zu, wohl oder übel.«
»Leuchtet mir ein.«
»Ja, und dann die unehelichen Kinder! Winkelkinder haben sie geheißen. Klar, weil sie eben in irgendeinem verschwiegenen Eck gezeugt worden sind. Waren aber als Nachkommen anerkannt, es war gesorgt für sie, und erben haben sie auch können. Nur ihre Mutter hat nicht soviel gegolten wie die Ehefrau, damit nichts durcheinanderkommt in der Familie.«
»Wieder was gelernt.«
»Es geht aber noch besser. Für mich als Weinbauern sind die germanischen Verhöre geradezu genial: Einmal haben sie den Verdächtigen nüchtern in die Zange genommen und ein zweites Mal volltrunken. Irgendwo in der Mitte war die Wahrheit. Prost, Herr Ordnungshüter! Fast eine Anregung für Sie, was? Aber ich hoffe, so weit wollen Sie es heute abend nicht treiben mit mir.«
»Gott bewahre! Aber eine Frage hätt ich schon. Man hat mir erzählt, daß Sie recht häufig in Tschechien sind, auch am Wochenende. Was gibt’s denn da Interessantes?«
»Das Puff.«
»Wie bitte?«
»War ich nicht deutlich genug?«
»Schon, Herr Fürnkranz, schon.«
Sauschädel
Wieder im Dienst erstattete Polt seinem Dienststellenleiter Bericht. Harald Mank schaute den Gendarmen nachdenklich an, schabte mit den Fingernägeln an der schlecht rasierten Wange und ließ die Hand dann schwer auf den Schreibtisch fallen. »Bevor ich was dazu sage, hätte ich ein paar Fragen.«
»Schon recht.«
»Glaubst du dem Martin Fürnkranz?«
»Ja und nein.«
»Der Kratky hätte seine helle Freude mit dieser Antwort.«
»Gott sei Dank ist er nicht da.«
»Aber angerufen hat er. Stell dir vor, Simon, die haben in Wien doch glatt herausgefunden, was im Keller vom Fürnkranz zu Asche verbrannt ist: Euro-Scheine. Erinnert mich daran, wie nach der Grenzöffnung österreichische Angeber drüben ihre Zigaretten mit Tschechenkronen angezündet haben. Aber in unserem Fall? Nichts paßt zum andern. Aber zurück zu dir. Wenn dieser Vorfall gestern abend auch für dich Fragen offenläßt, warum gehst du dann nicht den Dienstweg, um alles aufzuklären?«
»Du weißt ja, wie ich bin, Harald.«
»Ja, zu meinem Leidwesen, manchmal.«
»Ich versuch’s zu erklären. Wenn der Martin nicht lügt oder auch nur einen Teil der Wahrheit sagt, ist es doch besser, wenn er und sein Vater die Sache ins reine bringen. In einem war ich mir gestern abend schon sicher: Die zwei haben ihre Lektion gelernt.«
»Und andernfalls?«
»Es tut mir weh, nur dran zu denken: Aber irgendwas hat diese Leiche im Preßkorb mit dem Karl Fürnkranz zu tun. Er ist derzeit der einzige, an den ich mich halten kann, so nebenbei ist vielleicht auch noch der Martin hilfreich. Seit gestern sind mir die zwei allerhand schuldig. Das wissen sie, und gleichgültig ist es ihnen nicht.«
»Verglichen mit deinen Methoden ist der amerikanische Geheimdienst fast schon seriös. Irgendwann wirst du einen fürchterlichen Bauchfleck machen damit.«
»Ganz meine Meinung.«
»Du wirst das mit dem Flurschaden im Weingarten regeln?«
»Ja, so rasch wie möglich.«
»Also gut. Dieses konspirative Gespräch hat nie stattgefunden. Verstanden?«
»Verstanden.«
»Und wenn irgend jemand dahinterkommt, weiß ich von nichts und laß dich ins Messer rennen. Auch klar?«
»Auch klar. Noch was, übrigens, zum Thema Grenzverkehr.«
»Na?«
»Der Fürnkranz Karl geht drüben ins Puff.«
»Dafür hat er also auch noch Zeit! Bewundernswert, der Mann.«
Gegen elf kam Karl Fürnkranz in die Wachstube. »Grüß Gott, Herr Inspektor Polt. Haben Sie Zeit für eine kleine Dienstreise
Weitere Kostenlose Bücher